Der Strommarkt ist im Umbruch: Statt der klassischen Versorgung über einige große Energieunternehmen geht der Trend hin zu vielen dezentralen Ökostromanlagen, mit denen eigener Strom erzeugt und verbraucht werden kann. Speicher erhöhen den Eigenverbrauchsanteil, auch das Elektroauto als zusätzlicher mobiler Speicher wird künftig eine stärkere Rolle spielen. Überschüssiger Strom kann zwar ins Stromnetz eingespeist werden, aber immer mehr Menschen würden gern selbst entscheiden, was mit ihrer selbst erzeugten sauberen Energie passiert. Modelle für sogenannten Nachbarschaftsstrom finden deshalb immer mehr Anhänger.
Energieversorger müssen sich dem Trend zur Vernetzung und Digitalisierung anpassen
Auch Energieversorger müssen sich demnach umstellen, da sich mit dem klassischen Stromgeschäft mittlerweile weniger Geld verdienen lässt. Der Karlsruher Energieversorger EnBW beispielsweise hat die EnBW New Ventures GmbH gegründet, die Wagniskapital für innovative Unternehmen in verschiedenen Entwicklungsstadien bereitstellt. In den kommenden 5 Jahren will der Energieversorger bis zu 100 Millionen Euro in Start-Ups und junge Firmen investieren und so neue Geschäftsfelder eröffnen.
Zu diesen Firmen gehört zum Beispiel DZ-4: Das Unternehmen bietet Eigenheimbesitzern Komplettpakete aus Solaranlage und Speicher und kümmert sich neben Planung und Installation auch um Betrieb und Wartung der Anlage und die Netzeinspeisung von überschüssigem Strom. Wenn der selbst produzierte Strom nicht ausreicht, wird zertifizierter Ökostrom geliefert, so dass Kunden größtmögliche Unabhängigkeit genießen und ihr Zuhause mit 100 Prozent sauberer Energie versorgen können. Und das Ganze funktioniert ohne Eigeninvestition: Sämtliche Kosten inklusive der Miete der Solaranlage werden über eine monatliche Gebühr abgegolten.
Lumenaza: Ökostrom aus der Region
Auch das Start-Up Lumenaza profitiert vom EnBW-Kapital: Das Berliner Unternehmen setzt auf eine Plattform zur regionalen Vermarktung von dezentral erzeugtem Ökostrom. Produzenten sollen so die Sicherheit bekommen, dass das Geld in der Region bleibt. Dazu hat Lumenaza eine Software zur Vernetzung verschiedener Marktteilnehmer entwickelt: Energieversorger und –produzenten sowie Verbraucher und Besitzer stationärer Speicher oder Elektroautos interagieren auf einem digitalen Marktplatz miteinander. So wird selbst erzeugter Strom nicht nur vor Ort verbraucht, sondern soll dank eines ausgeklügelten Algorithmus sogar günstiger sein als beim Grundversorger. Die Software überwacht und steuert, wieviel des über zahlreiche kleine Anlagen erzeugten Stroms in Speicher wandert und wieviel ins Stromnetz eingespeist wird. Auch Stadtwerke vor Ort werden mit eingebunden, die das Konzept unter dem eigenen Branding vermarkten, damit neue Kunden gewinnen und das eigene Portfolio erweitern können. Das virtuelle Lumenaza-Kraftwerk verfügt mittlerweile über 100 Megawatt Erzeugungskapazität mit Solar-, Wind- und Biogasanlagen – Tendenz steigend. Bis zum Jahresende möchte man 5.000 Verbraucher für das Modell gewinnen. Erzeuger erhalten aktuell eine Vergütung, die über der EEG-Einspeisevergütung liegt.
Lichtblick SchwarmDirigent
Auch der Ökostromanbieter Lichtblick setzt auf ein ähnliches Modell. Die Hamburger wollen über ihre Plattform SchwarmDirigent ebenfalls dezentrale Produzenten von Ökostrom mit regionalen Verbrauchern zusammenbringen. Ihre Idee: Produzenten bestimmen selbst, was mit ihrem Strom passieren soll. Sie können ihn verkaufen, an den Nachbarn liefern oder einer gemeinnützigen Organisation spenden. Lichtblick liefert dabei die Plattform, die Angebot und Nachfrage in Echtzeit aufeinander abstimmt.
Quellen / WeiterlesenDie EnBW New Ventures GmbH | EnBW
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