Ein neuer Rekord für günstigen Solarstrom kommt aus Saudi Arabien: In einer Ausschreibung gab die Abu Dhabi Future Energy Company (ADFEC), die hinter Masdar City steht, das bisher weltweit niedrigste Gebot ab. Das Unternehmen will ein 300 MW-Solarprojekt zum Preis von umgerechnet 1,5 Cent pro Kilowattstunde umsetzen. Analysten bezweifeln allerdings, dass dieses Projekt kostendeckend wäre.
Ist ein so niedriger Preis ohne Subventionen möglich?
Da die zweit- und drittplatzierten Gebote in dieser Ausschreibung beide staatlich subventioniert sind, vermuten Branchenkenner, dass dies auch beim Masdar-Gebot der Fall ist. „Die meisten, auch wir, vermuten, dass der Stromliefervertrag irgendeine Form der Subvention enthält, entweder direkt oder indirekt“, kommentierte Benjamin Attia, Analyst bei GTM Research. „Sonst werden sie Geld verlieren.“ Die Vertragsdetails unterliegen allerdings einer Geheimhaltungsvereinbarung und sind noch nicht öffentlich. Es sei seiner Ansicht nach sehr unwahrscheinlich, dass Masdar mit einem nicht subventionierten 1,5 Cent-Deal Geld verdiene, fügte Attia hinzu.
Projekte wie dieses könnten den Wettbewerb abwürgen
Saudi Arabien hat im Juni seinen National Transformation Plan vorgestellt, mit dessen Hilfe das Reformprogramm „Vision 2030“ umgesetzt werden soll. Das Programm soll die Abhängigkeit vom Erdöl verringern, mit dem das Land reich geworden ist. Ein möglicher Wachstumsmarkt sind dabei erneuerbare Energien. Das Potential für Solarstrom in Saudi Arabien ist riesig, doch bisher ist wenig passiert. Das scheint sich jetzt zu ändern. Die sehr niedrigen Preise können allerdings nach hinten losgehen und den Wettbewerb schädigen, nämlich dann, wenn nachfolgende Projekte mit dieser sehr niedrigen Vorgabe nicht mithalten können.
“Obwohl solche Resultate bei Ausschreibungen gute Schlagzeilen abgeben, spiegeln sie nicht die wirtschaftliche Realität im privaten Sektor wieder“, sagte Browning Rockwell, Gründer der Saudi Arabia Solar Industry Association. Der Verband will dazu beitragen, dass das Potential von Solarstrom in Saudi Arabien erschlossen wird. Solche Gebote tragen nicht dazu bei, dass sich ein Markt für Solarstrom in Saudi Arabien entwickle, so Rockwell. Sie würden keine eine nachhaltige Entwicklung schaffen, die die Voraussetzung für Investitionen und Arbeitsplätze sei. Im Gegenteil, sie schadeten dem Markt sogar.
Erst im Januar steht fest, wer den Zuschlag bekommt
Das aktuelle Projekt ist noch nicht endgültig beschlossen, so dass der Niedrigpreis am Ende nicht zum Tragen kommen könnte. Der endgültige Sieger der Ausschreibung wird im Januar festgelegt. Um seine Ausbauziele zu erreichen, muss Saudi Arabien seinen bisher sehr niedrigen Solarstromanteil bis 2023 auf 9,5 Gigawatt erhöhen. Wenn das jetzige Niedriggebot für den Solarpark im Nordwesten Saudi Arabiens realisiert wird, wäre das zwar ein Schritt hin zur Erreichung der Ausbauziele, doch die Bedeutung für die Solarindustrie im Königreich – und weltweit – sollten nicht überbewertet werden. Ein solches Projekt sei nicht einmal in Saudi Arabien nachhaltig, so Analyst Attia.
Quellen / Weiterlesen:
How is Saudi Arabia setting solar pricing records? Is it sustainable – repeatable? | electrek
Interview: after Saudi Arabia, how low can solar prices go? | pv magazine
Saudi Arabia Gets Cheapest Bids for Solar Power in Auction | Bloomberg
Saudi Solar Bid Makes Solar Cheapest Electricity in the World, but There’s a Catch | Greentech Media
Bildquelle: GHI Solar Map © 2017 Solargis