Das von der belgischen Regierung konzipierte Projekt „iLand“ soll in Form einer künstlichen Insel in der Nordsee die Energie von Windparks speichern. Ein riesiger Sandring soll dabei wie ein Pumpspeicherkraftwerk funktionieren, der nachts leergepumpt und bei hohem Strombedarf geflutet wird.
In der Hoffnung, die Stromprobleme des Landes in den Griff zu bekommen, werden in den nächsten Jahren fünf neue Windparks mit einigen Hundert Windrädern gebaut. Bei Überproduktionen, etwa nachts, soll die Energie im „iLand“ zwischengespeichert werden. Das Wasser wird dann aus dem Ring herausgepumpt und zu den Stoßzeiten – meist morgens – mit Hilfe von Turbinen wieder in das Bassin zurückgeleitet.
Zurzeit befindet sich das Projekt in der Planungsphase und die endgültige Genehmigung der belgischen Regierung steht noch aus. Die Entscheidung soll jedoch noch in diesem Sommer fallen und schon bald könnte somit der weltweit erste Energiespeicher im Meer entstehen, welcher dann planungsgemäß 2021 in Betrieb genommen werden könnte. Mit einer Energieproduktion von 500 Megawatt über vier Stunden entspräche diese bereits einem Drittel der Leistung eines durchschnittlichen Atomkraftwerkes.
Ein Praxistest für die Forschung
In der Forschung für Erneuerbare Energien steckt viel aktuelles Potential. Ein weiteres Forschungsfeld ist etwa die Speicherung von Strom durch die Umwandlung in Gas (Power-to-Gas). Dabei wird durch Elektrolyse mit Strom aus Wasser Sauerstoff und Wasserstoff hergestellt und schließlich Wasserstoff als speicherbares Gas extrahiert. Theoretisch könnte als Endprodukt aus dem Wasserstoff auch Methan hergestellt werden. In der Praxis werden die Möglichkeiten auf Grund des geringen Anteils der Einspeisung von Windenergie am Gesamtstromnetz jedoch noch nicht umgesetzt. Da in den nächsten Jahren aber immer mehr Offshore-Windparks geplant sind, wird sich auch im Bereich der Speicherung von Windenergie viel ändern, um den überschüssig produzierten Strom nicht zu verschwenden.
Das iLand-Projekt mache vor allem aus Sicht der Forschung Sinn, um neue Möglichkeiten der Stromspeicherung in der Praxis zu erproben. Risiken und Herausforderungen beim Bau – beispielsweise Springfluten und Salzwasser – können zwar bei der Planung beachtet, ihr konkretes Ausmaß aber nur während und nach der Umsetzung genau benannt werden. Mit Kosten von rund einer Milliarde Euro ist der betriebswirtschaftliche Vorteil zunächst nicht gegeben. Laut Holger Rogall, Professor für nachhaltige Ökonomie für Wirtschaft und Recht in Berlin, rechne sich das Projekt aber dennoch auf langfristige Sicht. Da auf Grund der Abwesenheit von Berglandschaften in Belgien keine Pumpspeicherkraftwerke gebaut werden können und auch in Deutschland die Möglichkeiten zum Bau neuer Anlagen nahezu erschöpft sind, ist die Erprobung von Alternativen notwendig.
Kritik von Politikern und Anwohnern
Der belgische Oppositionspolitiker Jean-Marie Dadecker sieht dies allerdings weitaus pessimistischer. Er rechnet zusätzlich zu den Baukosten mit bis zu acht Millionen Euro Unterhaltskosten im Jahr. Die Insel sei „eine Goldgrube für Baggerfirmen“ und zudem ökologisch bedenklich. Die Strömungen, die durch das Füllen und Leeren des Bassins entstehen können, sowie die Veränderung des Wellengangs und der gesamte Bauprozess könnten gravierende Folgen für das Ökosystem bedeuten. Dies sei im Vorfeld nicht ausreichend untersucht worden. Kritiker stimmen ihm hier zu und Anwohner fürchten zudem eine ästhetische Beeinträchtigung des Landschaftsbildes. Die Insel soll zehn Meter aus dem Meer ragen, 1,5 Kilometer lang und 2,5 Kilometer breit werden und nur drei Kilometer vor der Küste eines Badeortes aufgeschüttet werden. Falls die Baugenehmigung erteilt wird, werde allerdings zunächst ein Umweltgutachten erstellt, um die genannten Risiken möglichst minimal zu halten.
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