Neustart bei Lilium

Die geplante Rettung des Flugtaxi-Herstellers Lilium durch die AAMG steht auf der Kippe. Finanzierungsnachweise fehlen.

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Rund sechs Monate nach der Insolvenz möchte das Konsortium rund um die europäische Investmentholding AAMG (Ambitious Air Mobility Group N.V.) das gescheiterte Luftfahrt-Start-up Lilium wiederbeleben. Laut Berichten habe AAMG zusammen mit Partnern Anlagen am Flughafen Oberpfaffenhofen, dem Sitz von Lilium, gemietet. Nach Aussagen aus dem Umfeld von Lilium verfolge Robert Kamp, Chef und Senior Partner von AAMG, seit der ersten Insolvenzanmeldung im vergangenen Jahr das Ziel, Lilium zu einem Neustart zu verhelfen. Jedoch hätten sich die Gespräche hingezogen, vor allem die Finanzierung sei eine Herausforderung gewesen. Doch kann die Rettung des Entwicklers des elektrischen Senkrechtstarters (eVTOL – Electric Vertical Take-off and Landing) sechs Monate nach der zweiten Insolvenzanmeldung noch gelingen?

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Investmentholding AAMG will Lilium wiederbeleben

AAMG ist laut eigenen Angaben ein Joint Venture von Luxaviation, einem privaten Flugzeugbetreiber aus Luxemburg, dessen Tochter Sigma Air Mobility für nachhaltiges Fliegen, sowie der Ambitious Group, die Flugdienste mit eVTOLs plant. Die Investmentholding nennt Dubai und Marbella (Spanien) als Standorte. Ziel der Investorengruppe ist es, den nachhaltigen Wandel der Luftfahrt zu beschleunigen. Zudem war die Holding letztes Jahr der letzte Auftraggeber für das geplante Elektroflugzeug von Lilium. Acht Elektroflugzeuge wurden fest bestellt und eine Option für weitere sechs Jets unterzeichnet.

Finanzierungsnachweise stehen aus

Nun sei die Finanzierung laut AAMG gesichert und es stehe ein Kapital von 250 Millionen Euro zur Verfügung. Darüber hinaus hieß es, dass AAMG Zugang zu weiteren 500 Millionen Euro für die Ausweitung des Betriebs habe. Jedoch verzögert sich die geplante Übernahme, da die Finanzierungsfähigkeit der Investorengruppe noch nicht nachgewiesen wurde. Deswegen stoppten die Insolvenzverwalter nun das Verfahren, bis die entsprechenden Nachweise vorliegen. Dabei soll nicht nur der Kaufpreis belegt werden, sondern auch die Finanzierung für Entwicklung, Zertifizierung und Produktion der Elektroflugzeuge.

Das Manko mit diesen Aussagen liegt jedoch auf der Hand, denn zuvor gab es schon häufiger ähnliche Zusagen, die letztendlich platzten. Anfang des Jahres wollte ein europäisch-amerikanisches Investorenkonsortium namens Mobile Uplift Corporation das Unternehmen übernehmen. Damals gab es sogar einen Finanzierungsnachweis, doch das Geld ging nicht ein. Folglich äußert sich der Insolvenzverwalter zögerlich zur AAMG-Offerte:

„Wir führen Gespräche und Verhandlungen mit Interessenten über einen Gesamtverkauf oder den Verkauf einzelner Assets von Lilium. Wenn alle Bedingungen für eine solche Transaktion vorliegen, kann ein Kaufvertrag abgeschossen werden. Bislang gibt es noch keinen Vertragsabschluss.“

Wird der Lilium-Jet noch fertiggestellt?

Obschon AAMG mit öffentlichen Statements die Übernahme publik macht, ansonsten aber Stillschweigen bewahrt, irritiert die Luftfahrtbranche. Außerdem drängt die Zeit und arbeitet gegen die Übernahme. Denn je länger es dauert, die verbleibenden Lilium-Vermögensanteile zu Geld zu machen, desto weniger sind sie wert.

Das Konsortium AAMG (Anhalt Aviation & Mobility Group) gilt als vielversprechender Käufer. Lilium-Insider sehen in AAMG einen soliden Interessenten. Unterstützung erhalten sie dabei von Severin Tatarczyk, einem erfahrenen Berater, der von Lilium-Investor Frank Thelen beauftragt wurde, die Geschäftsführung zu leiten. Tatarczyk soll das Vertrauen aller Beteiligten haben und könnte AAMG dabei helfen, die Übernahme erfolgreich abzuschließen. Dies könnte AAMG helfen, nur Anteile zu übernehmen.

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Die größten Herausforderungen

AAMG will nur Teile des einstigen Unternehmens übernehmen, was die Übernahme erschwert. Denn Lilium ist größtenteils zerfallen.

  • Mitarbeiter: Fast alle ehemaligen Mitarbeiter haben sich bereits neue Jobs gesucht. Obwohl AAMG plant, wichtige Technik- und Zertifizierungsteams zu halten oder neu einzustellen, wird das schwierig. In der Luft- und Raumfahrt-Region München gibt es viele etablierte, attraktive Arbeitgeber. Mit Tatarczyks Hilfe könnte es aber gelingen, einige frühere Mitarbeiter zurückzugewinnen.
  • Zulieferer: Auch die Zulieferer, meist kleine und mittlere Unternehmen, haben sich von Lilium abgewandt. Es wird ein großer Kraftakt, sie zu überzeugen, wieder Teile für eine Serienproduktion zu liefern. Nach zwei Insolvenzen sind die Zulieferer verständlicherweise zögerlich, Geld vorzustrecken und Kapazitäten aufzubauen, ohne zu wissen, ob das Projekt erfolgreich sein wird.

Quellen / Weiterlesen

Investmentfirma will Lilium weiterführen | Süddeutsche Zeitung
Joint Venture zeigt Interesse an Elektroflugzeug-Start-up Lilium | Handelsblatt
Wegen fehlender Finanzierungsnachweise: Lilium-Übernahme verzögert sich | airliners
Bildquelle: © Lilium
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Stephan Hiller
Stephan Hiller ist Betriebswirt (Studium an der Fachhochschule für Wirtschaft Berlin und in Cambridge, UK) mit umfangreicher Geschäftsführungs- und Start-Up Erfahrung. Er hat sich erfolgreich darauf spezialisiert, den Finanzbereich und das Controlling junger Unternehmen operativ zu betreuen und Start-Ups strategisch sowie in den Bereichen Marketing, Vertrieb und Finanzen zu beraten. Er verfügt über umfassende kaufmännische Erfahrungen, die er durch mehrjährige Berufstätigkeit für internationale Unternehmen im In- und Ausland aufgebaut hat. Hierunter waren u.a. Unternehmen aus dem Maschinen- und Anlagenbau, aus der Automobilindustrie, Solarmodulhersteller und Projektentwickler aus dem Bereich erneuerbare Energien. Weiterhin hat er mehrere Unternehmensgründungen im Bereich erneuerbare Energien initiiert und erfolgreich mit aufgebaut. Stephan hat zusammen mit Ajaz Shah energyload.eu im Oktober 2013 gegründet.

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