Kommerzielle Produkte mit Graphen werden mit Spannung erwartet. Wissenschaftler am Fraunhofer ISI haben drei Jahre lang die Arbeit an Graphen-basierten Anwendungen ausgewertet und in einer Roadmap festgehalten. Ihre Prognose: Schon 2025 kommt Graphen aus der Nische und kann in Alltagsgegenständen eingesetzt werden.
Graphen schafft Mehrwert auf allen Ebenen
„Unser Ziel ist es, Graphen und verwandte Materialien in alltägliche Produkte und die Fertigung zu integrieren“, sagt Dr. Henning Döscher. Er leitet am Fraunhofer ISI das Team, das die wissenschaftlichen und technologischen Fortschritte bei Graphen analysiert sowie ihr Potential, künftige industrielle Anforderungen zu erfüllen. Die Ergebnisse hat das Team in zwei Publikationen in der Zeitschrift 2D Materials zusammengefasst.
„Unsere ersten beiden Graphene Roadmap Briefs fassen einige der spannendsten Ergebnisse zusammen“, so Döscher. Sie beschäftigen sich mit den Auswirkungen, die Graphen auf Produktionsprozesse und die Entstehung neuer Wertschöpfungsketten haben wird. „Graphen und verwandte Materialien schaffen Mehrwert in der gesamten Wertschöpfungskette, von der Verbesserung und Schaffung neuer Materialien bis hin zur Verbesserung einzelner Komponenten und schließlich der Endprodukte.“
Schon jetzt sind bestimmte Graphen-Anwendungen auf dem Markt, beispielsweise Verbundwerkstoffe oder Beschichtungen. Die Wissenschaftler am Fraunhofer ISI erwarten, dass die Industrie die neuesten Innovationen bald in konkrete Produkte und Anwendungen umsetzen und mit der Herstellung von Batterien, Solarzellen, elektronischen Endgeräten oder Medizintechnologien beginnen kann.
Marktreife bis 2025
Die Marktnachfrage nach Graphen habe sich in den letzten zwei Jahren fast vervierfacht, sagt Dr. Thomas Reiß, der Co-Leiter des Projekts am Fraunhofer ISI. „Durch die Stärkung von Standards und die Schaffung maßgeschneiderter, hochwertiger Materialien erwarten wir, dass wir bis 2025 über Nischenprodukte und -anwendungen hinausgehen und eine breite Marktdurchdringung erreichen.“ Dann könne man Graphen in allgegenwärtigen Gebrauchsgegenständen wie Reifen, Batterien und Elektronikgeräten einsetzen.
Bei der Entdeckung von Graphen im Jahr 2004 stellte man das Material noch durch Abschälen von atomar dünnen Graphit-Schichten her. Heute lässt es sich in großen Mengen produzieren. Die Wissenschaftler am Fraunhofer ISI sehen das aktuelle Jahrzehnt als entscheidend an für die Marktreife von Graphen und verwandten Materialien.
Bis 2030 werde man sehen, ob Graphen wirklich so disruptiv ist wie Silizium oder Stahl, so Henning Döscher. Die EU-Forschungsinitiative Graphene Flagship, in dessen Rahmen auch die jetzige Roadmap entstand, habe gezeigt, dass Graphen für zahlreiche Anwendungen nützlich sei. „Jetzt müssen wir dafür sorgen, dass Europa auf diesem Gebiet führend bleibt, um sicherzustellen, dass wir von den wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Auswirkungen der Entwicklung solcher Innovationen profitieren.“
Quellen / Weiterlesen
Graphene Roadmap Briefs (No. 1): innovation interfaces of the Graphene Flagship | iop science
Graphene Roadmap Briefs (No. 2): industrialization status and prospects 2020 | iop science
Graphen-basierte Massenprodukte ab 2025 möglich | konstruktions praxis
Bildquelle: Wikipedia – GraphenGraf, CC BY-SA 4.0