Corona: Auswirkungen auf die Klimabilanz Deutschlands

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Wegen Corona erreicht Deutschland nun doch sein Klimaziel für 2020, das zeigt eine Analyse von Agora Energiewende. Weil Reisen nicht stattfinden, viele von zuhause arbeiten und die Produktion sinkt bzw. teilweise stillsteht, sinkt auch der deutsche CO2-Ausstoß. Experten mahnen aber, dass es jetzt besonders darauf ankommt, in die Energiewende zu investieren. Sonst sei dem Klima nicht geholfen.

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Deutsche Klimaziele könnten sogar übererfüllt werden

Agora Energiewende schätzt, dass die deutschen Emissionen in diesem Jahr auf bis zu 670 Millionen Tonnen CO2 sinken könnten, je nachdem, wie die Krise weiter verläuft. Das ursprüngliche Ziel der Bundesregierung lag bei höchstens 750 Millionen Tonnen. Bisher war nicht zu erwarten, dass dieses Ziel noch erreicht werden könnte, schreibt Agora Energiewende in der Publikation „Auswirkungen der Corona-Krise auf die Klimabilanz Deutschlands“. Der Denkfabrik zufolge ist nicht nur Corona, sondern auch der warme Winter für die sinkenden Emissionen verantwortlich.

Einsparungen durch Produktionsstopps und weniger Autoverkehr

Die Experten schreiben, dass wegen Produktionsstopps in der Autoindustrie die Nachfrage nach Stahl, Zement und Chemie sinkt. Geht das über mehrere Wochen so weiter, dann werden bereits rund 10 Millionen Tonnen CO2 eingespart. Nach drei Monaten wären es schon 18 Millionen Tonnen, bei weiterem Fortgang 25 Millionen Tonnen. Das wäre dann so viel CO2, wie in Deutschland während der Wirtschaftskrise von 2009 eingespart wurde.

Auch der Verkehrssektor wird 2020 deutlich weniger Emissionen verursachen. Die Autoren gehen hier von etwa 7 bis 25 Millionen Tonnen weniger gegenüber 2019 aus. Das liegt vor allem daran, dass der Individualverkehr mit PKW wegen der Krise deutlich nachgelassen hat. Die Emissionsminderungen durch den internationalen Flugverkehr, der stark eingebrochen ist, ist in den deutschen CO2-Bilanzen dagegen nicht enthalten. Er ist aber weltweit mit 5 bis 8 Prozent am Klimawandel beteiligt.

Experten fordern grüne Konjunkturprogramme

Damit diese Effekte nachhaltig sind, weisen verschiedene Experten darauf hin, dass jetzt die Energiewende mit Investitionen gestützt werden muss. Solche Maßnahmen für einen nachhaltigen Klimaschutz sind umso wichtiger, als in der Corona-Krise der Emissionshandel und die CO2-Steuer quasi wirkungslos werden. Die Ölpreise und die Preise für CO2-Zertifikate fallen, so dass beides aktuell keine Klimaschutzwirkung mehr entfaltet.

Der Chef der Internationalen Energieagentur Fatih Birol fordert, dass die jetzt weltweit geplanten Konjunkturpakete vor allem grüne Technologien in den Blick nehmen sollten. Auch die Energieökonomin Claudia Kemfert vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) warnt, man dürfe sich jetzt nicht zur Annahme verleiten lassen, dass Klimaschutzpolitik nicht mehr notwendig sei. Gerade jetzt komme es darauf an, die Wirtschaft mit Maßnahmen zur Konjunkturstützung konsequent auf Nachhaltigkeit auszurichten, um die kommenden Klimaziele zu erreichen. So könne man mögliche künftige Rebound-Effekte vermeiden, also dass sich CO2-Ausstoß nach der Krise wieder beschleunigt.

Ähnlich äußert sich auch Dirk Messner, der Chef des Umweltbundesamtes. Alle Konjunkturpakete für die Zeit nach Corona sollten darauf ausgerichtet sein, auch den europäischen Green Deal und den Klimaschutz voranzubringen, sagte Messmer. Die Finanzhilfen sollten streng an Investitionen für den Klimaschutz gekoppelt werden.

Welche Investitionen Agora Energiewende empfiehlt

Auch Agora Energiewende-Direktor Patrick Graichen betont, wie wichtig ein grünes Wachstumspaket sei, damit die aktuelle Senkung der Emissionen kein Einmaleffekt bleibt. Auch er befürchtet, dass sonst nach der Corona-Krise die Emissionen umso schneller wieder steigen. Um das zu verhindern, empfiehlt Graichen Investitionen in die Herstellung von grünem Wasserstoff, in die nachhaltige Produktion von Stahl, in die Elektromobilität und in die energetische Sanierung von Gebäuden. Graichen mahnt auch, die Bundesregierung müsse den Deckel beim Solarausbau abschaffen und neue Solarkraftwerke ausschreiben. Auch die Windkraft müsse unterstützt werden.

Quellen / Weiterlesen

Auswirkungen der Corona-Krise auf die Klimabilanz Deutschlands | Agora Energiewende
Coronakrise: Deutschland schafft Klimaziel für 2020 | Deutsche Welle
„Hilft“ COVID-19 dem Klimaschutz? | Sonnenseite
Corona-Krise: CO2-Emissionen sinken – Warnung vor Einmaleffekt | Logistra
Corona und Winter schaffen das Klimaziel 2020 | klimareporter
„Hilft“ Covid-19 dem Klimaschutz? Corona-Krise macht CO2-Steuer und Emissionshandel unwirksam | pv magazine
Bildquelle: Pixabay
Ajaz Shah ist seit 2010 im Bereich der erneuerbaren Energien in der Projektfinanzierung und dem Projekmanagement für verschiedene Unternehmen tätig. Er arbeitete an Solar- und Windprojekten mit einer Gesamtkapazität von mehr als 50 MW in Deutschland, Spanien, Italien, Großbritannien, Tschechien und Frankreich mit. Daneben ist er freiberuflich im Online Marketing tätig. Ajaz hat zusammen mit Stephan Hiller energyload.eu im Oktober 2013 initiiert.

3 Kommentare

  1. Vorsicht! Das ist noch gar nicht ausgemacht.

    Der Wiederaufschwung wird keinerlei Rücksicht auf das Klima nehmen, ganz im Gegenteil. Unsere Neoliberalisten halten ja eh nichts von Klimaschutz.

  2. Schön zu wissen, dass es in dieser Zeit Menschen gibt, die keine schlimmeren Sorgen haben!

  3. Die Globale Erwärmung ist um Größenordnungen gefährlicher für die Menschheit als Corona. Corona ist nur kurzfristig von hoher Priorität.

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