Führt eine Kobalt-Krise zum Einbruch bei der Elektromobilität?

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Im Februar musste Jaguar die Produktion seines I-Pace vorübergehend pausieren, weil LG Chem nicht schnell genug Batterien liefern konnte. Das eigentliche Problem, das die Elektroauto-Produktion künftig ausbremsen könnte, ist aber nicht das Produktionstempo bei den Batterien, sondern Rohstoffmangel. Vor allem Kobalt wird immer knapper.

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Vier Millionen Elektroautos allein im Jahr 2020

Schätzungen zufolge werden 2020 weltweit über vier Millionen E-Autos hergestellt, bis 2025 sollen es 12 Millionen werden. Allein in Europa sollen sich dieses Jahr über eine halbe Million E-Autos verkaufen. Dafür brauchen die Hersteller vor allem Lithium und Kobalt, die wichtigsten Batterierohstoffe.

Warum Kobalt als kritischer Rohstoff gilt

Vor allem Kobalt ist knapp. Im Gegensatz zu Lithium, das häufiger vorkommt, lagert Kobalt hauptsächlich im Kongo. Von dort stammen 59 Prozent des Kobalts auf dem Weltmarkt. Weil in dem afrikanischen Bürgerkriegsland Kinderarbeit weit verbreitet ist, ist der Kobalt-Bezug von dort ein Problem, das viele Batteriehersteller gern vom Hals hätten. Gleichzeitig wird Kobalt immer knapper und deshalb teurer: Eine Tonne davon kostet mittlerweile zwischen 33.000 und 35.000 US-Dollar. Es ist bereits jetzt abzusehen, dass der Bedarf an Kobalt im nächsten Jahrzehnt das Angebot übersteigt.

Tesla in China bald mit kobaltfreien Batterien?

Batteriehersteller suchen deshalb schon länger nach Auswegen, um einen Einbruch der E-Auto-Produktion wegen Kobaltmangel zu verhindern. Eine Möglichkeit wäre, den Kobalt-Anteil in Batterien zu verringern oder ganz ohne auszukommen. Der große chinesische Hersteller CATL hat bereits kobaltfreie Lithium-Eisenphosphat-Batterien (LFP) im Programm. Berichten zufolge ist Tesla für seine Modelle in China stark an dieser Technologie interessiert.

Tesla kündigte schon 2018 an, in seiner nächsten Batteriegeneration auf Kobalt zu verzichten. Weil Lithium-Eisenphosphat-Batterien nicht dieselbe Kapazität aufweisen wie herkömmliche Batterien, dürfte sich der Deal mit CATL aber nur auf Modelle mit geringerer Reichweite beziehen. Das Kobalt-Problem lösen die CATL-Batterien also nicht grundsätzlich. Immerhin konnte Tesla eigenen Angaben nach gemeinsam mit Panasonic den Kobalt-Anteil in seinen aktuellen Batterien bereits spürbar reduzieren.

Neue Technologien machen Hoffnung

Auch andere Forscherteams arbeiten an neuen kobaltfreien Batterietechnologien: Letztes Jahr erzielte ein Forscherteam an der University of California in Berkeley Fortschritte mit einer neuen Kathode. Diese kommt dank der neuen Materialklasse „ungeordnete Steinsalze“ ebenfalls ohne Kobalt aus. Serienreif ist auch diese Technologie noch nicht.

Recycling ist Teil der Lösung

Entscheidend ist auf jeden Fall das Recycling von Altbatterien. Je mehr wertvolle Batteriematerialien – nicht nur Kobalt – wiedergewonnen und weiterverwendet werden können, desto weniger neue Rohstoffe werden benötigt. Aktuelle Recycling-Ansätze stecken jedoch oft noch in den Kinderschuhen und sind aufwendig und teuer. Für ein flächendeckendes Recycling taugen sie noch nicht, vor allem auch, weil Batterien noch nicht einheitlich konstruiert sind.

Was auch immer der Ausweg ist: Um eine Kobaltkrise mit spürbaren Auswirkungen auf die Elektromobilität zu verhindern, braucht die Autoindustrie eine schnelle Lösung. Sonst könnte der Umstieg auf elektrische Antriebe bald empfindlich ausgebremst werden.

Quellen / Weiterlesen

A Cobalt Crisis Could Put the Brakes on Electric Car Sales | Wired
Teslas ohne Kobalt: Elektroauto-Bauer verhandelt mit Batterie-Riese CATL | EFahrer
Jaguar will pause I-Pace production because of battery shortage | The Verge
Bildquelle: pxfuel
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Stephan Hiller
Stephan Hiller ist Betriebswirt (Studium an der Fachhochschule für Wirtschaft Berlin und in Cambridge, UK) mit umfangreicher Geschäftsführungs- und Start-Up Erfahrung. Er hat sich erfolgreich darauf spezialisiert, den Finanzbereich und das Controlling junger Unternehmen operativ zu betreuen und Start-Ups strategisch sowie in den Bereichen Marketing, Vertrieb und Finanzen zu beraten. Er verfügt über umfassende kaufmännische Erfahrungen, die er durch mehrjährige Berufstätigkeit für internationale Unternehmen im In- und Ausland aufgebaut hat. Hierunter waren u.a. Unternehmen aus dem Maschinen- und Anlagenbau, aus der Automobilindustrie, Solarmodulhersteller und Projektentwickler aus dem Bereich erneuerbare Energien. Weiterhin hat er mehrere Unternehmensgründungen im Bereich erneuerbare Energien initiiert und erfolgreich mit aufgebaut. Stephan hat zusammen mit Ajaz Shah energyload.eu im Oktober 2013 gegründet.

2 Kommentare

  1. „Entscheidend ist auf jeden Fall das Recycling von Altbatterien. Je mehr wertvolle Batteriematerialien – nicht nur Kobalt – wiedergewonnen und weiterverwendet werden können, desto weniger neue Rohstoffe werden benötigt. Aktuelle Recycling-Ansätze stecken jedoch oft noch in den Kinderschuhen und sind aufwendig und teuer. Für ein flächendeckendes Recycling taugen sie noch nicht, vor allem auch, weil Batterien noch nicht einheitlich konstruiert sind.“

    Das ist die Kernaussage. Elektromobilität macht überhaupt keinen Sinn, solange das Batterierecycling nicht optimal funktioniert, wie z.B. bei Bleiakkus. Es ist immer die Gesamtbetrachtung entscheidend, deren Ziel sein muss: Sowenig Energiebedarf wie nötig und Recyclingquote nahe 100%
    Leider sind viele E-Autos noch immer irgendwelche Lifestyle-Renner mit 100kW und mehr anstatt umweltschonende Kleinwägen mit Wechselbatterien. Aber das habe ich in einem anderen Thread schon erläutert.

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