Ein Argument, das stets für den Verbrenner und gegen das Elektroauto spricht, sind die Batterien, die schnell kaputtgehen. Ein Schaden an der Batterie verwandelt das gesamte Fahrzeug schnell in einen wirtschaftlichen Totalschaden. Doch nun wurden Daten von mehr als 7.000 E-Autos veröffentlicht und geben Einblicke in die tatsächliche Lebensdauer von Elektroautobatterien. Dabei ist erkennbar, dass diese Daten ein weitaus positiveres Bild zeichnen als von der Allgemeinheit angenommen. Leider ist das Argument mit der schnell alternden Batterie nicht das einzige negative Argument, das sich in der Bevölkerung aufrechterhält und bei vielen Verbrauchern für Skepsis gegenüber der Elektromobilität sorgt.
Kritik gegenüber Elektroautos
Unter skeptischen Verbrauchern gibt es viele Argumente, die gegen Elektroautos sprechen: Kinderarbeit beim Kobalt-Abbau, Reichweitenangst oder Stromnetzüberlastung. Die Liste der Mythen und Halbwahrheiten, die gegen den Fortschritt der Elektromobilität sprechen, ist lang genug. Am größten scheint jedoch die Angst um die Batterie zu sein, die schnell altert, an Reichweite verliert und einen wirtschaftlichen Totalschaden verursachen kann. Fakt ist, dass die Batterie in der Tat der teuerste Bestandteil des Elektroautos ist. Daher sind die Fragen nach der Lebensdauer und den finanziellen Folgen mehr als berechtigt.
Studie der Unternehmensberatung P3
Diese Bedenken kann die Studie, der auf eMobility spezialisierten Unternehmensberatung P3 teilweise aus dem Weg räumen und die Fragen der Verbraucher beantworten. Hierfür wurden zunächst 50 E-Autos aus der eigenen Flotte getestet und im Anschluss die realen Messdaten von 7.000 Elektroautos geprüft. „Die Fahrzeuge wurden dabei so ausgewählt, um Einblicke in möglichst verschiedene Fahr- und Ladeprofile zu erlangen, sowie Unterschiede zwischen den Herstellern zu erfassen“, so P3. Im Whitepaper heißt es weiterhin:
„Fehlinformationen können den Übergang zur Elektromobilität negativ beeinflussen, indem sie unbegründete Ängste verstärken und so die gesellschaftliche Akzeptanz und Marktdurchdringung von Elektrofahrzeugen verringern. Dafür ist die Bereitstellung verlässlicher und transparenter Daten entscheidend, um ein realistisches Bild der tatsächlichen Batterielebensdauer zu vermitteln und damit das Vertrauen in Elektrofahrzeuge zu stärken.“
Qualitative Einzelanalysen werden um quantitative Daten ergänzt
Damit qualitative Einzelanalysen aus den gewonnenen Daten des eigenen Fuhrparks mit quantitativen Daten ergänzt werden können, wurde das österreichische Batterie-Diagnostik-Startup Aviloo einbezogen. Das Unternehmen hat bereits 60.000 Kapazitätstests mit dem Flash Test und dem Premium Test durchgeführt.
Bei der Batteriealterung spielt der Gesundheitszustand (State of Health, SoH) eine wichtige Rolle. Der SoH bezeichnet das Verhältnis der aktuell, gemessenen Kapazität im Vergleich zum Neuzustand – die Nettokapazität, des vom Verbraucher nutzbaren Energiegehalts. Das Bruttogehalt, demnach der tatsächlich verbaute Energiegehalt, ist jedoch höher. Letztendlich ist aber nur wichtig, was der Verbraucher im Elektroauto an Energie nutzen kann. Die Nettokapazität im Neuzustand entspricht einem SoH von 100 Prozent und sinkt später die Kapazität, dann sinkt auch der SoH. Bei einer zyklischen Alterung der Batterie entstehen zusätzlich Belastungen durch das Laden und Entladen der Batterie. Demgegenüber verändert sich beim kalendarischen Altern die chemische Struktur in der Batteriezelle, und das auch ohne eine aktive Nutzung.
Daten von über 7.000 Fahrzeugen ausgewertet
Die Studie hat für die Analyse die Datensätze von über 7.000 Fahrzeugen verwendet, wobei auch Fahrzeuge mit über 300.000 Kilometer Laufzeit dabei waren. Die Analyse ergab ein klares Ergebnis: In den ersten 30.000 Kilometer verzeichnet eine Batterie einen schnellen Kapazitätsverlust; der SoH sinkt schnell auf 95%. Doch mit steigender Kilometerlaufleistung nimmt der Verlust ab. Die Daten zeigten, dass bei 100.000 Kilometer Laufleistung noch 90% Kapazität vorhanden war; bei 200.000 und 300.000 Kilometern noch 70 bis 80%. Vor allem bei den hohen Laufleistungen von 200.000 Kilometern und mehr, blieben die Batterien lange erhalten.
Die Erklärung für diesen rapiden Kapazitätsverlust liegt in der Batteriezelle, wo sich auf der Anode beim Laden und Entladen eine SEI-Schicht bildet. Im Grunde genommen sind dies Ablagerungen aus dem Elektrolyten. Diese Ablagerungen können jedoch von Fahrzeugtyp zu Fahrzeugtyp unterschiedlich sein, daher ergeben sich für die Elektroautos auch verschiedene Werte.
Wie lässt sich die Streuung des SoH erklären?
Die Streuung des State of Health (SoH) von Fahrzeugbatterien lässt sich durch verschiedene Faktoren erklären. Diese hängen sowohl mit dem Nutzerverhalten als auch mit den Fahrzeugen und den Herstellern zusammen. Der von den Herstellern einkalkulierte Puffer zwischen Brutto- und Nettokapazität der Batterie. Dieser Puffer kann genutzt werden, um die wahrnehmbare Alterung der Batterie während der Garantiezeit zu reduzieren, indem im Laufe der Zeit mehr Nettokapazität freigegeben wird. Darüber hinaus spielt das Lade- und Nutzungsverhalten der Fahrer eine entscheidende Rolle. Häufiges Schnellladen oder eine hohe Beanspruchung der Batterie können zu einer schnelleren Alterung führen.
Auch die Software der Fahrzeuge und deren Updates haben einen Einfluss. Einerseits können Updates die Ladeleistung erhöhen und somit die Ladezeiten verkürzen, was jedoch zu mehr Stress für die Batterie führen kann. Andererseits können Updates die Steuerung der Zellen verbessern, beispielsweise durch eine optimierte Vorkonditionierung, die den Stress beim Schnellladen unter suboptimalen Bedingungen reduziert. Somit ist die Alterung von Batterien ein komplexer Prozess, der von verschiedenen Faktoren beeinflusst wird und zu einer großen Streuung des SoH führen kann.
Datenlage mit höherer Laufleistung schlechter
Während für Fahrzeuge mit geringer Laufleistung umfangreiche Daten vorliegen, ist die Datenlage für Fahrzeuge mit höheren Kilometerständen schlechter. Insbesondere für Fahrzeuge über 200.000 Kiklometern, was die Analyse des SoH erschwert. Die Studie betont:
„Der Grund sind nur wenig Fahrzeuge mit einer so großen zurückgelegten Reichweite. Dies schränkt die Aussagekraft für hohe Kilometerstände etwas ein und führt ebenfalls zu größerer Streuung der Daten.“
Bei der Analyse von Fahrzeugbatterien mit hoher Laufleistung ist der sogenannte „Survivorship Bias“ zu beachten. Da man nur Fahrzeuge mit über 200.000 oder 300.000 Kilometern erfasste, die noch fahrtüchtig waren, könnten die Ergebnisse die Zuverlässigkeit der Fahrzeuge positiver darstellen als sie tatsächlich ist. Fahrzeuge mit Batterieausfällen, die nicht mehr im Einsatz sind, wurden nicht berücksichtigt. Allerdings zeigen die ADAC-Pannenstatistik von 2023, dass Ausfälle der Traktionsbatterie bei E-Autos selbst bei vorzeitigen Ausfällen nur eine untergeordnete Rolle spielen.
„Einzelfälle, wie beispielsweise durch spezielles Nutzungsverhalten oder Produktionsfehler bedingte Ausfälle, können dennoch vorkommen. [Sie] treten oft innerhalb der Garantiezeit auf und stellen somit selten ein finanzielles Risiko für Verbraucher dar.“
Kalendarische Alterung: Welche Möglichkeiten haben Verbraucher, den SoH zu erhalten?
Um die Alterung zu verlangsamen oder die Kapazität zu erhalten, sollten Nutzer:innen ein schonendes Fahr- und Ladeverhalten praktizieren. Die Temperaturen und der Ladezustand sind bei der kalendarischen Alterung entscheidend. Werden Batterien nicht genutzt, sollten sie in niedrigen bis mittleren Temperaturen unter 25 Grad Celsius aufbewahrt werden. Hohe Temperaturen verursachen chemische Reaktionen und beschleunigen die Degradation der Kapazität. Entscheidend ist jedoch auch der Ladezustand, mit welchem ein Elektroauto für einen längeren Zeitraum abgestellt wurde. Der höhere Ladestand heißt auch eine höhere Spannung in der Zelle. Dies beschleunigt über einen längeren Zeitraum den Alterungsprozess der Batterie. Empfehlenswert ist es daher, das Fahrzeug bei langer Standzeit mit einem niedrigen bis mittleren Ladestand von bis zu 50% abzustellen.
Zyklische Alterung: Schonendes Fahr- und Ladeverhalten
Die Temperatur spielt bei der zyklischen Alterung nur eine sekundäre Rolle, wichtiger ist das Fahrverhalten. Bei Nutzung sollte die Batterie nicht zu heiß oder zu kalt sein, was wiederum für das Schnellladen und das Fahren gilt. Höhe Energieströme beim Schnellladen, starken Beschleunigen und Fahren mit hohen Geschwindigkeiten ist grundsätzlich nicht gut für den Batteriegesundheitszustand. Besonders kritisch wird es aber bei hohen Temperaturen ab 60 Grad Celsius. Fahrer:innen sollten daher ein moderates Fahrverhalten mit konstanten, niedrigen Geschwindigkeiten und seltenes Schnellladen bei mittleren Temperaturen praktizieren.
Quellen / WeiterlesenBatteriealterung in der Praxis (Whitepaper) | P3 Group
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