Neue Superkondensatoren werden alltagstauglich

Superkondensatoren werden alltagstauglich. Neues Kohlenstoffdesign macht Superkondensator-Akkus alltagstauglich.

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Dank eines Durchbruchs in der Materialwissenschaft stehen Superkondensatoren, die lange Zeit nur in Nischenanwendungen zum Einsatz kamen, momentan kurz vor der Alltagstauglichkeit. Ein Team der Monash University entwickelte das spezielle Kohlenstoffmaterial „multiskalig reduziertes Graphenoxid“ (M-rGO). Das innovative Kohlenstoffdesign ermöglicht es erstmals, die traditionell hohen Ladegeschwindigkeiten von Superkondensatoren mit einer deutlich gesteigerten Energiedichte zu kombinieren. Die neuen Speicher erreichen damit knapp 100 Watt pro Liter, was der Kapazität von Bleiakkus entspricht. Allerdings laden sie ein Vielfaches schneller und erzielen extreme Ladegeschwindigkeiten. Zudem könnten die zukünftigen Batterien viele Rollen übernehmen und als schnelle Energiespeicher in Elektrofahrzeugen oder in tragbarer Elektronik zum Einsatz kommen sowie zur Netzstabilisierung beitragen.

Warum Superkondensatoren bislang scheiterten

Superkondensatoren – auch als Ultrakondensatoren bekannt – galten aufgrund ihrer extrem schnellen Lade- und Entladefähigkeit lange als vielversprechende Energiespeicher. Trotzdem blieben sie auf Nischenanwendungen wie Notstromsysteme, Bremsenergierückgewinnung oder Spezialelektronik beschränkt. Da ihre geringe Energiedichte weit hinter herkömmlichen Batterien lag, war sie ungeeignet für die alltägliche Nutzung. Die Ursache liegt in ihrem Speicherprinzip, da sie Energie elektrostatisch speichert und nicht chemisch. Traditionell konnte man nur einen kleinen Teil der Oberfläche ihres Kohlenstoffmaterials für die Speicherung der Ladungsträger nutzen, was die Kapazität stark limitierte.

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M-rGO: Das neue Kohlenstoffdesign und seine Funktion

Ein Forscherteam um Professor Mainak Majumder an der Monash University löste nun dieses Kapazitätsproblem. Durch eine spezielle Hitzemodifikation verwandelten sie herkömmliches Grafit in ein neues Material: multiskalig reduziertes Graphenoxid (M-rGO). Dieses Design zeichnet sich durch stark gekrümmte Kohlenstoffschichten aus, wobei die Krümmung definierte Bahnen erzeugt, auf denen Ionen fast ungehindert zirkulieren können. Dieser einfache, aber effektive Kniff macht einen wesentlich größeren Teil der Materialoberfläche nutzbar. Das Ergebnis ist somit ein Superkondensator, der erstmals die traditionell hohe Leistungsdichte (schnelles Laden) mit einer hohen Energiedichte (große Speicherkapazität) vereint. Professor Mainak Majumder betont zudem: „Unser Team hat gezeigt, wie man durch eine einfache Anpassung der Wärmebehandlung des Materials einen wesentlich größeren Teil dieser Oberfläche nutzbar machen kann.“

Hohe Dichte und Schnelligkeit: Die gemessenen Leistungswerte

Man testet die Leistungsfähigkeit des M-rGO-Superkondensators in Pouch-Zellen. Dabei übertrafen die Ergebnisse alle bisherigen Erwartungen, denn die Speichereinheit erreichte eine Energiedichte von nahezu 100 Wattstunden pro Liter und eine Leistungsdichte von über 69 Kilowatt pro Liter. Demzufolge bewegt sich die Speicherkapazität auf dem Niveau von klassischen Bleiakkus, jedoch mit einer vielfach höheren Lade- und Entladegeschwindigkeit. Darüber hinaus zeigten die Speicher ein sehr stabiles Verhalten über zahlreiche Ladezyklen hinweg, was die Grundlage für ihre zukünftige Rolle als ernsthafte Batteriealternative schafft.

Der Weg zur Anwendung: Kommerzialisierung und Förderung

Nach dem erfolgreichen Durchbruch steht nun die Kommerzialisierung der neuen Technologie im Fokus. Das australische Monash-Spin-off-Unternehmen „Ionic Industries“ wurde gegründet, um die industrielle Umsetzung voranzutreiben. Es produziert bereits kommerzielle Mengen des M-rGO-Materials und sucht aktuell nach Partnern für konkrete Anwendungen. Dabei wird die Entwicklung nicht nur durch australische Förderprogramme unterstützt, sondern auch von der US Air Force, die großes Interesse an robusten und extrem schnellen Energiespeichern für militärische und spezialisierte Anwendungen hat. Folglich unterstreicht dies die Relevanz der Technologie über den zivilen Energiesektor hinaus.

Exkurs: Superkondensatoren im Vergleich zu Batterien

Um die Bedeutung des Superkondensator-Durchbruchs einordnen zu können, ist ein Blick auf die etablierte Speichertechnologie notwendig. Welche Rolle spielen Batteriespeicher in der Energiewende (1), welche Kosten entstehen bzw. wie wirtschaftlich sind sie (2) und was bringt die Zukunft (3)?

1. Die Rolle der Batteriespeicher in der Energiewende

Batteriespeicher gelten als unverzichtbare Systeme, die überschüssige elektrische Energie aufnehmen und bei Bedarf wieder ins Netz einspeisen. Sie bilden die zentralen Bausteine für ein stabiles Stromnetz und sind essenziell, um die wetter- und tageszeitbedingten Schwankungen erneuerbarer Energien auszugleichen. Dabei sorgen sie für eine aktive Entlastung des Netzes durch das Speichern von Überschussstrom in Zeiten hoher Erzeugung für Phasen geringerer Produktion. Technologisch gesehen funktionieren sie über physikalische oder chemische Prozesse; am bekanntesten sind Lithium-Ionen-Batterien, bei denen Ionen zwischen Anode und Kathode wandern.

Neben diesen dominierenden Systemen existieren weitere wichtige Speichertypen wie Redox-Flow-Batterien, Pumpspeicherkraftwerke und Schwungmassenspeicher. Die Notwendigkeit dieser Speicher zeigt sich in Deutschland durch den enormen Bedarf an Großbatteriespeichern, für die allein beim Netzbetreiber 50Hertz im Frühjahr 2025 Anschlussanfragen für 90 Gigawatt vorlagen.

2. Wirtschaftlichkeit und Markt für Heimspeicher

Einst galt die Speicherung von Energie als Großprojekt. Doch dies hat sich längst geändert, denn Speichersysteme haben Einzug auf den Privatmarkt genommen. Heimspeicher für Photovoltaikanlagen haben einen hohen Reifegrad erreicht und ermöglichen es Privathaushalten, ihren Eigenverbrauch zu optimieren. Moderne Systeme erreichen dabei Wirkungsgrade von bis zu 95%. Die Marktführer in Deutschland sind mit hohen Anteilen BYD, Huawei und Sungrow. Aber auch deutsche Hersteller wie Sonnen spielen eine Rolle.

Hinzukommt, dass die Kosten für Batteriespeicher in den letzten Jahren erheblich gesunken sind. Lithium-Ionen-Akkus sind seit 2015 fast 70 Prozent günstiger. Für private Heimspeicher liegt die Investition je nach Kapazität und Hersteller aktuell zwischen 5.000 und 15.000 Euro. Folglich wird die Investition bei steigenden Strompreisen und sinkenden Anschaffungskosten zunehmend attraktiver. Die Amortisationszeit für private Anlagen mit Photovoltaik liegt derzeit bei etwa 8 bis 12 Jahren.

3. Zukünftige Entwicklungen bei Batteriesystemen

Demnach ist die Zukunft der Energiespeicherung dynamisch und umfasst die Weiterentwicklung bestehender sowie neuer Technologien. Als kostengünstige Alternative zu Lithium-Ionen-Batterien gewinnen Natrium-Ionen-Batterien an Bedeutung, während Redox-Flow-Batterien für skalierbare Großspeicher interessant sind. Ein enormes Potenzial liegt auch in der Integration von Elektrofahrzeugen als mobile Speicher – das sogenannte Vehicle-to-Grid-Konzept. Forscher schätzen, dass 20 Millionen E-Autos eine Speicherkapazität von 1.200 GWh bieten könnten. Zudem wird an hybriden Speichern und KI-optimierten Lösungen gearbeitet, um die Effizienz der gesamten Energiesysteme weiter zu verbessern.

Quellen / Weiterlesen

Neues Kohlenstoffdesign macht Superkondensator-Akkus alltagstauglich | WinFuture
Bildquelle: © PxHere

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