Laut einer aktuellen Studie der Fraunhofer FFB und der Universität Münster stehen Natrium-Ionen-Batterien kurz vor der Marktreife. Wann die industrielle Massenproduktion beginnen soll, ist jedoch unklar. Entgegen der landläufigen Meinung, sie seien leistungsschwach, belegen die aktuellen Forschungsergebnisse, dass diese umweltfreundliche Technologie vielfältiger und leistungsfähiger ist als bisher angenommen. Bereits heute sind sie eine tragfähige und nachhaltige Option für Anwendungen mit geringeren Energiedichten, und dank erwarteter Materialoptimierungen könnten sie bald auch in Elektrofahrzeugen zum Einsatz kommen.
Schlüsselrolle für die Energie- und Mobilitätswende
Batterietechnologien wie diese spielen vor allem für die Energie- und Mobilitätswende eine zentrale Rolle. Insbesondere Natrium-Ionen-Batterien gelten wegen der besseren Verfügbarkeit der Rohstoffe und der geringeren Umweltauswirkungen als vielversprechende Alternative zu Lithium-Ionen-Batterien. Die Studie des Fraunhofer untersuchte explizit Zellchemien und Materialien, die aktuell von kommerziellen Herstellern verfolgt und weiterentwickelt werden. Die Studie belegt erstmals, dass sich Energiedichte und CO₂-Fußabdruck von Natrium-Ionen-Batterien je nach Zellchemie erheblich unterscheiden. Diese Differenzierung wird durch eine umfassende Modellierung auf Basis industrieller Produktionsdaten im Gigafactory-Maßstab untermauert. Philipp Voß, wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Fraunhofer FFB, erklärt:
„Unsere Ergebnisse zeigen, dass diese pauschale Bewertung zu kurz greift. Je nach Zellchemie unterscheiden sich die Energiedichte und die Klimabilanz zum Teil erheblich.“
Natrium-Ionen-Batterien mit konkurrenzfähiger CO2-Bilanz
Die Ergebnisse der Studie belegen, dass Natrium-Ionen-Batterien vor allem bezogen auf das Volumen noch weniger Energie speichern als Lithium-Ionen-Batterien auf Basis von Lithium-Eisenphosphat. Dieses Defizit möchten Forschende durch gezielte Materialoptimierung minimieren und bei einzelnen Zellchemien gänzlich ausgleichen. Voß ergänzt:
„Zellen mit Schichtoxid-Kathoden zählen zu den vielversprechendsten Kandidaten unter den Natrium-Ionen-Batterien. Sie erzielen die höchsten Energiedichten unter den untersuchten Zelltypen.“
Ebenso schneiden Natrium-Ionen-Zellchemien hinsichtlich des CO2-Fußabdrucks gut ab. Das liegt besonders an der Verwendung von Hartkohlenstoff („Hard Carbon“) als Anodenmaterial, das deutlich klimafreundlicher herzustellen ist als das energieintensive synthetische Graphit in Lithium-Ionen-Batterien. Simon Lux, Institutsleiter des Fraunhofer FFB, betont zudem:
„Der geringe Energieverbrauch bei der Herstellung von Hard Carbon senkt nicht nur die Emissionen, sondern auch die Kosten für das Anodenmaterial – ein entscheidender Vorteil gegenüber der Lithium-Ionen Technologie.“
Hartkohlenstoff – der Schlüssel zur Energiedichte
Obwohl Hartkohlenstoff („Hard Carbon“) als Anodenmaterial in Natrium-Ionen-Batterien dominiert, zeigt sich hier aktuell noch eine Schwäche. Seine spezifische Energie ist geringer als die von Grafit in herkömmlichen Lithium-Ionen-Batterien. Doch die gute Nachricht ist, dass Hartkohlenstoff noch enormes Entwicklungspotenzial besitzt.
Laut Lux ist Hard Carbon derzeit zwar der „Engpass bei der Energiedichte“, aber gezielte Materialverbesserungen könnten nicht nur die Energiedichte erheblich steigern, sondern auch die Emissionen um bis zu elf Prozent senken. Mit diesen Optimierungen lässt sich die Lücke zu Lithium-Eisenphosphat-Batterien in absehbarer Zeit schließen. Lux sagt:
„Hard Carbon ist heute noch der Engpass bei der Energiedichte. Aber das Entwicklungspotenzial ist groß. Mit gezielten Optimierungen lässt sich die Lücke zu Lithium-Eisen-Phosphat in absehbarer Zeit schließen.“
Gigafactory-Potenzial: Natrium-Ionen-Batterien bereit für den Massenmarkt
Schon jetzt drängen Natrium-Ionen-Batterien auf den Batteriemarkt und mehrere Unternehmen verfolgen Pläne für eine Produktion im Gigafactory-Maßstab. Die Drop-In-Technologie in bestehende Fertigungslinien für Lithium-Ionen-Batterien senkt die Markteintrittsbarrieren erheblich und beschleunigt die Produktionssteigerung. Simon Lux erläutert:
„Mit Natrium-Ionen-Batterien haben wir die Chance, uns geostrategisch unabhängig von Ländern wie China zu machen. Um dieses Potenzial zu heben, ist eine gezielte Förderung von Forschung und Entwicklung von Natrium-Ionen-Batterien unerlässlich.“
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