Festkörperbatterien gelten als Schlüssel zur nächsten Generation Elektroautos. Der chinesische Batteriehersteller Farasis – strategischer Partner von Mercedes-Benz – verfolgt bei deren Entwicklung eine zweigleisige Strategie. Farasis Energy erforscht parallel zwei unterschiedliche Zelltypen mit Sulfid- und Oxid-Elektrolyt. Beide Ansätze haben ihre eigenen Stärken und Schwächen, wobei das chinesische Unternehmen diese teste, um herauszufinden, welche Zellchemie das größte Potenzial für die Serienreife hat.
Farasis treibt Sulfid-Festkörperbatterien voran
Als strategischer Partner von Mercedes-Benz entwickelt der chinesische Zellhersteller zwei unterschiedliche Zelltypen mit Sulfid- und Oxid-Elektrolyt. Die sulfidbasierte Feststoffzelle ist mit einer Silizium- oder Lithium-Metall-Anoden kombiniert, wobei ein sulfidischer Feststoff beim Elektrolyten zum Einsatz kommt. Hierbei handelt es sich um ein Material, das Ionen schnell transportiert und sich gut in bestehende Zellformate integriert. Die Struktur ist dreilagig: oben die Kathode, unten die Anode und dazwischen die Elektrolytschicht. Die Batteriezellen haben ein klassisches Pouch-Design wie herkömmliche Lithium-Ionen-Batterien.
Farasis erprobt derzeit 60-Ah-Zellen, die eine Energiedichte von über 400 Wh/kg erreichen. Diese Zellen durchliefen bereits diverse Sicherheitstests erfolgreich, darunter Durchstoß-, Scher- und Hitzetests. Ein integriertes Abschaltsystem ist zudem implementiert, um ein thermisches Durchdrehen (Thermal Runaway) zu verhindern. Ein Manko bei Sulfid-Elektrolyten ist ihre extreme Empfindlichkeit gegenüber Feuchtigkeit. Selbst geringste Mengen Wasser können zur Bildung giftiger Gase führen. Dies macht eine Produktion in streng kontrollierten, aufwendigen und teuren Trockenräumen unumgänglich.
Farasis setzt auf Oxid-Zellen für die nächste Generation
Die zweite Zelltechnologie basiert auf einem Oxid-Polymer-Verbundelektrolyt, der ebenfalls mit Lithium-Metall-Anoden und Hochnickel-Kathoden kombiniert wird. Erreicht werden soll eine Energiedichte von bis zu 500 Wh/kg, was doppelt so viel ist wie herkömmliche Batterien. Die Bauweise ist zweischichtig und besteht aus einer dünnen Keramikplatten zwischen zwei Aluminiumfolien. Obschon Oxid-Elektrolyte thermisch stabiler sind als ihre Sulfid-Pendants, stellen sie mechanisch höhere Anforderungen. Farasis möchte dies durch eine besonders dünne, spannungsarme Elektrolytschicht ausgleichen. Momentan befindet sich die Technologie noch im Prototypenstadium, ist aber für Hochleistungsanwendungen wie z.B. in Sportwagen oder Lkw mit hoher Dauerlast geeignet.
Der wesentliche Vorteil von Oxid-Elektrolyten liegt in ihrer Nichtbrennbarkeit und der Möglichkeit, sie bei höheren Temperaturen zu betreiben. Obwohl diese Systeme im Betrieb sicherer sind, stellt ihre Skalierung ein Hindernis dar. Das Kernproblem ist die Herstellung hauchdünner, homogener Schichten mit hoher Ionenleitfähigkeit, ein Prozess, der derzeit nur im Labor erfolgreich ist.
Die zweigleisige Strategie von Mercedes
Farasis verfolgt eine zweigleisige Entwicklungsstrategie, um das Potenzial beider Technologien zu prüfen. Dabei soll das Sulfid-System gemeinsam mit Mercedes und Factorial in Richtung Serienreife gehen. Demgegenüber bleibt die Oxid-Plattform als Backup. Mercedes trägt Beteiligungen an Farasis und erprobt verschiedene Zellformate auf der MBEA-Plattform. Angestrebt wird der Aufbau einer eigenen, möglichst unabhängigen Zellfertigung in Europa bis 2028. Die zweigleisigen Entwicklungsvorhaben zeigen, dass es in der Festkörperforschung keinen Königsweg gibt, denn jeder Zelltyp hat Vor- und Nachteile.
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Bildquelle: © Mercedes-Benz