Graphenbatterien: Technologie mit Zukunftspotential
Härter als Stahl, leichter als Luft und fast unbeschränkt leitfähig: Seit seiner Entdeckung im Jahr 2004 hat das „Wundermaterial“ Graphen immer mehr an Aufmerksamkeit gewonnen. Was vor einigen Jahren lediglich Zukunftsvisionen waren, entwickelt sich nun zur Realität: Die ersten Graphen-Batterien sind bereits auf dem Markt: Elektroautohersteller wie Toyota kündigen schon dieses Jahr den serienreifen Graphenakku an und auch in etlichen anderen Bereichen kommt Graphen längst zum Einsatz. Doch was steckt wirklich hinter dem Hype?
Graphenakkus und deren Vorteil gegenüber Lithium-Ionen-Batterien
Lithium-Ionen-Batterien sind bislang die vorherrschende Technologie sowohl in Smartphones und Laptops als auch in den meisten Elektroautos. Das besondere an Graphen-Akkus ist, im Vergleich zu den Lithium-Ionen-Batterien, unter anderem die vergleichsweise wesentlich schnellere Ladezeit. Dazu kommt, dass Graphen-Akkus ein geringeres Gewicht haben, relativ temperaturunempfindlich sind und mehr Speicherkapazität aufweisen. Die Liste setzt sich fort. Klar ist also, dass Graphenakkus in nicht allzu ferner Zukunft einen ernstzunehmenden Konkurrenten zur Lithium-Ionen-Technologie darstellen könnten.
Graphen: Modifizierter Kohlenstoff
Graphen ähnelt in seiner atomaren Beschaffenheit stark dem Material Graphit, das im Alltag vor allem durch den Bleistift bekannt ist. Jedoch gibt es einen bedeutenden Unterschied, denn Graphen ist, anders als Graphit und jedes andere bislang verfügbare Material, 2-dimensional. Das bedeutet, dass das Material nur aus einer einzigen Lage Kohlenstoff besteht, also eine Dicke von nur einem Atom aufweist.
Aufgrund der wabenförmigen Anordnung der Atome ist das Material außergewöhnlich stabil. „Eine Graphen-Hängematte von einem Quadratmeter Größe könnte eine vier Kilogramm schwere Katze tragen – und selbst nur so viel wiegen wie ein einzelnes Schnurrhaar der Katze“. Die Festigkeit von Graphen ist mit der von Stahl zu vergleichen, während es jedoch transparent und biegsam wie Gummi ist. Dadurch und aufgrund seiner hervorragenden Wärme- und Stromleitfähigkeit, der riesigen Oberfläche und vielen weiteren Eigenschaften gerät Graphen heutzutage immer mehr ins Rampenlicht.
Die Gewinnung von Graphen wird immer kostengünstiger
Eine der größten Hürden der Nutzung von Graphen war bislang der enorm hohe Preis. Bis zu 200.000 US Dollar musste man bis vor kurzem für eine Tonne Graphen bezahlen. Der Grund dafür ist der aufwändige Herstellungsprozess des Materials. Dabei kamen unter anderem aggressive Chemikalien zum Einsatz, was die Herstellung von Graphen auch umwelttechnisch weniger attraktiv machte.
Doch mit fortschreitender Forschung kommen nun auch mehr und mehr neue Herstellungsprozesse zum Tragen. Besonders vielversprechend scheint dabei ein von der „Rice University“ in Texas entwickelter Prozess. Danach soll jede Art von kohlenstoffbasiertem Material, seien es Essensabfälle, Plastikmüll oder sonstige Abfälle der Gesellschaft, für die Graphen Produktion genutzt werden. Bei der Herstellung werden diese Reste zwischen zwei Elektroden platziert und auf eine Temperatur von 3.000 Kelvin – etwa 2.727°C – erhitzt. Das dadurch entstehende Graphen kostet in der Herstellung lediglich einige hundert Dollar pro Tonne.
Die Anwendungsmöglichkeiten von Graphen sind vielfältig
Die Vorstellung fasziniert immer mehr: Smartphones, die in Sekundenschnelle vollgeladen sind, Autos, die beim Warten an der Ampel ihre Stromreserven füllen und Laptops, die man nur in die Tasche stecken kann, statt sie stundenlang ans Ladekabel zu hängen.
Der Markt für Graphenbatterien soll voraussichtlich bis 2022 115 Millionen US Dollar erreichen. Es gibt jedoch noch weit darüber hinaus ein großes Wachstumspotential. Etliche Firmen investieren und forschen intensiv, um mit Graphen Akkus sobald wie möglich ihre Produkte zu revolutionieren. Außerhalb der Nutzung in Stromquellen kommt Graphen auch noch in anderen Bereichen zum Einsatz. Durch seine einzigartigen Eigenschaften lässt sich das Material sehr gut mit anderen Stoffen kombinieren. Die entstehenden Kompositstoffe haben wiederum die kombinierten Eigenschaften aller Komponenten.
So wird Graphen bereits bei der Produktion von Tennisschlägern und Helmen verwendet, aber auch beispielsweise als Filter für Meerwasserentsalzungsanlagen. Die Möglichkeiten scheinen nahezu unendlich.
So funktioniert die Graphen-Batterie
Graphen-Batterien funktionieren im Grunde auf dieselbe Weise wie herkömmliche Batterien. Grob zusammengefasst konvertieren elektrochemische Zellen chemische Energie zu elektrischer Energie. Dabei gibt es in der Batterie zwei Elektroden, eine negative Katode und eine positive Anode. Während die Anode Elektronen produziert, werden sie von der Kathode wieder absorbiert. Durch diesen Vorgang entsteht Elektrizität. Der Prozess setzt sich fort, bis die benötigte Substanz für die Reaktionen aufgebraucht ist. Anders als bei herkömmlichen Batterien wird bei Graphenbatterien das Material, aus dem die Elektroden bestehen, mit Graphen angereichert. Dies bringt, die nachfolgend beschriebenen Vorteile mit sich.
Was macht Graphen-Batterien so besonders?
Graphenbatterien, oder auch die aufladbaren Graphenakkus, stellen, verglichen mit den bisher verfügbaren Batterien und Akkus, eine deutliche Verbesserung dar. Graphenakkus sind wesentlich leichter als herkömmliche Akkus, da viel weniger Kohlenstoff verwendet werden muss, um dieselbe Leitfähigkeit zu erreichen. Daher könnte besonders im Bereich der Elektromobilität der Einsatz von Graphen zu großen Erfolgen führen.
Durch die dünnere Beschichtung der Elektroden haben Graphenakkus eine längere Lebensdauer, denn zwischen diesen beiden Attributen besteht eine negative Relation. So kann ein Graphen Akku bis zu 1.000 Ladezyklen mehr durchlaufen als ein Lithium-Ionen-Akku, bevor er seine Kapazität verliert.
Darüber hinaus können mit Graphen angereicherte Akkus sehr viel schneller geladen werden. Die Ladezeiten können so von einigen Stunden auf wenige Minuten verkürzt werden.
Zusätzlich zu geringem Gewicht, längerer Lebensdauer und schnelleren Ladezeiten sprechen noch weitere Attribute für die Nutzung von Graphenakkus. Darunter fallen unter anderem die erhöhte Batteriekapazität, hohe Temperaturtoleranz, ihre relative Unempfindlichkeit und Flexibilität.
Aufbau einer Graphen-Batterie
Anders als Batterien lassen sich Akkus nach Abgabe ihrer Energie wiederaufladen. Aufgrund des hohen Maßes an Aufmerksamkeit, das Graphen und dessen Nutzung in Graphenakkus seit seiner erfolgreichen Synthetisierung erlangt hat, entwickelt sich auch der Aufbau von Graphenbatterien in verschiedenste Richtungen. Man kann also nicht sagen, dass es „die eine Graphenbatterie“ gibt, stattdessen gibt es unterschiedliche Ansätze und Ideen, wie ein solcher Akku aufgebaut sein sollte.
Einen dieser Ansätze liefert Samsung mit der sogenannten Graphen Ball Technologie. Dabei werden Graphen und Kieselsäure gemischt um durch einen chemischen Prozess die mikroskopisch kleinen Graphenbälle herzustellen. Die entstandenen Graphenbälle werden zur Verbessrung herkömmlicher Lithium-Ionen-Akkus genutzt. Sie werden als Material für die Anode des Akkus genutzt und ebenfalls als dünne Schicht auf die Kathode aufgetragen. Dadurch werden nicht nur die Nebenreaktionen des Auf- und Entladeprozesses besser gesteuert, sondern auch die Konduktivität wesentlich erhöht.
Die durch Graphenbälle verbesserten Lithium-Ionen Akkus können laut Entwicklerteam den sonst über eine Stunde dauernden Ladeprozess auf nur 12 Minuten reduzieren. Die Kapazität dieser Graphen-Akkus ist, verglichen mit den bislang verfügbaren LI-Ion-Akkus, um 45% höher. Hinzu kommt, dass der Akku eine höchst stabile Temperatur von 60° Celsius aufweist.
Einsatz von Graphen in Superkondensatoren
Nicht nur in Batterien kommt das Wundermaterial zum Einsatz, auch im Bereich der Superkondensatoren sind durch die Nutzung von Graphen große Fortschritte gelungen. Ein Graphen Superkondensator oder Supercap besteht lediglich aus zwei Lagen Graphen, die durch eine Elektrolytschicht voneinander getrennt sind. Hierbei handelt es sich also um einen dünnen Film, der leicht aufgebracht werden kann. Auf diese Weise wird verhindert, dass sich die beiden Graphenlagen berühren und zum herkömmlichen Graphit verbinden.
Anders als in Batterien besitzen Kondensatoren kein chemisches Potential, sonders speichern Energie in Form eines elektrischen Feldes. Zwar können Supercaps nicht so viel Strom speichern wie Batterien, doch kann die gespeicherte Energie sehr viel schneller abgegeben werden. Gleichzeitig geht auch der Ladevorgang wesentlich schneller von statten.
Supercaps in Elektroautos
Die Nutzung von Superkondensatoren in der Elektromobilität führt zu zwei essentiellen Vorteilen: Durch die schnelle Energieabgabe kann das Beschleunigungspotential von Elektrofahrzeugen signifikant verbessert werden. Dazu kommt, dass durch das geringe Gewicht der Supercaps das Gewicht des Elektroautos nur unwesentlich erhöht wird.
Bislang stellte die Nutzung von Supercaps in der Elektromobilität jedoch lediglich eine Ergänzung zur herkömmlichen Batterie dar. Die Speicherkapazität der Kondensatoren ist nicht groß genug, um Elektroautos eine ausreichend große Reichweiche zu verschaffen. Außerdem kann die Energie auch nur für einen kurzen Zeitraum gespeichert werden. Allerdings könnte sich dies in Zukunft ändern.
In Belgrad kann man jetzt schon mit dem Bus der Zukunft fahren
Der 1E Bus in Belgrad, Serbien ist der erste betriebsfähige Bus, der sich nur mit Hilfe von Supercaps fortbewegt. Schon ein fünfminütiger Ladevorgang kann den Bus für 18 Kilometer Fahrt versorgen. Die notwendige Energie, um die ganze Strecke durchzufahren holt sich der Bus dabei während der Wartezeit an jedem Stopp. Dieses Konzept ist für einen Bus natürlich gut geeignet. Für Autos, die wesentlich längere Strecken ohne Ladevorgang durchhalten sollen, funktioniert das allerdings nicht. Hier soll in Zukunft die Graphen-Kondensatoren-Technik Abhilfe leisten.
Die Vorteile von Graphen-basierten Superkondensatoren
Mit Hilfe von Graphen soll erreicht werden, dass Superkondensatoren die heutigen Batterien in Elektroautos komplett ersetzen. Die Kondensatoren sollen nicht nur mehr Energie als Lithium-Ionen-Batterien speichern, sondern diese auch zehnmal schneller abgeben können.
Die Vorteile, die ein nur durch Graphen Supercaps betriebenes Fahrzeug mit sich bringen würde, sind enorm. Nicht nur könnte die Reichweite sich, im Vergleich mit heutigen Elektroautos, mehr als verdoppeln. Auch aus ökologischer Sicht wären Graphen-Kondensatoren eine klare Verbesserung. Dies umfasst sowohl die Produktion als auch die Entsorgung der Energiequellen. Hinzu kommt, dass, anders als bei Lithium-Ionen-Batterien, das Preisfeld der Graphen-Kondensatoren nach unten hin offen ist. Auch wirtschaftlich gesehen ist die weitere Forschung in diesem Bereich also äußert erstrebenswert.
Was sind die Implikationen für die Umwelt?
Abgesehen von den offensichtlichen Vorteilen, welche die Graphennutzung in Energiequellen mit sich bringt, spielt auch die Nachhaltigkeit eine wichtige Rolle. Besonders in unserer heutigen vom Klimawandel geprägten Gesellschaft sind die Umweltauswirkungen ein nicht wegzudenkender Aspekt. Doch auch hier schneidet die Graphen-Technologie überdurchschnittlich gut ab. Graphen-Batterien und Graphen-Kondensatoren sind umweltfreundlicher und einfacher zu recyceln als beispielsweise Lithium-Ionen-Batterien. An den hauptsächlich genutzten Herstellungsprozessen des Materials ist zwar bisher umwelttechnisch noch einiges auszusetzen. Doch zeigen die vielfältigen innovativen Schöpfungsmöglichkeiten auf, dass sich auch hier in Zukunft einiges tun wird. Werden diese neuen Herstellungstechniken erstmal zum Standard und etablieren sich Graphen-Batterien, Graphen-Akkus und Supercaps am Markt, bedeutet das auch für unseren Planeten einen großen Schritt in die richtige Richtung.
Wieso haben Graphen-Akkus nicht schon längst Lithium-Ionen-Batterien ersetzt?
Schon seit mehreren Jahren kündigen verschiedenste Unternehmen den baldigen Einsatz von Graphenakkus an. Bislang wurden diese Ankündigungen jedoch noch nicht umgesetzt. Gründe dafür gibt es mehrere. Einer dieser Gründe ist die bis vor kurzem sehr komplexe und teure Herstellung des Materials. Diese haben zur Folge, dass Graphen bisher noch nicht bereit war für eine Massenproduktion. Hinzu kommt, dass bislang noch kein Verfahren zur Verwendung von Graphen als Branchenstandart durchgesetzt wurde. Viele Unternehmen forschen in diesem Bereich und es werden immer mehr Ansätze zur Herstellung von Graphenakkus entwickelt.
Graphen-Akkus: Aktuelle Entwicklungen
Große Unternehmen wie beispielsweise Samsung investieren bereits viel Zeit in die baldige Inbetriebnahme von Graphen betriebenen Produkten. So kündigt der Smartphone Hersteller inoffiziell an, dass bereits 2021 die ersten serienreifen mit Graphen Akkus bestückten Smartphones produziert werden sollen. Zwar gibt es bereits Smartphones die einen Graphen-Anteil enthalten, dies aber bislang nur zur Wärmeableitung und nicht in Form von Graphenakkus.
Zum jetzigen Zeitpunkt ist „Real Graphene“ jedoch der einzige Hersteller, der bereits vollfunktionstüchtige Powerbanks auf Graphenbasis zum Verkauf anbietet.
Quellen / Weiterlesen
Nie wieder Risse im Smartphone-Display | scinexx
So wird aus Kohlendioxid ein Wundermaterial | Welt
Der Akku der Zukunft: Wir brauchen mehr Energie | AKKU.net
Graphen Akkus – was das ist und was es bei Smartphones bringt | Mobi-Test
Graphene Ball Technology Can Speed Up Charging | AGIA
Samsung Develops Battery Material with 5x Faster Charging Speed | Samsung
Graphene batteries: Introduction and Market News | Graphene-info
Elektroauto: Graphen-Panels als Superkondensatoren | firmenauto
Rice University discovers cheap & scalable Graphene production method | linus tech tips
A graphene breakthrough hints at the future of battery power | Wired
Toyota kündigt Durchbruch an: Wunder-Akku schon 2020 serienreif | Focus Online
Erste Batterie auf Graphen-Basis | Technology Review
Bildquelle: Pixabay