Trotz großer Ambitionen und Investitionen muss VinFast in Europa einen Rückschlag hinnehmen. Der vietnamesische Autobauer beendet den Direktvertrieb in Deutschland und setzt künftig auf Zwischenhändler – ein Zeichen für die teure und schwierige Expansion in ausländische Märkte. Statt Tesla- und BYD-Konkurrenz zu machen, schloss man die Showrooms und reduzierte die Belegschaft drastisch um 90%. Bislang hatte VinFast sechs Showrooms in Deutschland – in Berlin, Hamburg, München, Frankfurt, Köln und Oberhausen. Zukünftig sollen die Elektroautos von VinFast nur noch über Zwischenhändler verfügbar sein.
Anhaltende Unsicherheit seien Gründe für den Rückzug
VinFast hatte seine sechs Showrooms und Service-Standorte in Deutschland zum 9. Mai 2025 geschlossen. Zudem entließ man im Zuge der Schließungen rund 90% der Belegschaft in Europa. Ein kleiner Teil soll jedoch weiterbeschäftigt werden. Für den Grund der Schließung benennt VinFast „anhaltender Unsicherheiten“, die das Direktvertriebsmodell unmöglich machen. Als weitere Gründe werden „makroökonomische Bedingungen, Zölle, Handelskonflikte und allgemeine Unsicherheiten“ genannt.
Demzufolge plant VinFast eine Neuausrichtung auf das Händlernetz und plant künftig in Europa auf ein klassisches Händlernetz zu setzen, anstatt auf den bisherigen Direktvertrieb. VinFast schloss bereits erste Partnerschaften mit deutschen Autohäusern. Parallel zur Neuausrichtung in Europa verlagert VinFast seinen Fokus stärker auf den asiatischen Markt, wo neue Produktionsstandorte entstehen.
Trotz großer Investitionen entstanden 3 Milliarden Euro Verlust
Obschon VinFast große Investitionen in neue Märkte tätigte, neue Modelle entwickelte und neue Fabriken errichtete, entstand – trotz steigender Absatz- und Umsatzzahlen im Jahr 2024 – ein Nettoverlust von rund 3 Milliarden Euro. Experten betonten jedoch, dass dies für ein junges Unternehmen wie VinFast üblich sei
„Da braucht es eben eine gewisse Zeit, bis man den Break-Even-Point erreicht hat, also Profite machen kann. Allerdings sind das hier Milliarden, das ist schon eine ganze Masse, selbst wenn der Besitzer sehr, sehr tiefe Taschen hat.“
Obschon der VinFast-Besitzer, Pham Nhat Vuong, als reichster Mann Vietnams ein beachtliches Vermögen besitzt, scheinen die zusätzlichen Finanzierungen nicht auszureichen, um einen Rückzug zu vermeiden. Er besitzt die VinGroup, das größte private Unternehmen Vietnams. Hierbei handelt es sich um einen Mischkonzern, der Immobilien baut und Schulen (Vinschool), Hotels und Resorts (VinPearl), Krankenhäuser (Vinmec) sowie Freizeitparks (VinWonders) betreibt. Die Profite nutzt der Konzern für Reinvestitionen im Elektroautosegment, um dieses weiter aufzubauen. VinFast-Manager Trinh Van Ngan erklärt:
„Es ist eine nationale Marke. Und wir wollen eine globale Marke werden. Nur wenige Länder in der Welt können ihre eigenen Autos herstellen, wie VinFast es jetzt macht. Das bedeutet Nationalstolz.“
In Vietnam ist VinFast bereits eine führende Marke.
VinFast für 40.000 Euro mit deutscher Ingenieurkunst
VinFast möchte weltweit zu den 5 Top-Marken der Automobilbranche gehören, doch preislich sind die Elektroautos mit einem Preis von 40.000 Euro zwar günstiger als BMW und Tesla, aber teurer als beliebte chinesische Modelle. Doch in einigen Fahrzeugen befindet sich deutsche Ingenieurskunst, z.B. von BMW, Siemens und Bosch. Zudem sind in den Produktionshallen Kräne und Geräte von deutschen Herstellern, wie Schuler oder Demag, im Einsatz. Deutsche und europäische Ingenieure waren stark in der ersten Phase von VinFast aktiv. Seit 2022 nutzt VinFast nicht mehr die BMW-Plattformen als Basis, sondern hat eigene Designs entwickelt.
Allerdings ist der etablierte deutsche Markt für unbekannte Hersteller nicht einfach zu erschließen. Experten weisen darauf hin, dass VinFast mehr Kapital in Marketing stecken müsse. Das zeigten auch die Verkaufszahlen in Deutschland: VinFast verkaufte in den ersten drei Monaten dieses Jahres nur 55 E-Autos.
Nicht nur Europa problematisch – US-Zölle forcieren Fokus auf Nachbarländer
Obschon sich die Erschließung des europäischen Markts als schwierig gestaltet, so sind es nicht die einzigen Hürden, mit denen VinFast zu kämpfen hat. Denn auch die US-Zölle machen dem Autohersteller zu schaffen. Um die Zölle zu umgehen, könnte das Unternehmen den Bau der Fabrik in North Caroline beschleunigen. Allerdings sind die Verkaufszahlen in den USA gering und die Markteinführung in Nordamerika war nicht einfach, sondern mit Rückrufaktionen und negativen Kritiken verbunden. Ebenso zeigt der Börsengang 2023 zunächst einen schnellen Anstieg, aber fiel dann drastisch ab. Aktuell hat die Aktie einen Wert von 3 Euro.
Die Entwicklungen in Europa und die US-Zölle sind Gründe für den forcierten Fokus auf den asiatischen Markt. Insbesondere Indien und Indonesien seien für VinFast interessant. Nichtsdestotrotz laufen die Produktionsanlagen derzeit noch nicht bei voller Auslastung. Im Jahr 2024 lieferte VinFast 100.000 E-Autos aus, davon rund 90% auf den heimischen Markt in Vietnam.
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Bildquelle: © VinFast