Den Stromanbieter zu wechseln ist mittlerweile sehr einfach, und viele Deutsche entscheiden sich für Ökostrom. Dabei haben sie die Wahl zwischen fast 800 grünen Tarifen, die Strom aus Wind, Sonne, Wasser oder Biogas versprechen. Doch wer wirklich die Energiewende unterstützen und das Klima schützen will, sollte genau hinschauen, denn nicht jeder Ökostrom ist echter Ökostrom.
Was kostet Ökostrom?
Ökostrom ist oftmals deutlich günstiger als der Grundversorgungstarif und auch günstiger als viele konventionelle Stromtarife. Den für Sie günstigsten Tarif finden Sie in einem der Vergleichsportale, wie beispielsweise nachfolgender Vergleich von CHECK24.
In diesem Beitrag zeigen wir, warum nur echter Ökostrom gut fürs Klima ist. Wir stellen echte Ökostromanbieter vor und erklären, inwieweit Sie sich bei der Auswahl auf Zertifikate und Gütesiegel verlassen können. Folgende Fragen sollen beantwortet werden:
- Warum Ökostrom oft kein echter Ökostrom ist
- Wie Verbraucher getäuscht werden
- Was echten Ökostrom auszeichnet
- Welche Ökostromanbieter empfehlenswert sind
- Was Herkunftsnachweise und Gütesiegel aussagen
- Wie Sie ganz einfach zu echtem Ökostrom wechseln
Warum Ökostrom oft kein echter Ökostrom ist
Echter Ökostrom ist Strom von einem unabhängigen Anbieter, der ausschließlich grünen Strom anbietet und außerdem in neue Erzeugungsanlagen investiert. Denn dem Klima ist nur dann geholfen, wenn grüner Strom konventionell erzeugten Strom langfristig vom Markt verdrängt. Und das geht umso schneller, je mehr Menschen zu einem Anbieter wechseln, der echten Ökostrom verkauft.
Das trifft auf die meisten Tarife leider nicht zu! Die meisten Ökostrom-Anbieter sind in irgendeiner Form mit den vier Atomkonzernen Vattenfall, E.ON, EnBW und RWE verbandelt. Entweder sind sie direkte Tochterunternehmen dieser Konzerne, oder diese sind an den Ökostromanbietern beteiligt. Zwar besitzen auch RWE und Co. Ökostromanlagen, doch den Großteil ihres Geschäftes machen sie immer noch mit Atomkraft und Kohle und investieren weiter in diese Art der Energieerzeugung. Indirekt unterstützen Verbraucher, die zu einem dieser „unechten“ Ökostromanbieter wechseln, also genau die klimaschädliche Stromerzeugung, die sie nicht wollen.
Oft stammt in Deutschland verkaufter Ökostrom aus dem Ausland, das heißt, ein Anbieter kauft lediglich Herkunftsnachweise, erzeugt aber selbst keinen Ökostrom. Wie das geht und warum damit der Energiewende nicht geholfen ist, lesen Sie im Abschnitt Was Herkunftsnachweise und Gütesiegel aussagen.
Aktuell macht Strom aus Erneuerbaren Energien ca. 33% an der Stromerzeugung in Deutschland aus. Auf Braun- und Steinkohle entfallen immer noch 37% und selbst Kernenergie trägt mit über 11% zum Strommix bei. Die Bruttostromerzeugung im Jahr 2017 betrug in Deutschland 654 TWh.
Quelle: Wikipedia – Von Lindaholm für Strom-Report – http://strom-report.de/strom/#strommix-2017-deutschland, CC BY-SA 3.0
Wie Verbraucher getäuscht werden
Auch die konventionellen Versorger betreiben Ökostromanlagen, doch auf dem Papier wirken sie oft viel grüner, als sie sind – und das ganz legal. Jeder Stromanbieter ist dazu verpflichtet, in seiner Stromkennzeichnung den Anteil „Erneuerbare Energien gefördert nach dem EEG“ auszuweisen. Diese Zahl sagt jedoch rein gar nichts darüber aus, wieviel Ökostrom dieser Anbieter tatsächlich produziert. Sie gibt nur an, wie hoch die im Versorgungsgebiet erhobene EEG-Umlage ist, und das hängt von der Kundenstruktur des Anbieters ab. Beliefert er viele industrielle Großkunden, die von der EEG-Umlage befreit sind, sinkt der Wert, beliefert er viele Privathaushalte, die EEG-Umlage zahlen müssen, dann steigt er. So wird der Strommix eines Versorgers auf dem Papier grün, auch wenn er hauptsächlich Kohle und Atomstrom liefert – so will es der Gesetzgeber.
Der Grund für diese verwirrenden Angaben ist ein altes Gesetz, das den Stromkunden aufzeigen sollte, wie sie über die EEG-Umlage die Energiewende mitfinanzieren. Dieses Gesetz ist mittlerweile unnötig geworden. Umweltschützer und Ökostromanbieter fordern seit Jahren eine Änderung und ein Ende der Verbrauchertäuschung.
Denn die wahren Ökostromanteile der konventionellen Versorger sind oft viel niedriger: Der Ökostromanbieter LichtBlick hat Anfang 2018 in einer Untersuchung für 50 deutsche Energieversorger den wahren Anteil von Ökostrom sowie den wahren CO2-Ausstoß bei der Stromerzeugung berechnet. Das Ergebnis: Die meisten Anbieter liefern deutlich mehr Kohlestrom, als sie in der gesetzlichen Stromkennzeichnung angeben müssen. Der tatsächliche Ökostromanteil liegt teilweise im einstelligen Prozentbereich, während dank des „virtuellen“ EEG-Ökostroms Werte von 50 Prozent und mehr angegeben wurden.
Quelle: Deutschlands dreckige Stromanbieter | LichtBlick
Was zeichnet echten Ökostrom aus
Es gibt keine verbindliche Definition, was echter Ökostrom ist. Jedoch ergeben sich aus der Vielzahl der Kriterien und Definitionen vier Merkmale für echten Ökostrom. Echter Ökostrom erfüllt folgende Kriterien:
- Der Anbieter verkauft 100 Prozent Ökostrom aus möglichst neuen Anlagen.
- Der Anbieter ist komplett unabhängig von den vier großen Atomkonzernen Vattenfall, E.ON, EnBW und RWE.
- Der Ökostromanbieter investiert in neue Erzeugungsanlagen für erneuerbare Energien.
- Der Anbieter verfügt über einen anerkannten Herkunftsnachweis bzw. ein anerkanntes Gütesiegel (siehe Abschnitt Was Herkunftsnachweise und Gütesiegel aussagen).
Zur Erzeugung von Ökostrom werden nur regenerative Energiequellen genutzt, bei deren Umwandlung in Strom keine umweltschädlichen Stoffe freigesetzt werden. Ökostrom macht nur dann Sinn, wenn dadurch Strom aus konventioneller Erzeugung, beispielsweise Atomstrom oder Braunkohleverstromung, substituiert wird. Insofern sollten echte Ökostromanbieter umfassend in neue Stromerzeugungsanlagen investieren, damit die alten konventionellen Stromerzeugungsanlagen abgeschaltet werden können.
Welche Ökostromanbieter sind empfehlenswert
Echter Ökostrom kommt in Deutschland von einer ganzen Reihe unabhängiger Anbieter. Neben den seit Jahren am Markt etablierten Anbietern EWS Schönau, LichtBlick, Naturstrom und Greenpeace Energy gibt es weitere empfehlenswerte Anbieter, wie Polarstern, MANN Naturenergie, Ökostrom+, Die Bürgerwerke, prokon, Grünstromwerk und Green City. Die Liste bietet eine Auswahl, ist aber nicht vollständig. Hierbei haben wir uns auf Anbieter konzentriert, die bundesweit Ökostrom anbieten. Es gibt allerdings auch eine Vielzahl von empfehlenswerten regionalen Ökostromanbietern, wie beispielsweise die Regionah Energie GmbH aus Munderkingen.
Bei der Wahl eines Anbieters helfen Gütesiegel, die wir im Abschnitt Was Herkunftsnachweise und Gütesiegel aussagen näher erklären. Auch Vergleichsportale bieten Ihnen einen guten Anhaltspunkt.
Aber auch die Kosten für Ökostrom spielen natürlich eine Rolle der Wahl des „besten“ Ökostromanbieters. Einen einfachen Ökostromtarifvergleich der hier vorgestellten Anbieter finden Sie ebenfalls nachfolgend.
EWS Schönau
Die aus der Anti-AKW-Bewegung hervorgegangene Genossenschaft aus dem Schwarzwald verkauft 100 Prozent Ökostrom und hat schon 2.600 bürgereigene „Rebellenkraftwerke“ ermöglicht. Mindestens 70 Prozent des Stroms kommt aus Neuanlagen. Über den Sonnencent fördern alle Tarife ökologische Projekte. Die EWS Schönau wird laut eignen Aussagen auf ihrer Webseite von Campact und verschiedenen Umweltorganisationen empfohlen. Weitere Informationen zur EWS Schönau finden Sie auf der Internetseite >>>
LichtBlick
Das Hamburger Unternehmen LichtBlick gehört zu den größten unabhängigen Ökostromanbietern und verkauft 100 Prozent Ökostrom, hauptsächlich aus deutscher Wasserkraft. LichtBlick schützt gemeinsam mit GEO den Regenwald in Ecuador und stellt monatlich für jeden Kunden mindestens einen Quadratmeter unter Schutz. Außerdem ist LichtBlick Partner des WWF mit dem Ziel, die Energiewende zu beschleunigen. Mit dem Konzept SchwarmEnergie entwickelt der Energieversorger Lösungen für eine dezentrale Energieversorgung. LichtBlick hat mehr als eine Million Kunden und wurde mehrfach ausgezeichnet. Die Internetseite von LichtBlick finden Sie hier >>>
Naturstrom
Echter Ökostrom kommt auch von der Naturstrom AG, einem der ältesten unabhängigen Anbieter. Der verkaufte Strom stammt aus deutschen Wind- und Wasserkraftwerken. Ein fester Betrag je Kilowattstunde fließt in den Ausbau der Erneuerbaren Energien, und Naturstrom betreibt inzwischen einen eigenen nachhaltigen Kraftwerkspark mit einer Jahresproduktion von über 100 Gigawattstunden. Außerdem fördert Naturstrom Mieterstrom und Bürgerenergie. Die Produkte des Anbieters wurden vielfach ausgezeichnet und werden von Umweltverbänden empfohlen: Der NABU und der BUND nutzen Naturstrom. Den Internetauftritt von Naturstrom finden Sie hier >>>
Greenpeace Energy
Greenpeace Energy verkauft 100 Prozent Ökostrom aus Wind- und Wasserkraft in Deutschland und Österreich. Der Anbieter wählt seine Lieferanten selbst aus und achtet darauf, dass diese nicht mit Kohle- oder Atomkonzernen verbunden sind. Alle Lieferanten werden außerdem unter Angabe der Energiequellen veröffentlicht. Greenpeace Energy baut eigene Ökostromanlagen und will langfristig alle Kunden aus eigener Erzeugung versorgen. Der Anbieter setzt sich auch politisch für die Energiewende ein und bietet Kunden die Möglichkeit, über den Tarif Solarstrom Plus diese Arbeit sowie den Bau von Solaranlagen in Braunkohlerevieren zu unterstützen. Greenpeace Energy wird vom BUND und Robin Wood empfohlen. Auch PETA, die Albert-Schweitzer-Stiftung und Ärzte gegen Tierversuche empfehlen diesen Anbieter, weil er Ökogas ohne die Nutzung von tierischen Nebenprodukten anbietet.
Die Bürgerwerke
Update vom 13.07.2020 – weitere Infos
Dieser Ökostromanbieter ist ein Zusammenschluss von über 90 Bürgerenergie-Genossenschaften, die seit 2013 grünen Strom aus regionaler Erzeugung bündeln. Die Bürgerwerke bieten Strom aus Sonne, Wind und Wasserkraft und BürgerÖkogas aus organischen Reststoffen der Zuckerrübenverarbeitung an. So bringen sie die „Energiewende von unten“ voran uns setzen sich für eine regionale und unabhängige Versorgung mit Ökostrom ein. Alle Erzeugungsanlagen sind auf der Website der Bürgerwerke einsehbar. Der restliche Strom kommt aus einem bayrischen Wasserkraftwerk. Die Gewinne investieren die Energiegenossenschaften wieder in regionale Energiewendeprojekte. Die Bürgerwerke werden von Robin Wood empfohlen und wurden mehrfach ausgezeichnet. Zur Webseite der Bürgerwerke kommen Sie hier >>>
Polarstern
Auch Polarstern ist ein neuerer Anbieter, der mit „Wirklich Ökostrom“ Wasserkraft aus einem Kraftwerk bei Rosenheim verkauft. Dort werden jährlich etwa 204 Gigawattstunden Strom erzeugt, genug für 58.000 private Haushalte. Polarstern bietet auch Ökogas aus 100 Prozent organischen Reststoffen an sowie Tarife für Elektroautos, die Nachspeicherheizung oder die Wärmepumpe, einen speziellen Nachttarif und mit „Wirklich Eigenstrom“ ein Community-Modell für Hausbesitzer mit Solaranlage und Speicher. Der Anbieter investiert in neue Energiewende-Projekte und unterstützt Familien in Kambodscha beim Bau einer eigenen Mikrobiogasanlage. Polarstern ist als erster Energieversorger ein Unternehmen der Gemeinwohl-Ökonomie (GWÖ) und wird von Robin Wood empfohlen.
MANN Strom
Mann Strom ist ein Produkt von Mann Naturenergie und stammt zu 100 Prozent aus erneuerbaren Quellen. Dabei legt MANN großen Wert auf regionale Erzeugung und fördert Ökostromanlagen. Über den „MANN Cent“-Tarif können Kunden aktiv zur Förderung und zum Ausbau von Erneuerbaren Energien beitragen. MANN errichtet auch Ladesäulen für Elektrofahrzeuge und beliefert sie mit grünem Strom. MANN Strom unterstützt soziale Projekte und wird ebenfalls von Robin Wood empfohlen. Zum Webauftritt von MANN Strom kommen Sie hier >>>
Grünstromwerk
Grünstromwerk bietet Ökostrom aus der Region. Das heißt, der Strom wird direkt bei einem lokalen Wind- oder Solarstromerzeuger eingekauft und so Bürgerkraftwerke und Bürgerenergiegesellschaften vor Ort gefördert und gestärkt. Der Reststrom stammt aus deutscher Wasserkraft. Daneben ist die Versorgung mit Direktstrom möglich, der dann direkt von einer Solaranlage auf dem Dach oder einem Blockheizkraftwerk im Keller kommt. Allerdings bietet Grünstromwerk nicht bundesweit Ökostrom an, sondern nur in bestimmten Regionen. Seit 2015 ist Grünstromwerk eine 100-prozentige Tochter der Naturstrom AG, welche bundesweite Tarife anbietet. Die Internetseite von Grünstromwerk finden Sie hier >>>
Ökostrom+
Dieser Anbieter ist ein Gemeinschaftsprojekt der EWS Schönau, der Klimaschutz+ Stiftung und der Klimaschutz+ Energiegenossenschaft. Alle drei Organisationen sind aus Bürgerinitiativen hervorgegangen. Ökostrom+ steht für 100 Prozent Ökostrom mit mindestens 70 Prozent Strom aus Neuanlagen. Kunden fördern über Ökostrom+ den Bau neuer Ökostromkraftwerke in Bürgerhand. Hier geht es zur Internetseite von Ökostrom+ >>>
prokon
Die Prokon Regenerative Energien eG ist eine der größten deutschen Energie-Genossenschaften. prokon ist ein Entwickler und Betreiber von Windparks und seit 2013 auch als Energieversorger am Markt. Aktuell betreibt prokon rund 350 eigene Windkraftanlagen, die pro Jahr im Schnitt 230.000 Drei-Personen-Haushalte versorgen können. prokon verpflichtet sich dabei, mindestens so viel Strom einzuspeisen, wie die eigenen Kunden verbrauchen. Weitere Informationen finden Sie auf der Internetseite von prokon >>>
prokon wurde 1995 als GmbH gegründete und bot ab 1998 verschiedene Formen von Kapitalanlagen an. 2014 kam es zur Insolvenz, was zu einer großen öffentlichen Aufmerksamkeit führte. Insgesamt wurden 1,45 Mrd. € Fremdkapital eingeworben. Im Juli 2015 erfolgte die Umwandlung in eine Genossenschaft. Es scheint so, dass das Geschäftsmodell von prokon mittlerweile solide ist und neuerliche Verwerfungen nicht zu erwarten sind.
Green City Power
Green City Power gehört zur Green City-Familie bestehend aus der Umweltorganisation Green City e.V. und der Green City AG. Das gemeinsame Ziel ist es, Städte lebenswerter zu gestalten und die Energiewende voranzutreiben. Das gesamte Unternehmen ist als „Wegbereiter der Energiewende“ vom TÜV Süd zertifiziert, baut jedes Jahr neue regenerative Kraftwerke und liefert Ökostrom an Privat- und Geschäftskunden im gesamten Bundesgebiet. Zwei unternehmenseigene Windkraftanlagen in Bayern und im Saarland sowie bayerische Wasserkraftanlagen decken dabei bis zu 30 Prozent des gelieferten Stroms ab. Hier finden Sie weitere Informationen zu Green City Power >>>
Ökostromtarife im Vergleich
Wir haben einen einfachen Kostenvergleich der o.g. Anbieter von echtem Ökostrom mit folgenden Prämissen gemacht:
- Jahresverbrauch von 3.000 kWh (entspricht einem 3-Personen-Haushalt) für einen Privathaushalt
- Postleitzahl 10719 Berlin
- Es wurden keine Wechselprämien oder ähnliches berücksichtigt
- Wenn mehrere Tarife für Ökostrom angeboten werden, wurde der Preisgünstigste in den Vergleich aufgenommen
- Grünstromwerk wurde nicht berücksichtigt, da der Ökostrom nicht bundesweit angeboten wird
- Datum der Abfrage: 26.10.2018
Die Ergebnisse des Ökostromvergleichs haben wir in nachfolgender Tabelle zusammengefasst:
Grundpreis
€ pro Monat |
Arbeitspreis
ct pro kWh |
Summe | |
prokon | 6,68 | 26,20 | 866,16 |
EWS Schönau | 8,95 | 25,95 | 885,90 |
Ökostrom+ | 8,95 | 25,95 | 885,90 |
MANN Strom | 8,90 | 26,35 | 897,30 |
Green City | 8,80 | 26,80 | 909,60 |
Bürgerwerke | 8,90 | 27,00 | 916,80 |
Greenpeace Energy | 8,90 | 27,10 | 919,80 |
Naturstrom | 8,90 | 27,75 | 939,30 |
LichtBlick | 8,95 | 27,99 | 947,10 |
Polarstern | 9,60 | 28,26 | 963,00 |
Mittelwert | 8,75 | 26,94 | 913,09 |
Ihr individueller Stromtarif und die jährlichen Kosten für den Ökostrom hängen von diversen Faktoren ab. Daher sollten Sie Ihren persönlichen Tarif individuell berechnen, entweder auf den Webseiten der Anbieter, die alle auch einen Tarifrechner anbieten, oder auf dem Vergleichsportal von CHECK24. Wenn Sie auf die Links zu den Anbietern in der Tabelle klicken, dann gelangen Sie direkt zu der entsprechenden (Unter-) Seite mit den Vergleichsrechnern bzw. den Details zu den Ökstromtarifen.
Welche Erfahrungen haben Sie mit Ökostrom gemacht? Kenne Sie empfehlenswerte Anbieter? Geben Sie uns einen Hinweis in den Kommentaren oder schicken Sie uns eine Mail >>>
Echter Ökostrom von Stadtwerken?
Neben den großen Energiekonzernen haben auch viele Stadtwerke grüne Tarife im Angebot, doch bei der Bewertung sollte man genau hinschauen. An vielen Stadtwerken sind die vier großen Energieversorger beteiligt oder sie investieren neben Ökostrom auch in Kohle. Ökostrom von Stadtwerken kann empfehlenswert sein, muss aber nicht.
Empfehlenswert sind beispielsweise die Ökostromangebote der Stadtwerke Stuttgart. Auch Hamburg Energie erscheint sehr gut aufgestellt. Einerseits wird nicht mit Strom aus fossilen Brennstoffen gehandelt und andererseits werden diverse innovative Projekte, wie beispielsweise Mieterstrom-Projekte, umgesetzt. Beide Anbieter sind vollständig in kommunaler Hand und haben keine Verflechtungen zu den Atomkonzernen.
Wenig empfehlenswert sind die Ökostromangebote der Stadtwerke Düsseldorf und von Vattenfall Berlin. Die Stadtwerke Düsseldorf gehören mehrheitlich zu EnBW und Vattenfall Berlin ist ein 100-prozentiges Tochterunternehmen von Vattenfall AB.
Was Herkunftsnachweise und Gütesiegel aussagen
Lässt sich echter Ökostrom an Herkunftsnachweisen und Gütesiegeln erkennen? Herkunftsnachweise und Gütesiegel sind nicht dasselbe.
Herkunftsnachweise sind Zertifikate, die die Herkunft und Zusammensetzung des grünen Stroms belegen. Sie können vom tatsächlich gelieferten Strom abgekoppelt und separat gehandelt werden, und das EU-weit.
Der Haken dabei: Ein deutscher Erzeuger von Kohlestrom kann diesen über den Kauf von Herkunftsnachweisen zu Ökostrom „umetikettieren“. Dazu kann er beispielsweise einem norwegischen Wasserstromanbieter dessen Herkunftsnachweise abkaufen. Dieser darf seinen Strom dann zwar nicht mehr als Ökostrom verkaufen, doch ins norwegische Stromnetz fließt trotzdem grüner Wasserstrom. Der deutsche Anbieter speist weiter Kohlestrom ins Stromnetz ein, nur dass er den jetzt als Ökostrom verkaufen darf. Wer als Stromkunde solchen Strom kauft, kann sich zwar sicher sein, dass die gekaufte Menge Grünstrom irgendwo erzeugt und in den großen Stromsee eingespeist wurde. Der Energiewende hilft das allerdings nicht, denn die Anlagen existieren sowieso, sind meist alt und tragen nichts mehr zur Energiewende bei. Außerdem unterstützen Stromkunden mit solchem Strom unter Umständen indirekt die fossile Energieerzeugung.
Gütesiegel stehen hingegen für echten Ökostrom. Es gibt eine Handvoll Siegel mit strengen Kriterien, die vom Anbieter den Ausbau der Erneuerbaren Energien verlangen. Die bekanntesten Siegel sind:
Doch Vorsicht: Nicht jeder Ökostromanbieter entscheidet sich für eine Zertifizierung, da es die Siegel nicht umsonst gibt. Manche kosten den Anbieter eine Pauschale, andere verlangen einen bestimmten Anteil des Gewinns pro Kilowattstunde. Hat ein Stromanbieter kein Siegel, heißt das also nicht automatisch, dass sein Strom kein echter Ökostrom ist! Hat er allerdings eins, dann ist das auf jeden Fall aussagekräftig.
Label „Grüner Strom“
Die Kriterien bei diesem Label sind sehr streng: Es wird nicht für Tarife von Unternehmen erteilt, die an Atomkraftwerken beteiligt sind oder neue Beteiligungen erwerben. Neben der Herkunft des verkauften Stroms muss der Versorger auch die zugrunde liegende Strommenge nachweisen. Das Label schreibt einen verbrauchsabhängigen Mindestanteil vor, der wieder investiert werden muss. Beim Bau neuer Erzeugungsanlagen muss der Anbieter bestimmte Umweltkriterien beachten.
Hinter dem Label stehen unter anderem die großen Umweltverbände BUND und NABU. Das Grüner Strom-Siegel tragen zum Beispiel die Tarife der Anbieter Naturstrom, MANN Strom, Polarstern und Die Bürgerwerke. Das Siegel muss alle zwei Jahre erneuert werden.
Label „ok-power“
Ebenfalls sehr streng sind die Kriterien des ok power-Siegels. Hier wird besonders genau darauf geachtet, wie der grüne Strom erzeugt wird. Strom aus Deponiegas ist ausgeschlossen, genauso wie aus Windkraftanlagen in Naturschutzgebieten.
Die Kriterien sind:
- Der Strom muss zu 100 Prozent aus erneuerbaren Quellen stammen. Das sind Wasserkraft, Biomasse, Photovoltaik, Windkraft, Geothermie und Klärgas.
- Der Anbieter muss einen Beitrag zur Beschleunigung der Energiewende bzw. zur Integration erneuerbarer Energien ins Versorgungssystem leisten – zusätzlich zur staatlichen Förderung. Hier gelten je nach Zertifizierungsmodell unterschiedliche Kriterien.
- Der Ökostromanbieter darf nicht an Atomkraftwerken, Braunkohlekraftwerken und neuen Steinkohlekraftwerken beteiligt sein.
- Die Vertragsbedingungen müssen fair und transparent sein. Dazu gehört, dass keine Mindestabnahmemengen vorgegeben werden und keine Vorkasse geleistet werden muss.
Zertifizierungsmodelle von OK-power
Ok-power hat drei Zertifizierungsmodelle mit unterschiedlichen Kriterien:
Beim Innovationsfördermodell zahlt der Ökostromanbieter für jede an Kunden verkaufte Kilowattstunde einen Förderbeitrag von 0,3 Cent in einen unternehmensinternen „Innovationsfonds“ ein. Das Geld fließt dann in Technologien und Geschäftsmodelle, die die Energiewende voranbringen. Dabei geht es vor allem um neue Projekte, die für die Energiewende nötig sind, aber noch nicht wirtschaftlich umgesetzt werden können. Beispiele sind Projekte im Bereich Energieeffizienz, Speichertechnologien und Demand-Side-Management, Ökostrom bei der Elektromobilität, intelligente Steuerung von Erzeugungsanlagen und Bildungsmaßnahmen im Bereich Energiewende.
Beim Initiierungsmodell soll die Stromerzeugung mit Erneuerbaren Energien beschleunigt werden. Das heißt, der Anbieter muss den Bau neuer Anlagen initiieren und nachweisen, dass 50 Prozent der an Neukunden abgesetzten Strommenge durch neu initiierte Anlagen innerhalb von 5 Jahren erzeugt und eingespeist wird. Zusätzlich muss der Anbieter dafür sorgen, dass jedes Jahr neue Erzeugungsanlagen initiiert werden, die Strom in Höhe von 4 Prozent des Stromverbrauchs der Bestandskunden erzeugen. So werden die Anlagen im Turnus von 25 Jahren erneuert und an den aktuellen Stand der Technik angepasst.
Das Händlermodell soll Impulse für einen beschleunigten Ausbau von EE-Anlagen auf europäischer Ebene setzen. Das heißt, der Anbieter muss mindestens ein Drittel des Stroms aus Anlagen liefern, die maximal 6 Jahre alt sind. Ein weiteres Drittel muss aus Anlagen stammen, die maximal 12 Jahre alt sind. Eine Doppelförderung ist in der Regel ausgeschlossen, die Anlagen dürften nicht durch das EEG oder vergleichbare Mechanismen im Ausland förderfähig sein.
Nach welchem der drei Zertifizierungsmodelle der Ökostromanbieter zertifiziert ist, ist für den Stromkunden normalerweise nicht relevant. Achten können Verbraucher aber auf das Siegel ok-power-plus: Es wird ausschließlich an Anbieter vergeben, die ihren gesamten Stromabsatz nach ok-power zertifizieren lassen. Es ist also ein Siegel für den gesamten Anbieter, während das ok-power-Siegel auch für einzelne Ökostromtarife vergeben wird.
Hinter ok power steht der gemeinnützige Verein EnergieVision, der vom WWF, dem Öko-Institut und der Verbraucher-Zentrale NRW gegründet wurde. Das Siegel ok-power-plus tragen zum Beispiel die Anbieter Greenpeace Energy und prokon. Es ist ein Jahr gültig.
TÜV Süd: EE01 und EE02
Der TÜV Süd hat zwei verschiedene Siegel entwickelt, die Label EE01 und EE02. Beide verlangen eine 100-prozentige Versorgung mit Ökostrom mit Herkunftsnachweis.
Beim Label EE01 müssen zusätzlich mindestens 30 Prozent der Liefermenge aus neuen Kraftwerken stammen. Alternativ ist eine Fondsabgabe zum Bau von neuen Anlagen möglich bzw. für Forschung und Entwicklung von Speichertechnologien. Als dritte Option kann der Anbieter einen festgelegten Ökostrom-Mix einhalten. Preisaufschläge für Ökostrom muss der Anbieter zu mindestens 75 Prozent in den Ausbau Erneuerbarer Energien investieren. Das Siegel zielt auf den Neubau von EE-Anlagen ab.
Auch beim Label EE02 müssen 75 Prozent des Preisaufschlags wieder in die Förderung erneuerbarer Energien investiert werden. Zusätzlich gilt: Der Ökostrom muss zur gleichen Zeit eingespeist werden, wie Kunden ihn verbrauchen. Dazu müssen sich Anbieter und Verbraucher im gleichen Verbundnetz befinden.
Bei der Siegelvergabe betrachtet der TÜV Süd nicht nur einzelne Produkte, sondern die gesamte Unternehmensausrichtung. Das Unternehmen muss das Ziel verfolgen, den Anteil Erneuerbarer Energien am Gesamtmix des Unternehmens zu steigern. Der TÜV Süd vergibt außerdem die Zertifizierung „Energiewendeunternehmen“ an Unternehmen, die sich besonders stark engagieren. Das heißt: Sie handeln mit einem überdurchschnittlichen Anteil an Erneuerbaren, erhöhen deren Anteil, senken den Rohstoff- und Energieverbrauch und tragen zur Flexibilisierung des Energieversorgungssystems bei. Alle drei Siegel sind ein Jahr gültig.
Kritik am Siegel EE 01
Beim Label EE 01 gehen die Meinungen auseinander, zum Beispiel wird kritisiert, dass Stromanbieter unter diesem Label auch einfach nur Herkunftsnachweise kaufen könnten.
TÜV Nord: „Geprüfter Ökostrom“
Auch dieses Siegel verlangt eine 100 Prozent-Versorgung mit Ökostrom. Ein Drittel des Stroms muss aus Anlagen stammen, die nicht älter als 6 Jahre sind. Alternativ kann der Stromanbieter zwischen 0,1 bis 0,25 Cent je verkaufter Kilowattstunde in den Bau neuer Ökostromanlagen investieren.
Kritik am Siegel des TÜV Nord
Am diesem Siegel wird kritisiert, dass Anbieter mit diesem Siegel theoretisch auch Atomstrom und Kohlestrom im Angebot haben könnten, da es sich immer nur auf einen einzelnen Stromtarif bezieht. Die Siegel Grüner Strom und ok-power werden dagegen nur an Anbieter vergeben, die ausschließlich Ökostrom verkaufen.
Das Siegel des TÜV NORD tragen zum Beispiel die Anbieter EWS Schönau, LichtBlick, Naturstrom, Greenpeace Energy, Die Bürgerwerke, Polarstern, prokon und Grünstromwerk. Das Siegel ist ein Jahr gültig.
Fazit zu Gütesiegeln für Ökostrom
Gütesiegel bieten durchaus eine Orientierungshilfe, doch wie gesagt: Hat ein Anbieter nicht das strengste Siegel oder gar keins, kann er trotzdem ein hochwertiges Ökostromprodukt verkaufen. Eine gute Orientierung ist auch die Ökostromliste von EcoTopTen, der Internetplattform des Freiburger Öko-Instituts. Dort werden nur Ökotarife empfohlen, die einen zusätzlichen Umweltnutzen bringen und zum Bau von Neuanlagen beitragen, die anspruchsvollen ökologischen Mindeststandards genügen. Eine weitere Übersicht bietet Ihnen ÖKO-TEST, die 29 Ökostromtarife getestet haben. Auch unser Übersicht der empfehlenswerten Ökostromanbieter bietet Ihnen eine gute Übersicht.
Wie Sie ganz einfach zu echtem Ökostrom wechseln
Wenn Sie sich einmal für einen Anbieter entschieden haben, ist der Wechsel kinderleicht. Viele haben immer noch Angst, dass beim Wechsel plötzlich das Licht ausgehen könnte. Doch das passiert garantiert nie, denn im Falle eines Falles springt immer der örtliche Grundversorger ein. Die Stromversorgung wird also nie unterbrochen. Und obwohl das manche immer noch glauben: Teurer als herkömmlicher Strom ist echter Ökostrom nicht, oft ist er sogar günstiger als der örtliche Grundtarif! Und viel Papierkram muss auch niemand fürchten, denn den übernimmt in der Regel der neue Anbieter. Dieser braucht von Ihnen neben Ihrer Anschrift nur den ungefähren Jahresstromverbrauch (steht auf der alten Stromrechnung), die Zählernummer, den aktuellen Anbieter und die Kundennummer. Die Daten können oft direkt online eingegeben werden. Anschließend kümmert sich der neue Stromanbieter um die Kündigung und alle Formalitäten.
Den für Sie richtigen Ökostromanbieter und Ökostromtarif finden Sie am einfachsten über eines der Vergleichsportale, wie beispielsweise CHECK24.
Fazit: Der Wechsel zu einem Ökostromanbieter ist in wenigen Minuten erledigt und oft nicht teurer. Echter Ökostrom ist damit eine einfache Möglichkeit für jeden, etwas für die Energiewende und den Klimaschutz zu tun. Doch auch mit Ökostrom gilt: Die umweltfreundlichste Kilowattstunde ist die, die gar nicht erst verbraucht wird.
Welche Erfahrungen haben Sie mit Ökostrom gemacht? Kenne Sie empfehlenswerte Anbieter? Geben Sie uns einen Hinweis in den Kommentaren oder schicken Sie uns eine Mail >>>
Update vom 13.07.2020 zur Bürgerwerke eG
Dieser Absatz wurde am 13.07.2020 nach Hinweis der Bürgerwerke eG aktualisiert.
Quellen / Weiterlesen Ökostromanbieter: Bildquelle oben: Pixabay
So klimaschädlich ist Ihr Stromanbieter | Spiegel Online
CO2 sparen mit echtem Ökostrom | co2online
Was ist echter Ökostrom? | Handelsblatt
29 Öko-Stromtarife im Test | Öko Test
Zertifizierungskriterien | ok-power
Ökostrom-Zertifizierung für Stromanbieter | TÜV Süd
Verbraucher-Täuschung: Versorger kritisieren Strom-Kennzeichnung | IWR
Der umweltverträglichste Strom ist derjenige, der gar nicht erst verbraucht wird | EcoTopTen
Polarstern GmbH | Webseite
NATURSTROM AG | Webseite
Greenpeace Energy eG | Webseite
LichtBlick SE | Webseite
MANN Naturenergie GmbH & Co. KG | Webseite
Grünstromwerk Vertriebs GmbH | Webseite
Klimaschutz+ Energiegenossenschaft eG | Webseite
PROKON Regenerative Energien eG | Webseite
Bürgerwerke eG | Webseite
Green City Power GmbH | Webseite
Anlässlich der Meldung, dass der Berliner Dom nur noch echten Ökostrom von artgerecht gehaltenen Kraftwerken verbraucht,
https://energyload.eu/energiewende/deutschland/naturstrom-berliner-dom-oekostrom/
habe ich mir mal den Spaß gemacht, dort nachzufragen:
„Sehr geehrte Damen und Herren,
auf Ihrer Website habe ich gelesen, dass der Berliner Dom mit Ökostrom beliefert wird.
https://www.naturstrom.de/ueber-uns/presse/news-detail/der-berliner-dom-wird-gruen/
Wie wurde das konkret realisiert? Also wie wird der Strom aus den Wasserkraftwerken in Deutschland und Österreich am bösen Strom vorbei in den Berliner Dom geleitet?
Mit freundlichem Gruß
[…]“
Ich erhielt darauf zunächst folgende Antwort (E-Mail vom 25. Oktober 2016, 10:54 Uhr):
„Sehr geehrter Herr […],
ich habe Ihre Anfrage an die Pressestelle der Firma Naturstrom weitergeleitet. Mir fehlt für eine Antwort leider das ganz genaue Faktenwissen über die technischen Transportwege von ökologischem Strom.
Mit freundlichen Grüßen
Svenja Pelzel
Pressesprecherin“
Am 8. November 2016 erhielt ich um 16:35 Uhr eine E-Mail mit folgendem Inhalt:
„Sehr geehrter Herr […],
die Kollegen vom Berliner Dom hatten mir Ihre Mail weitergeleitet. Zwischenzeitlich war ich […] und soweit ich bisher weiß, ist Ihre Frage währenddessen nicht beantwortet worden. Das hole ich nun gerne nach.
Im Strommarkt muss man die physikalische von der Handelseben unterscheiden. Physikalisch nutzt der Verbraucher immer den gleichen Strom, unabhängig vom Anbieter oder Tarif. Gleichwohl können Strommengen, die in Kraftwerken erzeugt werden, gehandelt werden. Dadurch ist es bspw. möglich, zu einem Anbieter zu wechseln, der ausschließlich Strom aus Erneuerbaren Energien ein- und an seine Kunden weiterverkauft. Die Sinnhaftigkeit eines Ökostromtarifs für die Energiewende und den Klimaschutz liegt allerdings größtenteils in einem anderen Aspekt, nämlich im ‚Zubau-Effekt‘ des Tarifs. Heißt in unserem Fall: Pro an den Kunden gelieferter Kilowattstunde stecken wir (bei Privatkunden) 1 Cent in neue Ökostromanlagen. (Bei Gewerbekunden fällt dieser Förderbetrag niedriger aus.) Dadurch wird gewährleistet, dass sich durch den Wechsel des Kunden zu Ökostrom auch tatsächlich etwas in der energiewirtschaftlichen Realität ändert.
Soweit in aller Kürze – zu dem Thema ließe sich seitenlang referieren. Eine etwas detailliertere Erklärung können Sie bei Interesse in unserem Blog nachlesen: http://blog.naturstrom.de/energiewende/service-woher-kommt-mein-strom-perspektiven-jenseits-der-steckdose/
Ich hoffe, die Erläuterungen helfen Ihnen weiter.
Mit besten Grüßen
Tim Loppe
_____________________________________
Dr. Tim Loppe
Pressesprecher / Leiter Presse & Medien“
Darauf habe ich natürlich geantwortet – nicht zuletzt auch wegen dem Hinweis „zu dem Thema ließe sich seitenlang referieren“, den man als Schüler in einem Aufsatz übrigens tunlichst vermeiden sollte:
„Sehr geehrter Herr Dr. Loppe,
vielen Dank für die Beantwortung meine Frage an die Pressesprecherin des Berliner Doms.
Ich entnehme dieser Antwort, dass es sich bei der einleitenden Aussage der Pressemitteilung des Berliner Doms,
‚Zum 1. Oktober 2016 steigt der Berliner Dom zu 100% auf Ökostrom der Naturstrom AG um. Damit spart das Haus gegenüber dem Vorjahr 105 Tonnen CO²‘,
um die Unwahrheit – oder weniger zurückhaltend, um eine Lüge – handelt. Denn wie Sie nachvollziehbar erklären, hat sich durch den Wechsel des Rechnungsausstellers am physikalischen Strombezug überhaupt nichts geändert – und somit natürlich auch nicht am verursachten CO2-Ausstoß.
Die Verbreitung einer solchen Unwahrheit durch eine kirchliche Einrichtung erschüttert mich durchaus zutiefst.
Wie Sie weiter ausführen, kauft die Naturstrom AG sozusagen Handelsrechte an erzeugtem Strom aus Wasserkraftwerken, um diese anschließend bei ihren Kunden zu vermarkten. Der erzeugte Strom wird davon aber physikalisch gar nicht betroffen und noch immer am Erzeugungsort in das Stromnetz eingespeist. Er wird dort aber nicht mehr als solcher berücksichtigt, so dass am Standort des Wasserkraftwerks der Ökostromanteil am offiziellen Strommix entsprechend sinkt. Die Bürger vor Ort haben somit also die Belastungen durch das Kraftwerk – beziehen aber gleichzeitig offiziell keinen sauberen Strom von dort.
Am deutlichsten kann man die Auswirkungen dieser Trickserei am Beispiel von Norwegen erkennen. Dort werden 98 % des erzeugten Stroms aus erneuerbaren Energien (insbesondere Wasserkraft) erzeugt und lediglich 2 % aus fossilen Energieträgern. Strom aus Kernenergienutzung wird in Norwegen gar nicht erzeugt. Durch den Lizenzhandel unterscheidet sich der offizielle Strommix davon aber inzwischen erheblich. 2015 stammten demnach 57 % des Stroms aus fossilen Energieträgern, 31 % aus Kernenergie und lediglich 12 % aus erneuerbaren Energien:
https://www.nve.no/energy-market-and-regulation/retail-market/electricity-disclosure-2015/
Die Stromkunden in Norwegen werden somit also (auf dem Papier) zu Klimaschädigern gemacht, damit sich Stromkunden in anderen Ländern durch den vermeintlichen Erwerb von Ökostrom ein gutes Gewissen kaufen können.
Ein solches System erinnert mich doch schwer an den Ablasshandel bis ins 16. Jahrhundert. Dass sich an der modernen Form des Ablasshandels ausgerechnet die Evangelische Kirche beteiligt, entbehrt deshalb nicht einer erheblichen Ironie.
Auch zu Ihren Ausführungen, dass das von Ihnen so eingesammelte Kapital zu einem geringen Teil dazu genutzt wird, neue Anlagen zur Erzeugung von Strom aus regenerativen Quellen zu errichten, möchte ich mich äußern: Denn wie es der Zufall will, stehen die Windenergieanlagen der Naturstrom AG in meinem Nachbarlandkreis – im nördlichen Bayern, in den Ausläufern der (noch?) herrlichen Rhön, mitten in einem berüchtigten Schwachwindgebiet, in Nachbarschaft zu anderen Windparks, die teilweise bundesweite Bekanntheit für ihre Unwirtschaftlichkeit erlangt haben (z.B. der Windpark Rannungen von den Erlanger Stadtwerken). Die Windräder stehen also nicht etwa nahe der Firmenzentrale der Naturstrom AG bei Düsseldorf – oder wenigstens im windreichen Nordrhein-Westfalen. Und sie stehen auch nicht in der Nähe von Berlin (das sich ja weitestgehend als windradfreie Zone bezeichnen kann). Die Standortwahl legt nahe, dass die Erzeugung von Strom aus Wind dabei nicht im Vordergrund gestanden haben kann. Ein bundesweit agierendes Unternehmen wie die Naturstrom AG hätte da sicherlich wesentlich besser geeignete Standorte finden können. Es ging offenkundig lediglich darum, irgend ein ‚Vorzeigeprojekt‘ zu verwirklichen, das man anschließend werbewirksam einsetzen kann.
Da der Strom aus diesen Windrädern nicht von der Naturstrom AG an ihre Kunden vermarktet wird, sondern vielmehr zwangsweise von der Allgemeinheit durch die EEG-Vergütung bezahlt wird – um für einen Bruchteil dieser Vergütung (oder sogar zu negativen Preisen) an der Leipziger Strombörse verramscht zu werden, hat mit der Außendarstellung der Naturstrom AG nur noch wenig zu tun. Dieser Umstand erlaubt jemanden wie mir allerdings auch, den prognostizierten Ertrag dieser Windräder mit dem vom Netzbetreiber veröffentlichten tatsächlichen Ertrag zu vergleichen. Auch das ist durchaus aufschlussreich – worauf ich an dieser Stelle aber nicht weiter eingehen will.
Lassen Sie mich stattdessen abschließend zu einer weiteren Behauptung von Ihnen kommen: ‚Dadurch wird gewährleistet, dass sich durch den Wechsel des Kunden zu Ökostrom auch tatsächlich etwas in der energiewirtschaftlichen Realität ändert.‘ Ich will hier gar nicht zu sehr ins Detail gehen, weil Sie das wohl eh nur langweilen würde. Aber zu dieser ‚energiewirtschaftlichen Realität‘ gehört nunmal, dass die bundesdeutschen Kohle-, Öl- und Gaskraftwerke laut Veröffentlichung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie im Jahr 1999 gemeinsam 337,2 TWh erzeugten, während es im Jahr 2015 noch immer 339,5 TWh waren. Dazwischen wurde ganz Deutschland (naja, vielleicht mit Ausnahme von Berlin) mit gewaltigen PV-Flächen und Windindustrieparks regelrecht verwüstet. Und das kommentiert ein gewisser Lars-Gunnar Ziel dann auch noch ausgerechnet mit der Aussage: ‚Die Kirchen in Deutschland sehen die Bewahrung der Schöpfung als wichtigen Auftrag.‘ Da frage ich mich doch unwillkührlich, welche Schöpfung damit gemeint sein soll.
Mit freundlichem Gruß
[…]“
Hierauf erhielt ich dann – selbstverständlich – keine Antwort mehr.
Noch zwei Nachträge:
Erstens:
In einem berüchtigten Schwachwindgebiet im Windschatten der Rhön, keine 9 km von den berüchtigten Anlagen der Erlanger Stadtwerke bei Rannungen entfernt, hat diese NATURSTROM AG einen „Bürgerwindpark“ gebaut (d.h. unbedarfte Bürger liefern das Risikokapital und tragen das volle wirtschaftliche Risiko bis zum Totalverlust). Über den kann man lesen, dass drei Anlagen vom Typ Vensys V112 (2,5 MW) mit einer Gesamthöhe von 196 Metern (also 140 m Nabenhöhe) offiziell pro Jahr ca. 15 Mio. kWh erzeugen sollen.
https://www.naturstrom.de/privatkunden/strom/unsere-kraftwerke/windpark-ramsthal/
Da der jährliche Anteil am Referenzertrag (nach EEG 2014) einer solchen Anlage ca. 9,1 Mio. kWh beträgt, erreichen diese Windräder laut offizieller Prognose der WINDSTROM AG lediglich eine Standortqualität von 55 %. Der Windenergieerlass von Baden-Württemberg (denen man nicht gerade nachsagen kann, sie wären Feinde der Windenergie) geht davon aus, dass ein Windrad erst ab einer Standortqualität von 80 % wirtschaftlich ist.
Die tatsächliche Stromproduktion dieses Windindustrieparks betrug im Jahr 2016 allerdings lediglich 11.481.564 kWh – also durchschnittlich 3.827.188 kWh pro Windrad. (Diese Daten erhält man problemlos, weil der gesamte so erzeugte Strom nicht etwa an die Kunden der NATURSTROM AG geliefert wird, sondern vollständig über die Leipziger Strombörse verramscht wird. Anlagenschlüssel: E20000000683970, E20000000683975, E20000000683987) Daraus ergibt sich nicht nur, dass die eh schon schlechte Prognose um fast 25 % unterschritten wurde, sondern eine Standortqualität (nach EEG 2014) von katastrophalen 42,2 %. Aus diesen Daten lässt sich zudem eine Windhöffigkeit auf Nabenhöhe von erbärmlichen 4,9 m/s zurückrechnen – die durchaus von den Daten der zahlreichen Nachbaranlagen und der Wetterstationen bestätigt wird.
Das erklärt vielleicht auch, warum die offizielle Website dieses Windparks noch immer so aussieht:
http://buergerwind-ramsthal.de/
Richtig übel lief dieser Windpark übrigens im Juni: gerade einmal 66.796 kWh. Das sind für jeden der angeblich vom Windindustriepark versorgten 4.700 durchschnittlichen Dreipersonenhaushalten gerade einmal 14,2 kWh – also 0,47 kWh pro Tag bzw. im Durchschnitt pro Person 6,57 Watt. Da blieb die Küche wohl öfters mal kalt…
Achja: Auf der oben verlinkten Informationsseite wird auch erzählt, dass 10 % von der Pacht der Grundstückseigentümer abgezogen werden, um im Namen der NATURSTROM AG Gutes für die Region zu tun. Üblicherweise beträgt die Pacht in Süddeutschland 3 % der Einnahmen. Für den erzeugten Strom erhielt die Betreibergesellschaft 2016 aus dem EEG-Fördertopf exakt 745.724,49 Euro. Hinzu kommen natürlich noch die Verkaufserlöse an der Börse, die 2016 im Durchschnitt bei 2,9 Cent/kWh lagen, macht bei 11.481.564 kWh nochmal 332.965,36 Euro. Zusammen sind das Einnahmen von 1.078.689,85 Euro (bzw. 9,4 Cent/kWh), von denen vermutlich 32.360,70 Euro für die Pacht aufgewendet wurden. 10 % davon sind also stolze 3.236,07 Euro – also im Schnitt für jeden der 1.098 Einwohner 2,95 Euro. Wenn das keinen massiven Aufschwung in der Region bewirkt, dann weiß ich auch nicht.
(Als nächstes werde ich mich übrigens spaßeshalber mal eingehender mit den „Stromrebellen“ aus Schönau beschäftigen.)
Zweitens:
2016 erzeugten die in meiner E-Mail genannten Kraftwerke mit fossilen Energieträgern sogar 348,9 TWh und 2017 waren es immerhin noch 332,5 TWh.
Die Erzeugung aus regenerativen Energiequellen (Wasser, Biomasse, Wind, Sonne), stieg von 49,1 TWh im Jahr 1999 auf 214,7 TWh im Jahr 2015 bzw. auf 217,1 TWh im Jahr 2016 und 246,0 TWh im Jahr 2017. Eine Zunahme der Produktion aus regenerativen Energien um 196,9 TWh innerhalb von 18 Jahren hatte also lediglich einen Rückgang der Stromproduktion aus fossilen Energiequellen um 16,4 TWh zur Folge.
Man kann ja mal hochrechnen, welchen Zubau wir dann noch benötigen werden, um auch die restlichen 332,5 TWh zu ersetzen – vom absurden Ziel unserer Bundesregierung, bis 2050 nicht nur die Stromproduktion, sondern den gesamte Engergieverbrauch (2017: 3.776 TWh) vollständig zu „decarbonisieren“, mag ich da erst gar nicht reden.
Sehr schöner Artikel, guter Service!
Weil aber der unvermeidliche Hentinger wieder seine Gülle auskippt und ihn niemand stoppt, wird dies auf absehbare Zeit mein letzter Kommentar bleiben.
Ein wirklich sehr schöner Beitrag!
Danke für deine Arbeit.
Mach so weiter! 🙂