Feststoffbatterien mit festem statt flüssigem Elektrolyt punkten mit einer hohen Energiedichte, einer langen Lebensdauer und einem sicheren Betrieb. Vor allem die Elektromobilität könnte davon profitieren.
Während Mercedes-Benz bereits Feststoffakkus verwendet, forschen andere Autohersteller wie Volkswagen und Toyota noch an der Technologie. Dafür gibt es bereits Feststoffakkus als Dünnfilmbatterien in RFID-Tags, Sensoren und Smart Cards.
Derzeit dominieren Lithium-Akkus mit einem flüssigen Elektrolyt aus Lithiumsalzen in einer sauren Lösung den Batteriemarkt. Sie bieten hohe Energiedichten von über 200 Wh/kg und damit viel mehr als andere kommerziell verfügbare Batterien wie Blei-Säure- und Nickel-Metallhydrid-Akkus. Gleichzeitig reagieren sie stark auf Temperaturschwankungen, sind leicht entflammbar und verlieren bei Leckagen Flüssigkeit.
Flüssige Elektrolyte bestehen aus Lithiumsalzen wie Lithiumhexafluorophosphat (LiPF6) und Lithiumtetrafluoborat (LiBF4) in organischen Lösungen wie Ethylencarbonat oder Dimethylcarbonat. Bei Betriebstemperaturen über 55° Celsius erhitzen sie sich irreversibel und können Feuer fangen. Das macht Kühl- und Überwachungssysteme notwendig, die mehr Volumen und mehr Gewicht bedeuten.
Feste Elektrolyte sind dagegen thermisch stabil und ermöglichen einen Betrieb auch bei über 55 Grad. Als Materialien nutzen Hersteller meist anorganische Glas-Keramik-Verbundstoffe wie Silikate, Oxide oder Sulfide oder organische Polymer-Electrolyte. Einige Möglichkeiten sind beispielsweise Glas- (Li2S–P2S5) oder Keramikverbunde (C/Li2S-P2S5/NCM), die Lithium enthalten. Auch Gläser aus Oxysulfiden in Pulverform bewiesen in einigen Versuchen eine gute Leitfähigkeit von Lithium-Ionen.
Bei Feststoffakkus ändert sich die Zusammensetzung der Kathoden im Vergleich zu Batterien mit flüssigen Elektrolyten kaum. Sie bestehen aus Lithium-Metalloxiden wie Lithium-Manganoxid (LiMn2O4) oder anderen Lithium-Nickel-Mangan-Legierungen.
Die Zusammensetzung der Anode unterscheidet sich dagegen. In Lithium-Akkus mit flüssigen Elektrolyten sind die Lithium-Ionen in Graphit-Matrizen eingelagert, die das Gewicht und das Volumen der Zelle erhöhen. Das führt zu einer relativ niedrigen Speicherkapazität von 370 mAh/g. Theoretisch würde eine Anode aus reinem Lithium, die ohne zusätzliches Material auskommt, eine zwei- bis dreifache Energiedichte und eine Speicherkapazität von 2.860 mAh/g erreichen.
Metallisches Lithium neigt jedoch zur Dendritenbildung. Die nadelartigen Ablagerungen können den Separator perforieren und Kurzschlüsse verursachen, was die Lebensdauer der Batterie erheblich mindert und ein Sicherheitsrisiko darstellt. Da feste Elektrolyte nicht brennen, steht der Verwendung von reinem Lithium nichts im Wege. Auch bildet die feste Schicht eine stärkere Barriere für Dendriten. Dennoch zeigte sich in Prototypen, dass die das Problem nach wie vor bestand. Zahlreiche Studien haben sich in vergangenen Jahren mit diesem Hindernis beschäftigt und mögliche Lösungen gefunden, um die Dendritenbildung zu bremsen.
Beispielsweise erwiesen sich bei festen Polymer-Elektrolyten die Zugabe von Zusatzstoffen und die Verwendung von 3D-Lithium-Strukturen als hilfreich. Eine große Rolle spielt laut Forschern bei Glas-und Keramik-Feststoffelektrolyten die Oberflächenrauigkeit der Lithium-Anode. Je weniger Unreinheiten und Unebenheiten, desto unwahrscheinlicher ist die Bildung von Dendriten.
Für bestimmte Anwendungen, beispielsweise in Elektronikgeräten und Elektrofahrzeugen, müssen Batterien sowohl eine hohe Energiedichte als auch eine hohe Leistungsdichte bereitstellen. Die zwei Aspekte werden oft verwechselt, sind aber für unterschiedliche Eigenschaften verantwortlich.
Eine hohe Energiedichte resultiert in kompakten Maßen und einem niedrigen Gewicht. Das bedeutet beispielsweise für ein Elektroauto, dass das Fahrzeug bei einer Batterie mit gleichem Volumen eine höhere Reichweite aufweist. Die Leistungsdichte bestimmt dagegen, wie viel Leistung (in Watt) der Akku pro Zeiteinheit maximal bereitstellen kann. Bei einer Batterie mit einer hohen Leistungsdichte ist ein E-Auto in der Lage, schneller zu fahren und schneller zu beschleunigen.
Die ersten Prototype von Feststoffakkus wiesen eine hohe Energiedichte, aber eine niedrige Leistungsdichte auf. Dieses Ragone-Diagramm (benannt nach dem Materialwissenschaftler David Ragone) aus dem Jahr 2014, das die Leistungsdichte in Abhängigkeit von der Energiedichte darstellt, verdeutlicht die Problematik. Während die Energiedichte von Feststoffakkus bereits zu dem Zeitpunkt die von herkömmlichen Lithium-Ionen-Batterien deutlich übertraf, war die Leistungsdichte erheblich niedriger.
Inzwischen hat Toyota jedoch angekündigt, bis 2023 oder 2024 seine Fahrzeuge mit Feststoffbatterien mit einer Reichweite von 500 Kilometern und einer Ladezeit von 10 Minuten auszustatten. Bereits im Laufe des Jahres 2021 werden Prototype verfügbar sein. Das Unternehmen machte in seiner Pressemitteilung keine Angaben bezüglich der Leistungsdichte.
Jenseits ihrer Vorteile bezüglich Sicherheit und Energiedichte bleiben Feststoffakkus teuer in der Fertigung, was eine Massenproduktion erschwert. Während die Preise für Lithium-Batterien mit flüssigen Elektrolyten 2021 um die 100 Dollar pro Kilowattstunde liegen, werden laut Branchenexperten Feststoffakkus bis 2026 zwischen 400 und 800 Dollar pro Kilowattstunden kosten. Aus diesem Grund wird sich ihre Anwendung am Anfang wahrscheinlich auf Fahrzeuge im hohen Preissegment und Premium-Modelle beschränken, bei denen die Wirtschaftlichkeit eine untergeordnete Rolle spielt.
Allerdings könnten sich die höheren Kosten relativieren, wenn Feststoffbatterien eine höhere Lebensdauer als herkömmliche Akkus bieten würden. Diesbezüglich gibt es Hinweise, dass feste Elektrolyte mehr Zyklen überstehen, ohne dass die Zellen an Kapazität verlieren. Smartphone-Batterien mit flüssigen Elektrolyten schaffen je nach Ladeverhalten und Betriebstemperaturen 500 bis 800 Zyklen, Akkus von Elektroautos um die 2.500 bis 3.000 Zyklen.
Das US-Unternehmen QuantumScape, das seit 2018 eine Partnerschaft mit Volkswagen pflegt, meldete Ende 2020 einen Durchbruch bei Festkörperbatterien. Laut seinem CEO Jagdeep Singh ist es dem Unternehmen gelungen, eine biegsame Feststoffakkus mit einer Energiedichte von 1.000 Wh/l zu entwickeln. Das ist doppelt so viel wie die leistungsstärksten Lithium-Mangan-Kobalt-Zellen, die 500 Wh/l erreichen, und 40 Prozent mehr als Nickel-Rich-Batterien mit einem hohen Nickelanteil, die ebenfalls als zukunftsweisende Technologie gelten.
Die massenbezogene Energiedichte der QuantumScape-Feststoffbatterien liegt laut Herstellerangaben bei 400 Wh/kg und damit deutlich höher als die von Lithium-Akkus mit flüssigen Elektrolyten (maximal um die 250 Wh/kg) und von Nickel-Rich-Zellen (um die 300 Wh/kg).
Die genaue Zusammensetzung von Anode und Kathode ist nicht bekannt. QuantumScape verriet dennoch, dass die Anode ohne zusätzliches metallisches Lithium als Ionen-Speicher auskommt und dass die Kathode aus Metalloxiden besteht.
Während VW in naher Zukunft plant, Festkörperbatterien in seine Fahrzeuge einzubauen, hat Mercedes-Benz den Schritt bereits gemacht. Die neuen eCitaro Elektrobusse kommen mit Lithium-Festkörperbatterien mit einer Energiedichte von 441 kWh/kg und einer Lebensdauer von 10 Jahren. Da die Ladezeiten im Vergleich zu klassischen Lithium-NMC-Akkus noch höher sind, bleibt die Anwendung zunächst begrenzt.
Weitere Autohersteller, die seit einigen Jahren die Anwendungsmöglichkeiten für Feststoffbatterien erörtern, sind BMW, Hyundai und Ford. Ihre Partnerschaft mit dem US-Start-up Solid Power dient dazu, die Forschung voranzutreiben. Auch der Elektronikkonzern Samsung finanziert Solid Power.
Im Dezember 2020 kündigte das Start-up einen Durchbruch an. Ford und BMW testen derzeit seine Festkörperbatterie mit Lithium-Metall-Anode, einer Kapazität von 20 Ah und einer Energiedichte von 330 Wh/kg. Gleichzeitig möchte Solid Power bis 2022 die Energiedichte auf 400 Wh/kg erhöhen.
Auch der japanische Autohersteller Nissan bekundete Interesse an Festkörperakkus. 2018 kündigte eine Allianz aus Renault, Nissan und Mitsubishi an, vor 2030 die Technologie in E-Fahrzeuge implementieren zu wollen. Zu diesem Zweck finanzierten die Unternehmen unter anderem das Start-up Ionic Materials. Derzeit geht Nissan jedoch nicht davon aus, in den nächsten Jahren Festkörperbatterien serienmäßig zu produzieren.
Während Festkörperbatterien in Fahrzeugen bis auf wenige Ausnahmen vorerst eine Zukunftsvision bleiben, sind sie als Dünnfilm-Batterien bereits auf dem Markt. In den kleinen Zellen bestehen die Anode, die Kathode und der Elektrolyt aus Schichten, die nur einige Mikrometer (0.001 Millimeter) dick sind.
Die Auftragung erfolgt durch physikalische Gasphasenabscheidung mit Verfahren wie Bedampfung innerhalb eines Vakuums und Sputtern. Die Kathode besteht auch hier aus Metalloxiden wie Lithium-Kobalt-, Lithium-Mangan- und Lithium-Eisenphosphat-Oxiden. Als feste Elektrolyte dienen oft amorphe Glasverbindungen wie Lithium-Phosphor-Oxynitrid (LiPON) oder Keramik-Werkstoffe wie Lithium-Lanthan-Zinkoxid (LLZO) und Lithium-Lanthan-Titanoxid (LLTO).
Das Fehlen eines flüssigen Elektrolyts ermöglicht, mit dem Rolle-zu-Rolle-Verfahren zu produzieren. Indem man die Komponente auf eine biegsame Kunststoffbahn aufträgt, ist eine günstige Serienproduktion möglich. Beispielsweise ist ein Labor des Fraunhofer Instituts in der Lage, 670.000 Zellen pro Run herzustellen.
Als Anwendungsgebiete kommen solche in Fragen, die flexible, kompakte und langlebige Batterien benötigen. Das ist beispielsweise für implantierbare medizinische Sensoren und Geräte der Fall, aber auch für Wearables, RFID-Tags und Smart Cards.
Lithium ist nicht der einzige Kandidat für Festkörperakkus. Das Alkalimetall Natrium ist ebenfalls als Ladungsträger geeignet und bietet den Vorteil einer breiten Verfügbarkeit und niedriger Herstellungskosten. Hochtemperatur-Natrium-Schwefel-Batterien mit flüssigen Elektroden und einem festen Elektrolyt aus einer speziellen Keramikmembrane stellt das japanische Unternehmen NGK seit 1989 her. Allerdings liegt ihre Betriebstemperatur bei 300 Grad Celsius, was die Anwendungsmöglichkeiten einschränkt und die Vorteile von Festkörperbatterien zunichtemacht.
Forscher konzentrierten sich in den letzten Jahren daher auf Raumtemperatur-Natrium-Batterien. Wissenschaftler der Universitäten Osaka und Kyoto bauten 2017 eine Membrane aus Glaskeramik (Na3PS4). Der Prototyp zeigte bei einer hohen Kapazität von 1.100 mAh/g eine stabile Performance.
2020 meldete ein vom SNF (Schweizerische Nationalfonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung) gefördertes Wissenschaftlerteam die Erfindung einer Natrium-Festkörperbatterie mit einem Elektrolyt aus Hydroborat, einer Anode aus metallischem Natrium und einer kobaltfreien Anode aus einem Natriumoxid (Na3(VOPO4)2F). Die Zelle erreichte eine hohe Spannung von 4 V und einer Lebensdauer von 800 Zyklen. Weitere Forschung ist jedoch nötig, um die Energiedichte zu erhöhen, die in dem Versuch lediglich 33 Wh/kg betrug.
Festkörperbatterien haben das Potential, sich als Batterien für Elektrofahrzeuge zu behaupten. Insbesondere punkten sie mit Sicherheit, theoretisch hohen Energiedichten und Umweltfreundlichkeit, da sie meist ohne Kobalt auskommen. Derzeit ist die Technologie allerdings noch im Forschungsstadium, allerdings schätzen viele Experten, dass sie sich in der nächsten Dekade behaupten wird. Als flexible Dünnfilmbatterien für Sensoren, RFID-Tags und Smart Cards eignen sich Festkörperbatterien ebenfalls, da sie eine hohe Energiedichte und eine lange Lebensdauer versprechen. Auch hier ist es wahrscheinlich, dass immer mehr Hersteller die Technologie weiterentwickeln.
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