Vehicle to Grid (V2G) ist ein Konzept zur Stromspeicherung in Elektroautos. Deren Anzahl soll Prognosen zufolge in den nächsten Jahrzehnten rasant steigen. Wenn es erst einmal genügend Batteriefahrzeuge gibt, könnten diese immer dann, wenn sie nicht benutzt werden, ans Netz angeschlossen werden. Dann könnten sie bei Bedarf kurzfristig Strom abgeben oder aufnehmen, wodurch Netzschwankungen flexibel ausgeglichen werden könnten. Dies wird mit der zunehmenden Einspeisung von unregelmäßig verfügbarem Strom aus Sonne und Wind immer wichtiger. Doch ist das Konzept so einfach umsetzbar?
Pilottest von Nissan und Enel in Dänemark: Ein lohnendes Geschäft für Flottenbesitzer
Die Idee klingt gut: Elektroautos stehen die meiste Zeit ungenutzt herum, und die Energiewende hängt von ausreichend Stromspeichern ab. Der Energieversorger Enel und der Autohersteller Nissan haben in Dänemark mit zehn Elektrolieferwagen gezeigt, dass sich V2G-Konzepte für Flottenbesitzer lohnen können. Der Unternehmer Frederiksberg Forsyning aus Kopenhagen hat zehn Elektro-Lieferwagen Nissan e-NV200 angeschafft und zehn Zwei-Wege-Ladesäulen von Enel aufgestellt. Diese Ladesäulen ermöglichen nicht nur das Aufladen, sondern auch das Entladen der Batterien, so dass Strom ins Netz zurückfließen kann. Immer dann, wenn die Fahrzeuge nicht unterwegs waren, wurden sie an die Ladesäulen angeschlossen und standen dann dem Netzbetreiber zur Netzstabilisierung zur Verfügung. Nissan zufolge konnte Forsyning so innerhalb eines Jahres 1.300 Euro verdienen.
Nissan ist einer der ersten Autohersteller, der Vehicle to Grid-Konzepte in mehreren europäischen Ländern testet. Die wachsende Zahl von Elektroautos bedeutet einerseits, dass es eine große Zahl mobiler Speicher gibt, die man theoretisch zur Netzstabilisierung nutzen könnte. Zum anderen werden Elektroautos Netzbetreiber ohnehin vor neue Herausforderungen stellen. Das unkontrollierte, massenhafte Laden der Akkus wird die Netze zusätzlich belasten. Das gilt besonders dann, wenn viele Fahrzeuge gleichzeitig ans Netz gehen, zum Beispiel abends beim Nachhausekommen. V2G-Konzepte könnten helfen, dieses Problem auszugleichen.
Gerade für diejenigen Flottenbetreiber, die die Nutzung ihrer Fahrzeuge planen können, könnte sich ein solches Modell zu einem lohnenden Geschäft entwickeln. Momentan allerdings lässt sich damit noch fast nirgends Geld verdienen. In Großbritannien, wo Nissan ebenfalls testet, muss ein Flottenbetreiber über mindestens 150 Fahrzeuge verfügen, um Netzdienstleistungen wirtschaftlich anbieten zu können. Diese Situation dürfte sich in den nächsten Jahren jedoch verbessern, da Netzbetreiber beim Netzmanagement zunehmend neue Wege beschreiten müssen.
Welche Anreize braucht es, um private E-Autos in V2G-Modelle einzubinden?
Wenn Elektroautos die Stromnetze wirklich stabilisieren helfen sollen, dann müssen auch die Fahrzeuge von Privatpersonen mit einbezogen werden. Idealerweise wären diese ein fester, aktiver Teil eines intelligenten Stromnetzes, das flexibel und in Echtzeit auf Netzschwankungen reagiert. Doch selbst wenn sich Autobesitzer mithilfe von finanziellen Anreizen dazu bringen lassen, dem Netzbetreiber ein Stück Kontrolle über das eigene Fahrzeug und damit über die eigene Mobilität zu geben, gibt es noch ein anderes Problem. Die in den Elektroautos verbauten Akkus sind für ein solches Szenario gar nicht ausgelegt. Aktuelle Lithium-Ionen-Systeme halten nur eine bestimmte Anzahl an Ladezyklen durch. Wenn sich also die Lebensdauer der Batterie durch V2G-Konzepte verringert, wird man Autobesitzer nur sehr schwer zum Mitmachen bewegen können. Dieses Problem muss also gelöst werden.
Neue Studie zur Batterielebensdauer mit unerwartetem Ergebnis
Hier macht allerdings eine Studie der Universität Warwick Hoffnung: Wissenschaftler wollten mithilfe eines Simulationsmodells herausfinden, wie das Problem der Kapazitätsverringerung von Akkus vermieden werden kann. Sie testeten dazu verschiedene Kombinationen aus Hard- und Software und entwickelten einen Algorithmus, der die Wechselwirkung zwischen Akku und Stromnetz unter verschiedenen Szenarien berücksichtigt. Das überraschende Ergebnis war, dass aktiv ins Stromsystem eingebundene Akkus unter ganz bestimmten Voraussetzungen sogar weniger Kapazität verlieren als solche, die nur passiv genutzt werden. Die Ergebnisse der Studie müssen nun geprüft und weitere Tests durchgeführt werden, doch sie machen Hoffnung. Unter solchen Bedingungen wäre es weitaus leichter, Elektroauto-Besitzern die Teilnahme am Netzmanagement schmackhaft zu machen.
Vehicle to Grid hat also durchaus Potential, wie auch die vielen aktuell laufenden Praxistests zeigen. Nebenbei könnten solche Modelle auch die Akzeptanz von Elektroautos weiter erhöhen, wenn sich die Studienergebnisse der Universität Warwick für die Batterielebensdauer bewahrheiten und Besitzer von E-Autos darüber hinaus einen finanziellen Ausgleich für die Teilnahme am Netzmanagement erhalten.
Quellen / Weiterlesen:
Elektrolieferwagen bringen als Netzspeicher Geld ein | golem.de
So verdienen Elektroauto-Besitzer parkend Geld | Die Presse
Parked electric cars are earning money balancing the grid in Denmark | ars Technica
Gamechanger Vehicle-to-Grid (V2G): Wenn 100 Millionen Elektroautos das Stromnetz stabilisieren | Mobile Geeks
On the possibility of extending the lifetime of lithium-ion batteries through optimal V2G facilitated by an integrated vehicle and smartgrid system | The University of Warwick
Bildquelle: © NISSAN CENTER EUROPE GmbH
Genau so geht das 😀