Die Zukunft der Elektromobilität steht und fällt mit dem Akku. Er entscheidet nicht nur über Reichweite und Preis eines Elektroautos, sondern auch über seine Umweltbilanz. Auf dem diesjährigen CAR-Symposium in Bochum drehte sich deshalb alles um Batterien. Drei Themen standen im Vordergrund: Die Zukunft der Lithium-Ionen-Batterie, die deutsche Zellfertigung und die Frage, ob Akkus jemals grün werden.
Wie geht es weiter mit der Lithium-Ionen-Batterie?
In Bochum diskutierten Wissenschaftler und Industrievertreter unter anderem über die Lithium-Ionen-Technologie. Immer wieder totgesagt, ist sie nach wie vor die leistungsfähigste Batterietechnologie. Auch wenn es immer wieder Berichte über innovative Technologien gibt, die kurz vor dem Durchbruch stehen: Noch ist keine davon serienreif. Professor Martin Winter von der Universität Münster warnte daher auf dem CAR-Symposium vor überzogenen Erwartungen, berichtet das Handelsblatt. Viele Innovationen stünden nur auf dem Papier, sagte Winter. Er warnte auch davor, die Weiterentwicklung der aktuellen Lithium-Ionen-Technologie zu vernachlässigen. Diese könne den nächsten zehn Jahren noch einmal rund 30 Prozent Reichweite zulegen.
Potenzielle Alternativen zur Lithium-Ionen-Batterie gibt es genug: Salzwasserbatterien, Metall-Luft-Batterien, Akkus aus Graphen und Feststoffbatterien. Die Festkörpertechnologie ist die vielversprechendste Konkurrenz zu Li-Ionen, weil sie sicherer ist und eine bessere Energiedichte verspricht. Große Autobauer wie VW oder Toyota investieren deshalb in Festkörperakkus.
Braucht Deutschland wirklich eine eigene Zellfertigung?
Die Batteriezelle ist das Herzstück jedes Elektroautos. Zahlreiche Experten, Gewerkschaften und Politiker warnen, dass die deutsche Autoindustrie zurückfällt, wenn sie weiter auf Importe aus Asien setzt und keine eigenen Batteriezellen herstellt. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier will deshalb deutsche Batteriefabriken mit Milliarden subventionieren und Deutschland in diesem Bereich wettbewerbsfähig halten. Der chinesische Batterieriese CATL hat derweil mit dem Bau einer Batteriefabrik in Thüringen begonnen.
Ferdinand Dudenhöffer, Leiter des Center Automotive Research (CAR), sieht die Antwort allerdings nicht wie viele andere Experten im Aufbau von deutschen Zellfabriken, berichtet das Handelsblatt. Dudenhöffer geht vielmehr davon aus, dass die Zellproduktion nur 5 bis 10 Prozent der Wertschöpfung der Batterie ausmacht. Der größere Teil entfalle auf die Herstellung der Grundkomponenten der Zelle (Anode, Kathode, Elektrolyt). Dort sieht Dudenhöffer auch bessere Chancen für eine Herstellung in Deutschland: Deutsche Hightech-Unternehmen müssten so keinen asiatischen Großkonzernen Konkurrenz machen, die ihnen in Wissen und Erfahrung ohnehin weit voraus sind. Mit dieser Ansicht spricht er vermutlich vielen deutschen Autobauern aus der Seele, die sich mit genau diesen Argumenten gegen eigene Batteriefabriken wehren.
Können Batterien jemals ökologisch produziert werden?
Elektroautos sind nur so grün wie ihre Batterie – und die verbraucht bei der Herstellung aktuell noch ziemlich viel Energie. Um das zu ändern, versuchen Hersteller wie Tesla oder das schwedische Start-up Northvolt immerhin, Akkufabriken mit Ökostrom zu betreiben. Auch VW hat gerade angekündigt, seine Elektroautos über den Kauf von CO2-Zertifikaten zumindest auf dem Papier grüner herzustellen, wenn sich Emissionen nicht vermeiden lassen. Ein weiterer Hebel ist, problematische und knappe Batterierohstoffe wie Kobalt und Lithium künftig zu reduzieren. Kobalt wird vor allem in Afrika unter menschenunwürdigen Bedingungen abgebaut, und der Abbau von Lithium (vor allem in Südamerika) bringt oft Umweltschäden und einen hohen Wasserverbrauch mit sich.
Das Unternehmen Keliber aus Finnland will gegensteuern und Lithium künftig in der EU fördern. CEO Pertti Lamberg sagte in Bochum, man sei zuversichtlich, Ende 2021 im Westen Finnlands mit der Förderung zu beginnen. Das Gesamtvorkommen läge gesichert bei etwas über 7,4 Millionen Tonnen, Lamberg vermutet jedoch noch höhere Reserven. Beim Abbau legt das Unternehmen größten Wert auf Nachhaltigkeit. Noch ist Keliber aber auf der Suche nach weiteren Investoren.
Quellen / Weiterlesen
Wie sieht die Zukunft der Elektroauto-Batterie aus? | Berliner Morgenpost
Zukunft von Elektroauto-Akkus: Deutlich grüner, aber weiterhin aus asiatischer Produktion | Elektroauto-News
Keliber will 2021 mit Lithiumförderung in Finnland starten | Automobil Produktion
Bildquelle: flickr – Marco Verch
„Potenzielle Alternativen zur Lithium-Ionen-Batterie gibt es genug“
Ja sicher – so wie es auch genug potentielle Alternativen zur aktuellen Stromerzeugung gibt, z.B. inhärent sichere Kernkraftwerke, Kernfusion, kalte Fusion, Raumenergie. Allen gemeinsam ist, dass diese potentielle Nutzung irgendwo in der fernen Zukunft liegt – wenn überhaupt. Obwohl – ein Kugelbett-Kernkraftwerk wird ja immerhin aktuell gebaut…
„Elektroautos sind nur so grün wie ihre Batterie […] Akkufabriken mit Ökostrom zu betreiben […] Kauf von CO2-Zertifikaten“
Aha – und durch die (angebliche) Reduzierung der Pflanzennahrung CO2 lösen sich all die ökologischen Desaster bei Bau, Betrieb und Entsorgung von Batterien (geschweige denn, ganzen Elektroautos) einfach so in (saubere) Luft auf? Bemerkenswert!
Wahrscheinlich demnächst auch Lithium aus Österreich!
https://kaernten.orf.at/news/stories/2919231/
Dazu Stefan Müller von Europeanlithium: „Natürlich sind wir bedacht, den „ALL IN“ Footprint des gesamten Projektes so niedrig wie nur möglich zu halten. Der Abtransport des Rohlithiums mit LKWs von der Mine hinunter ins Tal zur Weiterverarbeitung ist aufgrund der Lage der Mine auf 1.500m alternativlos.
Experten sind der Meinung, dass Elektro-LKWs auf der ausnahmslos abschüssigen ca 15km langen Fahrt voll beladen mehr Strom mittels Rekuperation produzieren als Sie umgekehrt leer hinauf verbrauchen werden.
Durch das Tal von Wolfsberg wird in wenigen Jahren die neue Europäische Hochgeschwindigkeitsgüterbahn verlaufen, hier sind wir natürlich bemüht, diese für den Weitertransport zum Abnehmer zu nutzen.“
Jedenfalls schon gute Vorsätze. Und so kann das in die Praxis umgesetzt werden: https://www.electrive.net/2018/04/23/e-muldenkipper-der-superlative-nimmt-seine-arbeit-auf/
In meiner Wohnnähe wird seit vielen Jahren Kalk abgebaut und das Material in einem unterirdischen Tunnel mittels Förderband zu Tal gebracht (Höhenunterschied 700 Meter). Das Förderband wird mit einem Generator abgebremst und auf diese Weise jede Menge Strom produziert.
Mit etwas Hirnschmalz und gutem Willen lassen sich jede Menge vernünftige Projekt umsetzen.
Zunächst mal eine Bemerkung zum verlinkten ORF-Artikel:
„800.000 Tonnen Material sollen pro Jahr dort abgebaut werden. Der Lithiumanteil des abgebauten Materials beträgt rund zehn Prozent.“
Und ich dachte, die bundesdeutschen öffentlich-rechtlichen Sender seien qualitativ so unterirdisch, dass sie unmöglich unterboten werden können. Nun weiß ich also, dass es doch geht. Denn dass die 80.000 Tonnen reines Lithium aus gerade einmal 800.000 Tonnen abgebautem Material gewinnen können mag ja durchaus der feuchte Traum eines Betreibers sein, aber ich wäre bereits äußerst schwer beeindruckt, wenn die aus den 800.000 Tonnen Abbaumaterial 3.000 Tonnen Lithium gewinnen würden. Oder anders ausgedrückt: Ich bezweifle stark, dass der Lithium-Anteil deutlich über ca. 0,33 Prozent liegt.
Aber was soll’s?
Ich stelle immer wieder fest, dass für eine sinnvolle Diskussion zuerst einmal eine Einigung auf Begriffsdefinitionen nötig wäre.
Also was ist jeweils mit „umweltverbessernd“, „umweltfreundlich“, „umweltschützend“, „umweltgerecht“, „umweltverträglich“, „umweltschonend“, „umweltbeinträchtigend“, „umweltbewusst“, „umweltverschmutzend“, „umweltbelastend“, „umweltschädlich“ und „umweltzerstörend“ konkret gemeint?
Nebenbei: Kann man den Begriff „umweltfreundlich“ steigern, oder gilt für ihn das selbe wie für Begriffe wie „schwanger“ und „tot“? Zumindest laut Duden gibt es die üblichen Steigerungsformen tatsächlich – aber ein „umweltfreundlicheres Auto“ ist meiner Erfahrung nach dennoch nicht freundlicher zur Umwelt, als ein umweltfreundliches Auto – sondern es ist mindestens ein umweltbelastendes Auto.
Oder was bedeuten die Begriffe „schadstofffrei“, „emissionsfrei“, „schadstoffarm“, „emissionsarm“, „schadstoffminimiert“, „emissionsminimiert“, „schadstoffgeprüft“, „emissionsgeprüft“, „lokal schadstofffrei“, „lokal emissionsfrei“, „emissionssparend“, „schadstoffsparend“, „emissionsreduziert“, „schadstoffreduziert“, „emissionsbelastend“, „schadstoffbelastet“, „emissionsreich“, „schadstoffreich“ konkret?
Für den Anfang würde es aber vermutlich ausreichen, mal die vielen Definitionen von „nachhaltig“ zusammenzutragen.
Denn ich bin fest davon überzeugt, dass viele Diskussionen deshalb aneinander vorbei geführt werden, weil es sehr weit verbreitet ist, dass Personen ganz individuell definieren, was sie unter dem jeweiligen Begriff gerne verstehen würden. (Irgendwie erinnert mich das sehr stark an den aktuellen Umgang mit Religionen.) Anders kann ich mir jedenfalls nicht erklären, wie jemand ernsthaft auf die absurde Aussage kommen kann, dass z.B. Elektroautos, Windindustrieanlagen, Kernkraftwerke oder der Betrieb eines Bergwerks (unter Einsatz von Elektro-Muldenkippern bzw. Förderbändern) umweltfreundlich seien.