Schließung von Tesla Stores: Zeichen von Schwäche oder Innovation?

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Mit der Meldung, weltweit alle seine Stores zu schließen, hat Tesla wieder einmal Schlagzeilen gemacht. Bis auf wenige Showrooms wollte man alle Läden schließen – was kontroverse Reaktionen auslöste. Kurze Zeit darauf ruderte der Hersteller zurück. Ist die Schließung von Verkaufsräumen ein Zeichen dafür, dass es mit Tesla bergab geht? Oder ist es ein Schritt in die richtige Richtung, dem andere Autohersteller folgen sollten?

Sparzwang bei Tesla

Tesla begründete den Schritt damit, dass man Kosten sparen müsse. Die Schließung der Stores und die Entlassung von Mitarbeitern sei der einzige Weg, um finanziell nachhaltig zu arbeiten, sagte Tesla-Chef Musk. Indem die Fahrzeuge nur noch online bestellbar sind, sollten sie im Gegenzug um 6 Prozent günstiger werden, das sind beim Tesla Model S und Tesla Model X bis zu 10.000 Euro.

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Die Möglichkeit für Probefahrten fiele zwar weg, wenn die Stores geschlossen würden, räumte Tesla ein. Doch dafür könne man seinen gekauften Tesla innerhalb von einer Woche und mit maximal 1.000 gefahrenen Meilen (rund 1.600 Kilometer) gegen den vollen Kaufpreis zurückgeben.

Kurz nach der Ankündigung kam die Kehrtwende

Kurze Zeit später ruderte Tesla allerdings zurück und kündigte an, nun doch nur halb so viele Stores zu schließen wie geplant. In den verbliebenen Filialen sollen aber trotzdem keine Bestellungen mehr möglich sein. Stattdessen werde das Personal Interessenten nur dabei unterstützen, ihren Tesla selbst mit dem Smartphone zu ordern. Testfahrten werden weiterhin angeboten, die erweiterte Rückgabefrist soll trotzdem erhalten bleiben. Dafür will Tesla die Preise wieder um 3 Prozent erhöhen.

Hat Tesla Angst, Kunden zu verlieren?

Die kritischen Reaktionen scheinen also nicht spurlos an Tesla vorbeigegangen zu sein. Preissenkungen um jeden Preis seien ein Zeichen dafür, dass der Elektroauto-Pionier krampfhaft versucht, den wachsenden Wettbewerb auszubremsen, hieß es. Kritiker befürchteten, Tesla werde diejenigen Kunden vergraulen, denen Luxus wichtig ist. Denn wer gerade ein Luxus-Elektroauto gekauft hat, das kurze Zeit später deutlich günstiger angeboten wird, wird das Gefühl bekommen, er habe mehr bezahlt als das Fahrzeug eigentlich wert ist. Und Tesla kann es sich eigentlich nicht leisten, seine treuen Kunden zu verärgern. In den USA wächst nach der Markteinführung des neuen Tesla Model 3 der Unmut: Kunden beschweren sich über lange Wartezeiten an Superchargern und über zu langsamen Service.

Warum der Online-Handel auch bei Autos Sinn macht

die Schließung oder zumindest Reduzierung der Stores ist dennoch ein richtiger Schritt. Zum einen fand in den Tesla Stores noch nie ein Verkauf statt. Die Autos wurden dort lediglich präsentiert, Tesla-Mitarbeiter standen für Fragen zur Verfügung. Wollte man ein Fahrzeug kaufen, musste man das schon immer selbst an einem der im Store aufgestellten PCs oder später zuhause erledigen. So viel ändert sich also gar nicht bei Tesla – und damit könnte Tesla traditionellen Herstellern am Ende voraus sein.

Autokäufer informieren sich schon jetzt online

Herkömmliche Autohäuser sind auf Absatz und Provision getrimmt, beraten gern in Richtung der teureren Fahrzeuge. Und gerade beim Thema Elektroauto haben viele Autoverkäufer noch Defizite, heißt es – weshalb sich Interessenten schon jetzt intensiv online informieren. Warum also das Fahrzeug nicht auch online direkt beim Hersteller kaufen? Das tun Kunden schließlich längst bei allen möglichen anderen Konsumgütern, auch bei Möbeln und Waschmaschinen.

Gerade bei Tesla sind die Risiken für Kunden ohnehin überschaubar. Das meint zumindest Ferdinand Dudenhöffer vom CAR-Center Automotive Research der Universität Duisburg-Essen: Das erweiterte Rückgaberecht mache Probefahrten überflüssig, und der Beratungsbedarf sei bei Elektrofahrzeugen sowieso geringer, weil sie weniger komplex seien. Und alle nötigen Informationen seien gut im Internet verfügbar, zitiert die Süddeutsche den Autoexperten.

Ein großes Vertriebsnetz kostet

Es ist also fraglich, ob sich große Hersteller in Zukunft noch ein klassisches Händlernetz in heutigem Umfang leisten können. Schließlich müssen diese Strukturen von Autokäufern mit bezahlt werden. Ohnehin sei der Autohandel aus der Verunsicherung der Kunden entstanden, weil die Technik unzuverlässig war, so Ferdinand Dudenhöffer. Die Kunden hätten den Händler als Vertrauensperson gebraucht, um die teure Anschaffung abzusichern. Einige Autohersteller wie beispielsweise VW wollen das Online-Geschäft immerhin ausbauen, doch die Verkaufsabwicklung übernimmt weiterhin der Handel.

Neue Geschäftsmodelle lassen Grenzen verschwimmen

Die Grenzen zwischen dem Autokauf vor Ort und dem Online-Geschäft werden künftig ohnehin mehr verschwimmen. Denn an den Kauf des Autos selbst wird sich verstärkt das Geschäft mit digitalen Produkten und Dienstleistungen anschließen. Das Aftersales-Geschäft, das heute nur einen kleinen Teil ausmacht, wird also zunehmen. Etwa wenn Kunden sich Software-Updates oder neue Funktionen hinterher online dazu buchen. Außerdem steht das Geschäftsmodell „Cars as a Service“ in den Startlöchern: Wir nutzen Autos dann, wenn wir sie brauchen, ohne Händler und ohne Kaufvertrag. Wenn das zur Realität wird, wird das die Autobranche und ihre etablierten Strukturen sowieso gehörig durcheinanderwirbeln.

Quellen / Weiterlesen

Luxusmarke Tesla in Gefahr | manager magazin
Update on Tesla Stores and Pricing | Tesla
Tesla verkauft nur noch online | ORF
Wozu noch Auto-Händler? Tesla verkauft Autos nur noch online | manager magazin
Bildquelle: Wikipedia – Ominae [CC BY-SA 4.0]
Ajaz Shah
Ajaz Shah ist seit 2010 im Bereich der erneuerbaren Energien in der Projektfinanzierung und dem Projekmanagement für verschiedene Unternehmen tätig. Er arbeitete an Solar- und Windprojekten mit einer Gesamtkapazität von mehr als 50 MW in Deutschland, Spanien, Italien, Großbritannien, Tschechien und Frankreich mit. Daneben ist er freiberuflich im Online Marketing tätig. Ajaz hat zusammen mit Stephan Hiller energyload.eu im Oktober 2013 initiiert.

4 Kommentare

  1. Lassen Sie ihr Auto im Autohaus reparieren? Faszinierend.

    Die meisten anderen Menschen wählen dafür vorzugsweise die Werkstatt.

  2. Ja, ich lasse mein Auto in einem Autohaus mit angeschlossener Werkstatt reparieren – anfangs schon allein um Ärger im Garantiefall zu vermeiden, aber insbesondere auch, weil ich mit diesem Autohaus über viele Jahre sehr gute Erfahrungen gemacht habe.

    Dass ein Tesla-Käufer seinen Nobelschlitten dagegen in einer Scheunen-Werkstatt reparieren lassen darf – oder erstmal eine Fachwerkstatt suchen soll, die wenigstens einen Mitarbeiter mit dem notwendigen Hochvoltzertifikat vorweisen kann, ist doch wohl ein schlechter Witz.

    Und Tesla beliefert all die Klitschen tatsächlich einfach so und ohne Murren mit den notwendigen Ersatzteilen und die führen dann einfach so auch Garantie-Reparaturen ohne Kosten für den Kunden aus? Faszinierend.

  3. Was haben die Autoindustrie für Experten? Offenbar springen bei Tesla jetzt Banker in die Bresche von E. Musk. Auch ein Dudenhöfer meint man könne ohne jeglichen persönlichen Kundenkontakt Autos verkaufen und zur Kundenzufriedenheit die Wartung machen. Lächerlich ist sogar , das künftig Kunden ein Auto ohne gemachte Probefahrt vor dem Kauf, den Wagen dann nach 10 Tagen Besitz zurückgeben könnten. ja wohin?

    auf die Strasse stellen !

    Wenn künftig nichts mehr da ist.

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