Ausnahmezustand in Europa:
Zum Glück entspringen diese Worte einer imaginären Figur aus Marc Elsberg’s Roman „Blackout – Morgen ist es zu spät“. In diesem Buch schildert der Autor die Auswirkungen von Hackerangriffen auf Smart Meter und Kraftwerkssteuerungen in Europa. Weiterhin werden die verheerenden Folgen des daraus resultierenden europaweiten Blackouts dargestellt. Als kriegsähnliche Zustände beschreibt er die Auswirkungen des Stromausfalls. Anhand individueller Schicksale erahnt man, wie ein langfristiger Blackout jeden von uns betreffen könnte.
Österreichs und Deutschlands Stromnetze laufen derzeit stabil
Das europäische und das darin eingebettete österreichische Stromnetz operiert in einem kontinuierlichen Gleichgewicht von Stromerzeugung und Stromverbrauch. Eine größtenteils automatisierte Steuerung basiert auf der Frequenz von 50Hz, die marginal abweichen darf, langfristig aber eingehalten werden muss. Wenn der Verbrauch im Netz steigt, müssen Kraftwerkskapazitäten zugeschaltet werden. Sinkt der Verbrauch, werden entweder Kraftwerkskapazitäten reduziert oder zusätzliche Verbraucher, z.B. aus der Industrie, zugeschaltet. „Jene Großkunden, die unser Demand-Response Management in Anspruch nehmen, profitieren von Negativpreisen und erhalten teilweise sogar Geld für Ihren Stromverbrauch. Hier geht es nicht um sinnlose Energievernichtung, sondern um das zeitliche Anpassen ihrer Produktionsprozesse an den Bedarf des öffentlichen Stromnetzes.“, so Martina Remler Key Account Managerin des Energieversorgungsunternehmens GEN-I und Partner des FutureFlow Projektes der Europäischen Kommission. Über Merit-Order-Listen können Kraftwerksbetreiber ihre Produktionskapazitäten anbieten, Industrieunternehmen hingegen ihre Verbrauchskapazitäten. Dieses System funktioniert über Marktausgleichsmechanismen momentan sehr gut, so lange keine unerwarteten Störfälle auftreten, bzw. die Übertragungskapazitäten dies zulassen.
Gründe für Blackouts
Es sind nicht nur Hackerangriffe auf die IT Infrastruktur, die das Stromnetz gefährden könnten; das österreichische Bundesheer identifizierte bereits in frühen Studien die folgenden Potenziale für Blackouts:
- Menschliches Versagen wie Schaltfehler oder Unaufmerksamkeit
- Systemische, organisatorische Mängel aufgrund unterlassener Investitionen
- Technisches Versagen durch Wartungsmängel, Überalterung, Fehldimensionierungen, Materialfehler
- Ressourcenausfall der Primärenergie wegen Wassertiefstand, Ölknappheit, etc.
- Klimawandel & Naturereignisse wie Blitzschlag, Stürme, Hochwasser, Schneemassen, Erdbeben
- Kriminalität in Form von Erpressung, Sabotage, Kabeldiebstahl usw.
Das Blackouts dennoch nicht nur theoretisch vorkommen können, zeigt die Plattform „Blackout Watch“. Auf dieser werden weltweite Blackouts, die großflächig auftreten und viele Haushalte betreffen, dokumentiert.
Was passiert bei einem Blackout?
So gut wie alle technischen Hilfsmittel, die wir täglich nutzen, sind abhängig von Strom. Dazu zählen Transport, Kommunikation, Zubereitung und Aufbewahrung von Lebensmitteln, Hygiene und viele mehr. Selbst akkubetriebene Mobiltelefone bringen ohne funktionierende Handymasten nichts. Selbst, wenn diese über eine Notstromversorgung verfügen, muss die kabelgebundene Infrastruktur (Glasfaser, Kupferleitungen) ebenfalls mit Strom versorgt werden können. Zudem kommt es sehr rasch zu Überlastungen, die ebenfalls zum Ausfall der Telekommunikation führen.
Darstellung aus „Die smarte Batterie“; Quelle: Österreichisches Bundesheer / die Presse
„Sagen Sie den Behörden, dass wir unsere Mitarbeiter nach Hause schicken müssen.“ –
Wenn unsere strombetriebenen technischen Hilfsmittel nicht mehr funktionieren, dann wird es unbequem; Nicht nur Firmen müssen vorübergehend schließen und ein infrastruktureller, finanzieller sowie volkswirtschaftlicher Schaden entsteht. Viel schlimmer noch, Menschen in Krankenhäusern und betreuungsabhängige Personen können bei einem Blackout nur mehr ausreichend versorgt werden. Unfallopfer können nicht mehr geborgen und Brände zum Teil nicht mehr gelöscht werden. Tiere in der Nahrungsmittelwirtschaft verenden qualvoll, wenn Futtermaschinen ausfallen, Ställe nicht mehr geheizt oder belüftet werden und Melkmaschinen nicht mehr betrieben werden können.
Dieses Video des Schweizer Bundesamtes für Zivilschutz simuliert ein solches Szenario:
Maßnahmen bei und gegen Blackouts
Herbert Saurugg, Experte für den Ausfall lebenswichtiger Infrastrukturen, zeigt in diesem Interview auf Okto mögliche kurzfristig und langfristige Maßnahmen auf. Kurzfristig sind die individuellen Vorbereitungen wichtig. So ist es wichtig, sich die Frage zu stellen: „Was bedeutet das für mich, wenn ich eine Woche oder länger keine externe Versorgung erhalte, wie viel Wasser und welchen Vorrat, z.B. an Medikamenten brauche ich?“ Diese Fragestellung hilft, den ersten Schock zu überwinden, wenn es zu einem großflächigen Ausfall kommt. Doch die Versorgung mit Wasser, Lebensmitteln und Medikamenten ist nicht nur für die Zeit während des Stromausfalls, sondern auch für die „Wiederaufbauzeit“ danach notwendig. „Und das kann man eben nicht mit Krisenmanagement oder sonst wie organisieren, weil’s auch die Waren dahinter nicht gibt und daher ist es auch wichtig, dass die Menschen zu diesem Thema sensibilisiert werden und sich genau auf diese Versorgungsengpässe vorbereiten“.
Eigene Energieversorgung für den Notfall
Zur individuellen Vorbereitung gehört auch, dass man sich über die Bereitstellung von Licht und Energie Gedanken macht. Neben Kerzen, einem Campingkocher für Heißwasser (Tee, Nudeln, Reis) und Taschenlampen, sind auch genügend Hygieneartikel und Desinfektionsmittel notwendig. Für die Notversorgung mit Strom kann beispielsweise ein einfaches Notstromaggregat um wenige hundert Euro dienen, das man mit Benzin oder Diesel betreiben kann, sofern diese bei einem Blackout zuhause vorrätig ist. Diese Anschaffung sollte aber gut überlegt sein, da damit auch einige zusätzliche Probleme geschaffen werden (Brandlasten, Wartung).
Immer mehr Eigenheimbesitzer in Deutschland und in Österreich installieren außerdem neben einer Photovoltaikanlage auch eine notstromfähige Speicherlösung für zu Hause. „Viele Betreiber von PV Anlagen denken, dass diese auch bei einem Stromausfall funktionieren. Dem ist aber nicht so. Notstrom liefert nur ein inselfähiges System, wie z.B. mit einem notstromfähigen Batteriespeicher“, so Nicolas Veltzé vom österreichischen Speicherhersteller neovoltaic. „In unseren all-in-one Gesamtlösungen berücksichtigen wir aber auch von Seiten des Home-Energy-Managements, dass bei einem Stromausfall nur die wichtigsten Geräte wie Kühlschrank und Heizungspumpe und Beleuchtung weiterlaufen, damit der Strom für eine maximale Dauer genutzt werden kann.“
Besonders in der Stadt sind die Möglichkeiten, Trinkwasser einzulagern, Notstromgeräte zu installieren und sich exzessiv für den Notfall zu rüsten, limitiert; „Jede Stunde, jeden Tag, den man überbrücken kann, führt aber dazu, dass das Ganze nicht eskaliert“, so Herbert Saurugg mit dem Appell, sich nach Möglichkeit einzudecken. „Erst wer sich individuell vorbereitet hat, kann im Notfall in der Gemeinschaft was beisteuern“. Auch für Unternehmen sind so genannte „Offline-Pläne“ und Prozesse zum sicheren Herunterfahren notwendig, denn ein Weiterbetrieb bei Stromausfall ist für kein Unternehmen möglich. Eine Anleitung für Unternehmen hat der österreichische Experte hier zusammengestellt.
Fazit & langfristige Vermeidung von Blackouts
Es geht in diesem Beitrag nicht um Schwarzmalerei, sondern er dient zur Bewusstseinsbildung über unsere infrastrukturellen Abhängigkeiten sowie die bestehende Möglichkeit eines verheerenden flächendeckenden Strom- und Infrastrukturausfalls („Blackout“).
Je sicherer und stabiler ein System ist, desto weniger denkt man über Alternativszenarien oder Notfallpläne nach. Jedoch sind genau diese besonders wichtig für eine so bedeutende Infrastruktur wie die europäische Stromversorgung. „Wir brauchen unbedingt die Energiewende, jedoch dürfen wir nicht nur die Erzeugung auf dezentral umstellen, sondern das ganze System muss in dezentralen Zellstrukturen definiert werden“ so Herbert Saurugg. Durch dezentrale Netze mit Zellstrukturen können Probleme schneller lokalisiert und die Ausbreitungen von Störungen eingegrenzt werden. „Wenn in diesen Zellen Rückfallebenen definiert sind, wie viel Grundversorgung im Notfall gewährleistet werden muss und wie man verhindert, dass Netzstörungen übergreifen können, dann sind wir am besten auf Blackouts vorbereitet, bzw. können wir sie dadurch sogar besser vermeiden“.
Bildquelle: Wikipedia – Von Olaf2 – Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0
Heimspeicher für solaren Strom sind auf dem Vormarsch.
So werden mittelfristig die Einzelhaushalte einen Teil der Stabilisierung übernehmen.