Warum das Desertec-Wüstenstromprojekt doch nicht gescheitert ist:
Im Juli 2009 wurde in einer Pressemitteilung in München angekündigt, dass mehrere Unternehmen die Gründung einer Desertec Industrial Initiative planen. In dem Schreiben hieß es, dass das Ziel der Imitative die Analyse und Entwicklung von technischen, ökonomischen, politischen, gesellschaftlichen und ökologischen Rahmenbedingungen zur CO2-freien Energieerzeugung in den Wüsten Nordafrikas sei. Geplant war, bis zum Jahr 2050 eine Reihe von Ökokraftwerken am Südufer des Mittelmeers zu errichten. Dabei ging es jedoch nicht nur um finanzielle Vorteile, sondern auch um die Energiesicherheit in der EU und den Mittelmeerstaaten. Es ging ferner um Entwicklungschancen für die Mittelmeeranrainer im nordafrikanischen Raum sowie um die Sicherung der Trinkwasserversorgung durch Entsalzungsanlagen und natürlich um den Klimaschutz. Das waren schon bedeutende Ziele. Nach sechs Jahren nach der Veröffentlichung des Projekts, welches unter dem Namen Desertec bekannt wurde, ist in allen Bereichen Ernüchterung eingetreten. Viele behaupteten, dass das Desertec-Projekt gescheitert sein. Aber dies ist nicht der Fall.
Viel Aufregung um das Desertec-Projekt
Unter dem Firmenkürzel Dii ist das Desertec-Projekt bekannt. Von einst 60 beteiligten Unternehmen und Partnern aus 16 Ländern sind heute nur noch drei aus drei Ländern übriggeblieben. Diese sind nach Dubai umgezogen und möchten als Beratungsfirma die Wüstenstrom-Vision vorantreiben. Einst brach im Sommer 2009 ein wahrer Medien-Hype aus. Die neue Idee von Gerhard Knies, Club-of-Rome-Mitglied, zog alle magisch in den Bann. Die einen sahen im Desertec-Projekt eine der größten technischen Herausforderungen seit dem Apollo-Programm, die anderen das größte Industrievorhaben der Geschichte. Viele Dii-Mitarbeiter waren die Aussagen hinterher peinlich, da sie doch übertriebene Erwartungen geweckt haben. Viele glaubten, dass auf den Dii-Konten schon die Milliarden für das Projekt eingegangen seien und übermorgen schon der erste Wüstenstrom aus deutschen Steckdosen käme.
Es sind 70 Projekte in Planung
Das Gegenteil war der Fall. Die Dii-Gruppe plante in einem Münchener Altbau die Realisierung der Desertec-Vision über fünf Jahre hinweg. Interessanterweise kamen hierbei recht interessante Ergebnisse heraus. Neben einem riesigen erarbeiteten Datenberg war insbesondere der Werbeerfolg für erneuerbare Energien über die Mittelmeer-Region hinaus sehr erfolgreich. Dii-CEI Paul van Son erklärt, dass der Wüstenstrom durch das Projekt langfristig als wirtschaftliche Option für die Energieversorgung in allen Ländern angesehen werden kann. In der sogenannten MENA-Region sind Öko-Kraftwerke mit etwa 3 Gigawatt Leistung in Betrieb. Bis 2020 sollen es sogar mehr als 30 Gigawatt werden.
Dreiteilige Aufgabe ohne Referenzprojekt
Die definierten Aufgaben der Dii bestanden ursprünglich aus drei Teilen:
- Die Fachleute aus den beteiligten Ländern sollten den besten Energiemix aus konzentrierter Solarenergie, Windenergie, Photovoltaik und Geothermie definieren.
- Es sollte ein Referenzprojekt vorbereitet werden und kein Pilotprojekt. Dii verstand sich nicht als Marktteilnehmer, sondern als Thing Tank.
- Schließlich sollte noch ein Rollout-Plan hinzukommen, die die Nutzung des Wüstenstroms bis 2050 definiert.
Die drei Aufgaben wurden mehr oder weniger gut gelöst. Ex-Dii-Mitarbeiter teilen jedoch mit, dass das Referenzprojekt vernachlässigt wurde. Das Fehlen des Referenzprojektes hat dazu beigetragen, dass Desertec nach außen ziemlich negativ aufgefallen war. Angeblich hätte es von der deutschen Industrie- und Finanzwirtschaft eine Zusage über 400 Milliarden Euro für den Aufbau eines Verbundsystems zwischen der EU und Nordafrika gegeben. Jedoch gab es nie eine solche Zusage.
Dennoch geht der Ausbau der Erneuerbaren voran
Die Dii hatte keine leichte Zeit und war ursprünglich nur für drei Jahre gegründet worden. Eingriffsversuche anderer Unternehmen und der arabische Frühling sorgten für Schwierigkeiten. Dennoch wurde die Dii Ende 2013 nochmals um zwei Jahre verlängert. Jochen Kreusel vom Schweizer Technikriesen ABB erklärt, dass die Dii-Mission jedoch weitgehend erfüllt sei. Im Vergleich zum Jahr 2009 ist der Ausbau der erneuerbaren Energien in Schwung gekommen. In der MENA-Region wurden bisher 70 Projekte realisiert. Ebenso liegen interessante Informationen über eine Vernetzung von Europa mit der MENA-Region vor. Nach fünf Jahren Desertec kann folglich gesagt werden, dass das Projekt nicht spurlos verschwunden ist. Durch das erarbeitete Wissen wird die grüne Entwicklung im Mittelmeerraum und in der arabischen Welt vorangetrieben.
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