Der Bundesrat und Bundestag gingen kürzlich einen Schritt weiter in Sachen Energieunabhängigkeit für Privathaushalte. Der Bundesrat verabschiedete ein Gesetz, das die Installation von Balkonkraftwerken deutlich erleichtert. Die Privilegierung von Steckdosensolargeräten im Miet- und Wohneigentumsrecht passierte den Bundesrat und galt als letzte Hürde im parlamentarischen Prozess. Mit Inkrafttreten der Privilegierung von Balkonsolaranlagen an Miet- und Eigentumswohnungen gilt ab sofort das „Recht auf Balkonkraftwerk“.
Steckersolargeräte in Miet- und Eigentumswohnungen erlaubt
Der Bundestag und Bundesrat hat ein neues Gesetz verabschiedet und den Weg für mehr Energieunabhängigkeit für Mieter und Eigentümer von Eigentumswohnungen geebnet. Nun gilt das „Gesetz zur Zulassung virtueller Wohnungseigentümerversammlungen, zur Erleichterung des Einsatzes von Steckersolargeräten und zur Übertragbarkeit beschränkter persönlicher Dienstbarkeiten für Erneuerbare-Energien-Anlagen“. Wohnungseigentümer:innen in Mehrparteienhäusern sowie Mieter:innen können künftig von der Eigentümergemeinschaft bzw. Vermietenden verlangen, die Installation von Balkonkraftwerken zu erlauben.
Dieses Gesetz war zur Entbürokratisierung nötig und soll mehr Freiheiten für Bürger:innen schaffen, konstruktiv an der Energiewende teilzuhaben. Zudem ermöglicht es Unternehmen, neue Produkte anzubieten. Christian Ofenheusle, EmpowerSource UG / Bundesverband Steckersolar e.V. i.Gr., betont:
“Die im Bereich Steckersolar aktiven Unternehmen haben in den vergangenen Jahren viel investiert und große Innovationskraft unter Beweis gestellt. Mit der Entfesselung des Marktes, welche die Entbürokratisierung herbeiführen kann, sind die Grundlagen für ein weiteres Wachstum der Branche gelegt.”
Somit kann Deutschland sich mit Solarpaket I und dem nun geltenden „Recht auf Balkonsolar“ weltweit besser positionieren. Die Möglichkeiten, Solarstrom vom eigenen Balkon zu nutzen, wird von vielen Menschen genutzt. Derzeit sind bundesweit 730.000 Steckersolaranlagen im Einsatz.
Vorteile der neuen Gesetzgebung
Das neue Gesetz zur Privilegierung von Balkonkraftwerken besagt, dass Steckersolaranlagen nun als „privilegierte bauliche Veränderungen“ eingestuft werden. Kurzum heißt das, dass Eigentümergemeinschaften den Einbau solcher Anlagen nur noch unter bestimmten triftigen Gründen ablehnen dürfen. Ferner hat die Bundesnetzagentur die Registrierung von Balkonkraftwerken im Marktstammdatenregister vereinfacht, denn nun genügt eine Registrierung im Marktstammdatenregister der Bundesnetzagentur. Diese informiert dann automatisch den Netzbetreiber.
Damit Mieter:innen in Mehrfamilienhäusern günstigeren Solarstrom von Dächern, Garagen oder Batteriespeichern direkt nutzen können, wurde die „gemeinschaftliche Gebäudeversorgung“ eingeführt. Der komplizierte Umweg über die Einspeisung des PV-Stroms ins allgemeine Stromnetz bleibt Nutzer:innen erspart. Ebenso sind die Regelungen für die Abrechnung und Ankündigung bei Versorgungsunterbrechung genau festgelegt.
Energieunabhängigkeit und aktive Teilhabe der Bürger an der Energiewende
Die Folgen der Entscheidung sind bereits spürbar, denn mehr und mehr Vermieter, Wohnungsunternehmen, Hausverwaltungen, Eigentümergemeinschaften und Immobilienverbände sind dabei, Richtlinien für den Umgang mit der steigenden Nachfrage nach Balkonkraftwerk zu erarbeiten. Sebastian Müller, Balkon Solar e.V. / AG Balkonkraftwerk, sagt:
„Mit der Gesetzesänderung wird der Anteil der potenziell aktiven Teilnehmer an der Energiewende auf einen Schlag verdoppelt. Mieter und Wohnungseigentümer waren bisher von der Erzeugung und Nutzung eigener Energie in weiten Teilen ausgeschlossen. Dies ändert sich nun endlich. Die Privilegierung von Steckersolargeräten bedeutet quasi eine Beweislastumkehr, sodass Balkonkraftwerke nun grundsätzlich freizugeben sind und nur aus berechtigten Gründen abgelehnt werden können.“
Kritik an gesetzlichen Spielräumen und klaren Regelungen
Die Privilegierung der Steckersolaranlagen war der richtige Weg, um die Energiewende voranzutreiben, jedoch äußern Experten Kritik an der Ungenauigkeit der gesetzlichen Regelungen. Dr. Andreas Schmitz, Akkudoktor.net / AG Balkonkraftwerk, betont:
“Es ist richtig und wichtig, dass die Privilegierung nun gilt. Allerdings lässt das Gesetz offen, welche Gründe für eine Ablehnung jetzt noch ausreichen. Hier muss das Justizministerium, aus dessen Feder das Gesetz stammt, dringend nachsteuern und Leitlinien für die Rechtsprechung veröffentlichen. Andernfalls wird es absehbar zu einer Klagewelle kommen.”
Der Gesetzgeber folgte nicht den Ratschlägen der Expert:innen aus den Anhörungen zum Gesetz, zu denen unter anderem auch eine Vertreterin der AG Balkonkraftwerk zählt, sowie der Umwelt- und Wirtschaftsausschuss des Bundesrates. Expert:innen forderten, größere Solaranlagen und Speicher in die privilegierten Maßnahmen aufzunehmen. Aufgrund der steigenden Nutzerzahlen von Steckerheimspeicher, der gemeinsamen Nutzung erneuerbarer Energien (GGV, Energy Sharing) sowie zum sicheren Anschluss höherer PV-Leistungen durch Laien, sollte man dies nachholen.
Darüber hinaus wurde nicht die Frage geklärt, welche Maximalleistung und welche Art Anschluss zulässig sind. Zwar legt das Gesetz einen Grenzwert von 800 Watt beim Wechselrichter und 2.000 Watt bei den Solarmodulen fest, doch der Entwurf erwähnt eine VDE-Produktnorm für Steckersolargeräte mit niedriger Modulleistung. Nicht geklärt ist auch die Zulässigkeit des Anschlusses mit herkömmlichen Schutzkontaktsteckern. Die Regelungen sollten zeitnah präzisiert werden, um bürokratische Hürden zu vermeiden.
Quelle / Weiterlesen
Balkonkraftwerk-Privilegierung: Neue Regelungen machen die Installation für MieterInnen noch einfacher | priwatt
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