Elektroautos als mobiler Stromspeicher

E-Autos als mobiler Stromspeicher: Bidirektionales Laden macht es möglich. Regelungen und Gesetze notwendig.

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Elektroautos stehen häufig ungenutzt herum, dabei bergen die Batterien enormes Potenzial für die Energiewende. Bidirektionales Laden erlaubt, Energie nicht nur im Fahrzeug zu nutzen, sondern auch ans Netz abzugeben. Dadurch werden E-Autos zu mobilen Stromspeichern für Haushalt und Netz. Zwar stehen in Deutschland rund 160.000 EVs hierfür bereit, jedoch fehlen noch rechtliche Rahmenbedingungen, Standards und passende Tarife. Das Konzept verspricht eine vielfältige Nutzung – von der direkten Geräteversorgung (Vehicle-to-Load) bis zur Netzstabilisierung (Vehicle-to-Grid). Letzteres befindet sich in Deutschland noch in der Pilotphase. Für die Umsetzung sind kompatible Fahrzeuge, spezielle DC-Wallboxen und angepasste Netzanforderungen notwendig. Daher fordern Experten klare Vorgaben, um das Potenzial für die Energiewende voll nutzen zu können.

Einsatzmöglichkeiten des bidirektionalen Ladens

Beim bidirektionalen Laden kann das Elektrofahrzeug Energie nicht nur aufnehmen, sondern wieder abgeben. Hierfür stehen zwei Versionen zur Verfügung: Mit Vehicle-to-Load kann man das Fahrzeug als mobile Stromquelle für elektrische Geräte nutzen (z.B. beim Camping). Vehicle-to-Vehicle macht den Energietransfer zwischen zwei Fahrzeugen möglich (z.B. bei Pannen). Darüber hinaus gibt es die komplexeren Systeme wie Vehicle-to-Home und Vehicle-to-Grid (V2G). Beim Vehicle-to-Home wird Energie, die tagsüber durch PV-Anlagen erzeugt und im Fahrzeug-Akku zwischengespeichert wurde, für den Haushaltsbedarf genutzt. Beim Vehicle-to-Grid wird die zwischengespeicherte Energie bei Bedarf an das öffentliche Stromnetz abgegeben.

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Technische Voraussetzungen für das bidirektionale Laden

Möchte man sein E-Auto als mobilen Stromspeicher nutzen, müssen drei wesentliche Voraussetzungen erfüllt werden:

Ein kompatibles E-Auto: Das Fahrzeug muss Strom wieder abgeben können, wobei bislang Modelle mit dem japanischen CHAdeMO-Ladestandard bidirektionales Laden unterstützen. Kompatibel sind Fahrzeuge wie der Nissan LEAF und e-NV200, der Mitsubishi Outlander, einige Honda-Modelle, der CUPRA Born, Hyundai Ioniq 5, Kia EV6 oder BMW i4. Die ISO-Norm 15118-20 regelt die digitale Kommunikation zwischen Fahrzeug und Ladesystem.

Bidirektionale DC-Wallbox oder Ladestation: Damit Energie wieder entnommen werden kann und nicht nur das Fahrzeug lädt, benötigt man eine spezielle DC-Wallbox, die das bidirektionale Laden unterstützt. Zudem ist eine intelligente Steuerung und Kommunikationsschnittstellen notwendig, eine Abstimmung zwischen Fahrzeug, Hausnetz und öffentlichem Netz zu gewährleisten. Um Strom ins Hausnetz zu speisen, ist ein Wechselrichter erforderlich, der Gleichstrom in Wechselstrom umwandelt.

Netz- und Sicherheitsanforderungen: Ferner muss das lokale Stromnetz für bidirektionales Laden ausgelegt sein, um Strom aus dem E-Auto ins öffentliche Netz speisen zu können. Die Netzstabilität darf nicht gefährdet werden, daher sind intelligente Steuerungen und ein Lastmanagement notwendig. Zudem müssen rechtliche Fragen geklärt und einheitliche Vorgaben geschaffen werden.

Realisierbarkeit nur durch einheitliche Standards und Gesetze möglich

Theoretisch ist das bidirektionale Laden problemlos möglich, jedoch sieht es in der Praxis anders aus, denn es mangelt an zertifizierten Wallboxen und kompatiblen Systemkomponenten. Wallboxen und E-Autos müssen für das bidirektionale Laden zertifiziert sein. Darüber hinaus stellen Steuerbelastungen und Netzentgelte wirtschaftliche und rechtliche Hindernisse dar. Trotzdem sind Fortschritte auf Bundesebene erkennbar, denn der Koalitionsvertrag der Bundesregierung verankert die politische Unterstützung für bidirektionales Laden. Darüber hinaus erhalten auch Verbraucher die ersten Anreize durch Förderungen der KfW-Bank. Nichtsdestotrotz sind klare Standards, eine Anpassung der rechtlichen Lage durch den Verordnungsgeber und eine genormte Abstimmung zwischen Fahrzeug, Ladeinfrastruktur und Haustechnik zwingend erforderlich, um bidirektionales Laden alltagstauglich zu machen.

Quellen / Weiterlesen

E-Autos als mobiler Stromspeicher | TÜV-Verband e. V. via Presseportal
Bildquelle: Wikipedia – Tommaso.sansone91, CC0, via Wikimedia Commons

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Stephan Hiller
Stephan Hiller ist Betriebswirt (Studium an der Fachhochschule für Wirtschaft Berlin und in Cambridge, UK) mit umfangreicher Geschäftsführungs- und Start-Up Erfahrung. Er hat sich erfolgreich darauf spezialisiert, den Finanzbereich und das Controlling junger Unternehmen operativ zu betreuen und Start-Ups strategisch sowie in den Bereichen Marketing, Vertrieb und Finanzen zu beraten. Er verfügt über umfassende kaufmännische Erfahrungen, die er durch mehrjährige Berufstätigkeit für internationale Unternehmen im In- und Ausland aufgebaut hat. Hierunter waren u.a. Unternehmen aus dem Maschinen- und Anlagenbau, aus der Automobilindustrie, Solarmodulhersteller und Projektentwickler aus dem Bereich erneuerbare Energien. Weiterhin hat er mehrere Unternehmensgründungen im Bereich erneuerbare Energien initiiert und erfolgreich mit aufgebaut. Stephan hat zusammen mit Ajaz Shah energyload.eu im Oktober 2013 gegründet.

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