Superkondensatoren stellen hohe Leistungsdichten bereit, lassen sich in wenigen Sekunden aufladen, halten viele Ladezyklen aus und leiden nicht unter niedrigen Temperaturen. In Windturbinen, Elektrofahrzeugen und Elektrogerät kommen sich schon zum Einsatz, um kurzzeitig viel Energie zu speichern und schnell bereitzustellen. Dank Technologiefortschritten könnten sie bald Batterien Konkurrenz machen.
Kondensatoren (Englisch= “Caps” als Abkürzung für “Capacitors”) funktionieren generell anders als Batterien. Sie speichern elektrische Energie nicht auf elektrochemischer Basis, sondern als statisches elektrisches Feld. Zwei elektrisch leitende Metallplatten sind von einem isolierenden Separator (Dielektrikum) getrennt. Schließt man eine Platte an den negativen Pol einer Batterie und die andere an den positiven Pol, baut sich zwischen den Platten ein elektrisches Feld auf. Auf einer Platte akkumulieren sich Elektronen, die bei der Entladung zurück in den Stromkreis fließen.
Die Kapazität von Kondensatoren wird in Farad (F) gemessen und gibt die maximale Energiemenge an, die ein Kondensator speichern kann. Ein Kondensator mit einer Kapazität von einem Farad kann ein Coulomb an elektrischer Ladung bei einer Spannung von einem Volt speichern. Im Vergleich zu herkömmlichen Kondensatoren haben Superkondensatoren eine viel höhere Kapazität bis zu 5.000 Farad.
Als Dielektrikum dienen in einfachen, herkömmlichen Kondensatoren nichtleitende Materialien wie Keramik oder Papier. Innerhalb der Dielektrikums polarisieren sich die Atome entgegengesetzt zum elektrischen Feld zwischen den Kondensatorplatten. Das schwächt das ursprüngliche elektrische Feld und erhöht die Kapazität des Kondensators. Dennoch bleibt die Kapazität im Pikofarad- und im niedrigen Mikrofaradbereich. Anwendung finden solche Kondensatoren beispielsweise in der Signalverarbeitung in DRAM-Geräte, um Bits darzustellen.
Superkondensatoren nutzen anders als herkömmliche Kondensatoren eine elektrochemische Doppelschicht als Dielektrikum. Die Metallelektroden sind von einem Elektrolyt umgeben. Legt man an die Platten eine Spannung an, entstehen eine positiv geladene Schicht an der Elektrodenoberfläche sowie eine Schicht aus negativ geladenen Ionen im Elektrolyt (Helmholtz-Doppelschicht), die von Wassermolekülen getrennt werden. Damit vereinen Supercaps die elektrostatische und die elektrochemische Speicherung.
Im Vergleich zu Batterien sind Superkondensatoren in der Lage, eine viel höhere elektrische Leistung pro Masseneinheit bereitzustellen. Erreichen Lithium-Ionen-Akkus eine Leistungsdichte von 1.000 W/kg, kommen Superkondensator auf bis zu 10.000 W/kg. Als Analogie bietet sich der Vergleich zwischen zwei Wasserfällen an, die eine Turbine antreiben. Je mehr Wassermasse herunterfließt, desto schnell drehen sich die Schaufeln der Turbine. Mit einem Supercap-Antrieb können beispielsweise Elektromotoren stärker beschleunigen und schneller fahren.
Weiter spricht für Superkondensatoren ihre lange Lebensdauer. Schaffen auch die leistungsstärksten Akkus lediglich um die 2.000 Lebenszyklen, halten Supercaps über 10.000 Auf- und Entladungen aus, ohne an Kapazität einzubüßen. Auch beträgt ihre Ladezeit im Vergleich zu der von Batterien nur einen Bruchteil. Beispielsweise benötigen herkömmliche Akkus von Elektroautos derzeit auch an Schnellladestationen mindestens 30 Minuten, um vollgeladen zu sein. Supercaps brauchen dagegen nur 100 bis 200 Sekunden.
Anderseits speichern Supercaps insgesamt viel weniger Energie pro Masseneinheit als Batterien. Kommen Lithium-Ionen-Akkus auf eine Energiedichte von 260 Wh/kg, sind es bei Superkondensatoren maximal 10 Wh/kg. Selbst Blei-Säure-Batterien akkumulieren mit 35 Wh/kg dreieinhalbmal so viel Energie. Praktisch heißt es, dass im Vergleich zu einer Lithium-Batterie 26-mal mehr Masse notwendig ist, um auf die gleiche Kapazität zu kommen. Anders ausgedrückt speichert ein Superkondensator bei gleichem Gewicht nur zirka 4 Prozent der Energie eines Lithium-Ionen Akkus.
Eine weitere Besonderheit von Supercaps stellt die begrenzte Spannung dar. Während elektrostatische Kondensatoren durchaus hohe Spannungen erreichen, ist bei Superkondensatoren keine Spannung über 2,7 Volt möglich, ohne die Lebensdauer erheblich zu verringern. Dennoch lassen sich Supercaps in Reihe schalten, was die Gesamtspannung, aber auch den Widerstand erhöht und die Kapazität reduziert. Die Entladekurve unterscheidet sich ebenfalls zwischen Superkondensatoren und Batterien. Letztere stellen eine konstante Spannung bereit, während bei Supercaps die Spannung mit der Zeit linear absinkt. Bei praktischen Anwendungen muss man daher sicherstellen, dass der Kondensator in der ganzen Anwendungszeit genug Spannung liefert.
Während Lithium-Ionen-Akkus schon bei einer Temperatur von 0 Grad um die 20 Prozent ihrer Leistung einbüßen, da die Ionen sich schwer im zähen Elektrolyt bewegen, lassen sich Superkondensatoren ohne Probleme bei minus 55 Grad betreiben. Auch bei Hitze haben Supercaps die Nase vorne und halten Temperaturen von bis zu 90 Grad aus. Lithium-Batterien neigen dagegen schon ab 35 Grad zum Überhitzen, was die Performance mindert. Steigt die Temperatur noch höher, können Kurzschlüsse, Brände oder Explosionen die Folge sein.
Supercaps liefern mehr Leistung pro Zeiteinheit als Batterien und halten mehr Ladezyklen aus, besitzen jedoch eine niedrigere Energiedichte und eine geringere Spannung. Aus diesem Grund ersetzen sie nicht Batterien, sondern ergänzen sie. Sie kommen dort zum Einsatz, wo viel Leistung schnell und nur für kurze Zeit notwendig ist.
Ein häufiger Anwendungsfall ist die Stabilisierung von Stromnetzen, um eine unterbrechungsfreie Stromversorgung in Gebäuden zu gewährleisten, da Batterien bei Spannungsabfällen nicht rasch genug reagieren. Beispielsweise nutzt eine Druckerei in Estland einen Superkondensator mit einer Kapazität von 600 Farad, der bei Störungen im Stromnetz bis zu 60 Kilowatt für maximal 20 Sekunden liefert. Auch in Laptops, Smartphones und Laufwerken wie Solid State Disks fungieren Supercaps als Stromreserve, damit die Geräte beispielsweise bei einem Stromausfall sich ordnungsgemäß ausschalten können oder um Spitzenströme bereitzustellen.
Bei batteriebetriebenen Transportfahrzeugen wie Robotern und bei Elektrokranen dienen Supercaps ebenfalls als Stabilisatoren, indem sie Spannungseinbrüche während der Beschleunigung kompensieren. Da sie sich schnell auf- und entladen sind sie zudem in der Lage, die Energie während des Bremsvorgangs von Elektrofahrzeugen zu speichern und wieder abzugeben.
Eine weitere Anwendung ist das sogenannte “Peak Power Shaving” bei Generatoren. Da Leistungsaufnahmekurven grundsätzlich dynamisch sind, füllen Superkondensatoren die Lücke zwischen Grund- und Spitzenlasten. Auf dieser Weise müssen Generatoren nicht überdimensioniert werden, um kurze Spitzenlasten abzudecken. In Windturbinen kommen Supercaps ebenfalls zum Einsatz, um im Falle einer Notabschaltung Strom für die Motoren zu liefern, um die Rotorblätter in oder aus dem Wind zu drehen.
Die niedrige Energiedichte im Vergleich zu herkömmlichen Akkus bleibt die entscheidende Hürde, die es zu überwinden gilt, damit Supercaps eine noch breitere Verwendung finden. Derzeit stellen Graphen und Kohlenstoff-Nanoröhrchen die zwei vielversprechendsten Materialien dar.
Graphen ist eine besondere Form von Kohlenstoff, die aus einer 2D-Schicht von Kohlenstoffatomen in einem sechseckigen Gitter besteht. Kohlenstoff-Nanoröhrchen sind dagegen zylindrische 3D-Strukturen, die aus zusammengerollten Graphen-Folien bestehen. Beide Materialien weisen eine hohe Festigkeit, einen niedrigen Widerstand und eine hohe Kapazität auf. Bereits 2015 führte der deutsch-estnische Hersteller Skeleton Technologies Superkondensatoren mit Graphen-Elektroden ein. Ihre Fertigung gilt allerdings als teuer, was einen Masseneinsatz erschwert.
Einem Team der TU München gelang 2020 ein Durchbruch bei der Suche nach geeigneten Elektromaterialien. Ihr Superkondensator mit Elektroden aus einem mikroporösen Metallrahmen (Metal Organic Framework), Graphensäure und Titan erreichte eine Energiedichte von bis zu 73 Wh/kg und damit ungefähr so viel wie eine Nickel-Metallhydrid-Batterie. Dazu schaffte der Prototyp 10.000 Zyklen und behielt dabei 90 Prozent seiner Kapazität.
Eine weitere Entdeckung meldeten MIT-Forscher 2019. Indem sie dem Elektrolyt ein Tensid hinzufügten, konnten sie die Energiedichte in Superkondensatoren erhöhen. Bei hohen Temperaturen zeigten sich die Moleküle der Flüssigkeit in der Lage, sich anzuordnen und zweischichtige Struktur zu bilden, was eine bessere Verteilung der Ionen und eine höhere Energiedichte zur Folge hatte.
Zusammen mit Skeleton Technologies ist das US-Unternehmen Maxwell Technologies marktführend in der Herstellung von Supercaps. Als Elon Musk 2019 das Unternehmen übernahm, spekulierten Insider darüber, ob Tesla künftig vorhabe, seine Elektroautos mit Supercaps statt mit Batterien auszustatten. Die Gerüchte stellten sich jedoch als unfundiert heraus. Tesla-Fahrzeuge werden auch künftig auf Lithium-Ionen-Akkus setzen. Musks Interesse galt der Technologie der trockenen Elektroden, die Maxwell bereits bei seinen Superkondensatoren anwendet.
Anderseits ist Taavi Madiberk, Geschäftsführer und Gründer von Skeleton Technologies, fest davon überzeugt, dass Superkondensatoren das Potential haben, herkömmliche Batterien in Elektroautos zu ersetzen. Sein Ziel sieht vor, eine Energiedichte von 60 Wh/kg zu erreichen. Damit würden Supercaps zumindest Blei-Säure-Batterien überflüssig machen. Um die noch hohen Kosten für die Technologie zu drücken, hat Skeleton Technologies in den vergangenen Jahren Elektroden aus sogenanntem Curved Graphene entwickelt und patentiert. Das Material, das die Nanotechnologie nutzt, ersetzt in seinen Supercaps das teure Graphen.
Trotz der Preishürde gibt es bereits Elektrofahrzeuge mit Supercaps auf dem Markt. Lamborghini präsentierte 2019 auf der IAA in Frankfurt seinen Hybrid-Sportwagen Sián mit einem 25-Kilowatt-Elektromotor. Der italienische Autohersteller verzichtete hier komplett auf einen herkömmlichen Akku und baute nur einen Superkondensator ein, der “dreimal leistungsstärker als eine Batterie mit gleichem Gewicht und dreimal leichter als eine Batterie mit gleicher Leistung” ist.
Auch in der Luftfahrt sollen Supercaps zum Einsatz kommen. Schon seit 2016 arbeitet Skeleton Technologies mit dem französischen Tech-Unternehmen “Flying Whales” an einem Schwerlast-Zeppelin, der mit einem Hybridantrieb aus Elektro- und Dieselmotoren fliegen soll. Seine Superkondensatoren liefern die Mehrleistung, die beim Heben, Be- und Entladen sowie beim Schweben benötigt wird und entlasten somit die Motoren.
Laut einem Bericht der Business Research Company soll der Markt für Superkondensatoren von 1,2 Milliarden Dollar auf 4,6 Milliarden Dollar bis 2023 wachsen. Der Siegeszug der Elektromobilität und der wachsende Bedarf an Lösungen, um Stromnetze zu stabilisieren, erzeugen eine starke Nachfrage nach robusten Speichermöglichkeiten mit einer hohen Leistungsdichten sowie schnellen Lade- und Entladezeiten. Gelingt es in den kommenden Jahren, die noch hohen Fertigungskosten zu senken und die Energiedichte zu erhöhen, könnten Supercaps sogar künftig Batterien weitgehend ersetzen.
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