Die einst Erfolg versprechende Wüstenstrominitiative Desertec hat bisher nicht den Zuspruch gefunden, wie ihn einst die beteiligten Gesellschaften erhofften. Noch vor fünf Jahren wurde dieses Projekt zur Gewinnung von erneuerbaren Energien hochgelobt. In den Wüsten von Nordafrika sollten riesige Solarkraftwerke errichtet werden, die für Europa preisgünstigen Solarstrom erzeugen. Ein leuchtendes Vorbild waren die riesigen Solarstromanlagen in der kalifornischen Mojave-Wüste. Ursprünglich waren am Desertec-Projekt auch die bekannten deutschen Unternehmen E.ON, Bilfinger, Bosch, Siemens, RWE und die HSH-Nordbank beteiligt. Das Gemeinschaftsprojekt stand jedoch bereits zu Beginn nicht auf festem Fuß. Einer der Gründe ist die vergleichsweise unsichere politische Lage in Nordafrika. Viele der Initiatoren haben sich vom Projekt zurückgezogen. In der ursprünglichen Form wird Desertec daher nicht bestehen bleiben. Jedoch haben sich einige wenige Gesellschafter bereit erklärt, das Vorhaben im kleineren Umfang fortzuführen. Mit dabei ist immer noch die RWE.
Bereits im Juli 2014 haben wir auf energyload.eu in unserem Artikel „Desertec: Aktueller Stand des Wüstenstromprojekts“ von dem drohenden Aus berichtet.
Desertec Industrial Initiative konzentriert sich auf verbleibende Gesellschaften
Ursprünglich waren rund 50 Gesellschaften am Wüstenstromprojekt Desertec Industrial Initiative, kurz DII, beteiligt. Die meisten Betreiber sind nach fünf Jahren Tätigkeit ausgestiegen. Viele haben das Interesse an der Region verloren, andere haben sich aus dem Geschäft der Solarstromerzeugung komplett zurückgezogen. Die DII möchte sich nun verstärkt auf die verbleibenden Partner konzentrieren und hier entsprechende Dienstleistungen anbieten. Zu diesen Partnern gehören der deutsche Stromerzeuger RWE, der chinesische Netzbetreiber SGCC sowie der saudische Energiekonzern Acwa Power. Eine treibende Kraft war die Rückversicherungsgesellschaft Münchner Rück, die sich nun von der Idee verabschiedet hat, günstigen Solarstrom aus der Sahara zu gewinnen. Auch die Investoren Deutsche Bank und die Schweizer ABB sehen keinen Grund mehr darin, weiter in das Desertec-Projekt zu investieren.
Das Ziel kann nicht erreicht werden
Ab dem Jahr 2050 sollten im Rahmen der Desertec-Initiative 15 Prozent des europäischen Strombedarfs und ein Teil des Bedarfs in Nordafrika aus Sonnen- und Windenergie gedeckt werden, der in den nordafrikanischen Wüsten erzeugt werden sollte. Für den Bau der neuen Kraftwerke und Hochspannungstrassen haben die Investoren 400 Milliarden Euro eingeplant. Nicht nur die teilweise offene Finanzierung, sondern auch die politische Instabilität durch Bürgerkriege in dieser Region haben die Verwirklichung des Projekts in nahe Ferne rücken lassen. Auch der Ausbau der Solar- und Windenergieanlagen in Deutschland hat viele zum Umdenken bewegt.
Die Krise war in den letzten Monaten abzusehen
Schon in den vergangenen Monaten hatte sich abgezeichnet, dass das Desertec Wüstenstromprojekt in der Krise steckt. Bereits zum Jahreswechsel 2013/2014 verließ daher die finanzierende HSH Nordbank das Projekt. Die bekannten Gesellschaften Bilfinger und E.ON verabschiedeten sich im Frühjahr 2014. Schon viel früher sind Siemens und Bosch aus dem Verbund ausgetreten. Selbst die namensgebende Desertec-Stiftung verzichtet auf eine weitere Fortführung des Unterfangens. Entstanden war einst die Idee im so genannten Club of Rome. Hier haben sich Experten mit den wichtigen Themen von Nachhaltigkeit und Wachstumsgrenzen beschäftigt. Sie wollten mit dem Wüstenstromprojekt neue Maßstäbe setzen. Mittlerweile haben auch sie sich enttäuscht von der Industrie abgewandt.
Es sind aber auch Erfolge zu verzeichnen
Der nun ausgetretene DII-Chef Paul van Son betrachtet die Arbeit der Desertec nach fünf Jahren jedoch nicht als erfolglos. Er teilte mit, dass etwa 70 Prozent der Projekte inzwischen realisiert werden konnten bzw. sich in der Umsetzung befinden. Immerhin habe die DII während ihrer Tätigkeit viel Überzeugungsarbeit geleistet, konkrete Länderstrategien vorgeschlagen und Grundlagenstudien betrieben. Die grundlegende Vorbereitungs- und Planungsphase sei nun abgeschlossen. Die DII kann sich nun den veränderten Anforderungen stellen und den Dienstleistungsbereich stärken. Immerhin hat das Projektvolumen im letzten Jahr 3 Gigawatt betragen. Dieses werde bis 2020 auf 35 Gigawatt wachsen. Es gibt also einige Argumente dafür, dass Desertec nicht gescheitert ist.
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