Der Atomausstieg und die Energiewende in Deutschland haben für einen Anstieg an neuen Stromtrassen gesorgt. Mindestens 36 neue Stromautobahnen werden benötigt. Bisher sind sich über den Verlauf dieser neuen Trassen Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer und der Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel jedoch uneinig.Bayern wünscht keine eigene Leitungen, möchte aber von den Vorteilen der Stromtrassen profitieren.
Grundlage ist das Gesetz über Maßnahmen zur Beschleunigung des Netzausbaus
In Paragraph 1 des Gesetzes über Maßnahmen zur Beschleunigung des Netzausbaus sind 36 Vorhaben in Bezug auf Stromautobahnen aufgelistet. Diese sind aufgrund des Atomausstiegs und durch die Energiewende in Deutschland notwendig, um den gewonnenen Strom durch erneuerbare Energien quer durch Deutschland leiten zu können. Hierzu gehören auch etliche Fern-Trassen, die sich vom Norden bis in den Süden der Republik ziehen. Dieses Gesetz wurde noch in den letzten Monaten der schwarz-gelben Regierung beschlossen. Es ist im Juli 2013 in Kraft getreten.
Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer wünscht keine Leitungen in Bayern
Die Pläne für den Stromtrassenbau wurden bereits im Februar von Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer grundsätzlich in Frage gestellt. Der CSU-Chef möchte zentrale Leitungen in seinem Bundesland möglichst verhindern, allein unter dem Eindruck der Bürgerproteste gegen neue Masten. Horst Seehofer protestierte als Landesvater im April 2013 so lautstark über die vom Bundestag beschlossenen und über die zwei Monate später auch vom Bundesrat abgesegneten Planungen, so dass selbst die Bundeskanzlerin Angela Merkel von der CDU nach Angaben von Teilnehmern bei der Sitzung des Koalitionsausschusses sichtlich berührt war. Eigentlich sollte Seehofer dieses Thema im Auftrag der Spitzenrunde mit Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel von der SPD besprechen. Hierzu fand ein Gespräch zusammen mit Bayerns Wirtschaftsministerin Ilse Aigner von der CSU statt. Sigmar Gabriel teilte lediglich mit, dass Stromtrassen kein besonderes Thema gewesen seien. Angeblich wolle man sich zu dem genauen Verlauf erst am Ende des Dialogs positionieren. Dies dürfte wohl bis Mitte 2015 andauern.
Die Süd-Ost-Trasse soll gekippt werden
Der Konflikt mit Horst Seehofer wird mit der vorgenannten Diskussion nur vertagt. Im Bundesbedarfsplan wurde lediglich der Ausgangs- und Endpunkt der Stromtrassen festgelegt. Dies war allen Beteiligten klar. Jedoch möchte der bayerische Ministerpräsident viel mehr. Seiner Meinung nach soll die geplante Süd-Ost-Trasse, die von Lauchstädt bei Halle bis in die Nähe der Stadt Augsburg führen soll, komplett gekippt werden. Stattdessen soll die Stromtrasse über einen Abzweig der Suedlink-Route von Cuxhaven und Schweinfurt nach Bayern gebracht werden. Kurz zuvor hatte er aber auch schon einmal die Suedlink-Stromtrasse, die eine Hauptschlagader der Energiewende darstellt, in Frage gestellt. Er plant des Weiteren den Bau von neuen Gaskraftwerken in Bayern.
In Berliner Regierungskreisen ist man empört
In Berliner Regierungskreisen ist man empört über diese Planung von Horst Seehofer. Denn er möchte praktisch Autarkie, die andere bezahlen sollen. Die Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) ermöglicht tatsächlich nach Auffassung der Netzbetreiber auch kleinere Korrekturen an den bevorstehenden Trassenplanungen. Ein Verzicht auf eine ganze Leitung ist hiermit jedoch nicht vereinbar. Durch den Querschuss von Seehofer würde sich ein Engpass beim Transport des Windstroms ergeben. Es wäre nicht mehr gewährleistet, dass dieser Strom von der Küste nach Bayern und Österreich problemlos durchgeleitet werden könne. Die Folge wäre daher eine Verteuerung der Energiekosten.
Der geplante Neubau von weiteren Gaskraftwerken, die der Ministerpräsident vorschlägt, würde zudem die EEG-Umlage für alle Bundesbürger weiter nach oben treiben. Gaskraftwerke gelten derzeit nicht als besonders rentabel. Auch die Grünen sind über Seehofers Planung empört, da sie um die Energiewende fürchten. Fraktionschef der Grünen, Anton Hofreiter, wettert gegen Seehofer, dass der „Kolbenfresser aus Bayern“ hierdurch die Energiewende abwürgen würde. Die Bundesregierung soll diesen Geisterfahrer stoppen. Die Grünen-Landesminister aus verschiedenen Bundesländern fordern Seehofer auf, dass er sich gefälligst an die Vereinbarungen halten solle.
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