Autonom fahrende Autos werden von vielen Kritikern mit Argwohn betrachtet – und sie scheinen jetzt recht zu bekommen. Tesla meldet den ersten tödlichen Unfall mit einem selbstfahrenden Model S. Der Wagen war bei aktiviertem Autopilot mit einem Lastzug zusammengestoßen, offenbar hatte die Kamera den weißen LKW vor dem dahinterliegenden hellen Himmel nicht wahrnehmen können. Der Unfall ereignete sich bereits Anfang Mai auf einem Highway in Florida. Die amerikanische Verkehrssicherheitsbehörde NHTSA hat Ermittlungen aufgenommen.
Statistisch gesehen sind autonome Fahrzeuge sicherer
In einer gestern veröffentlichten Erklärung von Tesla heißt es, der Lastzug habe die Straße im rechten Winkel vor dem Model S gekreuzt. Weder der Fahrer noch der Autopilot hätten die Bremse aktiviert. Daraufhin sei der Wagen seitlich auf den LKW aufgeprallt, wodurch die Windschutzscheibe zerstört wurde. Der Fahrer des Tesla, der 40-jährige Joshua Brown, überlebte nicht, der Fahrer des LKW blieb unverletzt.
Bei Tesla betonte man, dass die Elektroautos des Unternehmens bereits mehr als 200 Millionen Kilometer unfallfrei autonom zurückgelegt hätten. Dies sei der erste bekannt gewordene Todesfall in Zusammenhang mit dem Autopiloten. Im Schnitt ereigne sich in den USA alle 145 Millionen Kilometer ein Unfall mit Todesfolge. Weltweit liege diese Zahl bei 95 Millionen zurückgelegten Kilometern. Der tragische Vorfall hätte sich der Erklärung zufolge nicht ereignet, wenn sich der selbstfahrende Tesla dem Lastzug von vorn oder von hinten genähert hätte. Das Unfallvorbeugungssystem hätte dann wahrscheinlich ernste Verletzungen verhindert.
Tesla weist die Schuld von sich
Insgesamt weist Tesla in der Erklärung jegliche Schuld von sich und betont, die Software sei in der Betaphase. Fahrer würden deshalb dazu auffordern, die Hände am Lenkrad zu behalten. „Der Autopilot-Modus wird immer besser, doch er ist nicht perfekt. Fahrer müssen nach wie vor aufmerksam sein“, heißt es. Tesla-CEO Elon Musk sprach in einem Tweet von einem „tragischen Verlust“. Dem Autobauer zufolge dienen die Ermittlungen der US-Verkehrssicherheitsbehörde zunächst nur dem Zweck, die korrekte Funktion des technischen Systems festzustellen. Sollten Sicherheitsmängel bestehen, könnte dies jedoch zu einem Rückruf von bis zu 25.000 Tesla Model S aus dem Jahr 2015 führen.
Vertrauen wir der Technik zu sehr?
Autonomes Fahren wird nicht nur von Tesla als die Zukunft des Autoverkehrs betrachtet. Auch Google testet bereits selbstfahrende Autos im öffentlichen Raum, andere Autohersteller arbeiten ebenfalls an entsprechenden Lösungen. Mit dem Tesla-Autopiloten kann das Fahrzeug beispielsweise selbständig die Spur wechseln, die Geschwindigkeit regulieren oder bremsen. Der Fahrer muss jedoch jederzeit zum Eingreifen bereit sein. Einige Fahrer scheinen der Technologie jedoch blind zu vertrauen. Ein populäres Online-Video zeigt einen Mann, der offenbar ein Nickerchen hält, während sein Fahrzeug durch dichten Verkehr navigiert. In einem Tesla-Forum scherzte ein Mitglied neulich, er würde seine freien Hände während der Fahrt zum Luftgitarre-Spielen nutzen. Ein anderes Mitglied hingegen wies darauf hin, er habe bemerkt, dass die Kamera des Autopiloten bei hellem Sonnenlicht Schwierigkeiten habe, die Straßenmarkierungen zu erkennen. Das Unfallopfer Brown selbst hatte erst im April mit einem You-Tube-Video Aufsehen erregt, das eine Beinahe-Kollision mit einem sich einfädelnden LKW zeigte. Diese war damals durch den Autopiloten verhindert worden.
Obwohl die Unfallwahrscheinlichkeit mit autonomen Fahrzeugen statistisch gesehen niedriger ist als bei menschlichen Fahrern, bleibt nun abzuwarten, inwieweit dieser Unfall die Debatte um die Massentauglichkeit des autonomen Fahrens verändert.
Quellen / Weiterlesen:
Tesla: Tödlicher Unfall mit Autopilot in den USA | SPIEGEL ONLINE
Tesla driver dies in first fatal crash while using autopilot mode | The Guardian
Government regulators are looking into fatal Tesla crash involving Autopilot | TechCrunch
Bildquelle: Tesla Motors