Grüner Wasserstoff: Importieren oder in Deutschland herstellen?

Eine Studie des Wuppertal Instituts zu grünem Wasserstoff hat beide Varianten untersucht und kommt zu einem anderen Ergebnis als die Bundesregierung.

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Deutschland setzt beim Klimaschutz auf grünen Wasserstoff. Eine offene und umstrittene Frage ist, wo dieser herkommen soll. Selbst herstellen oder importieren? Das Wuppertal Institut und DIW Econ haben sich für eine Studie mit beiden Strategien beschäftigt und sprechen eine klare Empfehlung aus.

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Deutschlands Bedarf an grünem Wasserstoff

Die Studie heißt „Bewertung der Vor- und Nachteile von Wasserstoffimporten im Vergleich zur heimischen Produktion“ und wurde vom Bundesverband Erneuerbare Energie und dem Landesverband Erneuerbare Energien NRW in Auftrag gegeben. Die Bundesregierung geht in ihrer „Nationalen Wasserstoff-Strategie“ davon aus, dass Deutschland bis 2030 pro Jahr 90 bis 110 Terrawattstunden (TWh) grünen Wasserstoff braucht. Im Jahr 2050 könnte der Bedarf 110 bis 380 TWh im Jahr betragen, wobei zwei verschiedene Studien zugrunde liegen.

Die Bundesregierung erwartet, dass sich solche Mengen nicht in Deutschland produzieren lassen. Bis 2030 strebt sie eine heimische Erzeugungsmenge von nur 14 TWh an, was nur einen kleinen Teil des Bedarfs abdeckt. Der größte Teil des Wasserstoffs soll aus Energieimporten stammen, und dazu sollen innereuropäische und internationale Kooperationen und Partnerschaften entstehen. In Frage kommen zum Beispiel Marokko, Chile oder Saudi-Arabien.

Den Vorteil von Importen sieht die Bundesregierung in günstigeren Produktions- und Transportkosten und den Flächenpotenzialen für Erneuerbare Energien in den Exportländern. Ob das so einfach ist, hat die Studie jetzt überprüft. Und kam zu dem Schluss, dass diese Strategie die positiven Effekte einer heimischen Wasserstoffherstellung nicht ausreichend berücksichtigt – etwa durch neue Arbeitsplätze und Wertschöpfung im eigenen Land. Gleichzeitig werden mögliche negative Effekte in den Herkunftsländern nicht beachtet.

Diese Nachteile hätten Wasserstoff-Importe

§in Import des wichtigen Energieträgers bringt laut Studie hohe Unsicherheiten mit sich. Hinzu kommt, dass die Energiewende in manchen potenziellen Exportländern noch nicht weit genug fortgeschritten ist. Das könnte die Energiewende in diesen Ländern verschleppen, weil Ausbaukapazitäten und Arbeitskräfte gebunden sind. Im schlimmsten Fall würde Deutschland zwar große Mengen an grünem Wasserstoff importieren. Doch die hohen Margen im Wasserstoffhandel könnten gleichzeitig den Weiterbetrieb fossiler Strukturen in den Exportländern begünstigen. Die Autoren der Studie warnen außerdem, dass die Stahl- und Chemieindustrie, die auf Wasserstoff angewiesen ist, abwandert. Und zwar dorthin, wo der Wasserstoff produziert wird.

Hohe Transportkosten

Importe per Schiff setzen eine Verflüssigung des Wasserstoffs voraus, die viel Energie benötigt. Der Transport kostet laut Studie dreimal so viel wie der Transport über Pipelines und rechnet sich erst ab 4.000 Kilometer Entfernung zum Produktionsland. Bei heimischer Produktion ergeben sich dort Synergien, wo viel überschüssiger grüner Strom anfällt. Vor allem Strom aus Onshore-Windkraft ermöglicht eine konkurrenzfähige Wasserstofferzeugung im Vergleich zum Import.

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    Bis zu 800.000 neue Arbeitsplätze bei heimischer Herstellung

    Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass importierter Wasserstoff nicht grundsätzlich günstiger als in Deutschland produzierter Wasserstoff ist. Entscheidend sind die tatsächlich realisierbaren Strom- und Transportkosten in den Herkunftsländern. Hinzu kommen die sehr positiven Auswirkungen auf Beschäftigung und Wertschöpfung in Deutschland bei eigener Produktion. Würden 90 Prozent des grünen Wasserstoffs hier produziert, würde die zusätzliche Wertschöpfung bei Erreichung der Klimaziele 2050 bis zu 30 Milliarden Euro betragen. Bis zu 800.000 direkte und indirekte Arbeitsplätze könnten so entstehen.

    Deutschland kann beim grünen Wasserstoff Vorreiter werden

    Frank Merten vom Wuppertal Institut und Projektkoordinator der Studie fasst zusammen: „Aktuell wird zu sehr über die Kosten und zu wenig über die Notwendigkeiten und positiven Effekte der heimischen Wasserstoffproduktion aus erneuerbaren Energien gesprochen. Wir brauchen sie als flexibles Speicherelement für die Integration von erneuerbarem Strom sowie als Grundlage für die Dekarbonisierung der heimischen Schwerindustrie. Dadurch bieten sich für Deutschland große Chancen, sich als Vorreiter und Spezialist auf dem künftigen Weltmarkt für grünen Wasserstoff zu positionieren.“

    Quellen / Weiterlesen

    Bewertung der Vor- und Nachteile von Wasserstoffimporten im Vergleich zur heimischen Erzeugung | Wuppertal Institut
    Bewertung der Vor- und Nachteile von Wasserstoffimporten im Vergleich zur heimischen Erzeugung | LEE-NRW
    Grüner Wasserstoff aus Deutschland beflügelt Klimaschutz und Volkswirtschaft | scienxx
    Bildquelle: flickrAndreas Neufahrt
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    Andreas Huke
    Andreas Huke ist seit vielen Jahren im Bereich Erneuerbare Energie tätig, insbesondere als Projektentwickler von Solar- und Windparks, insbesondere bei der Projektierung und dem Betrieb von Windparks und Solaranlagen. Andreas hat Maschinenbau an den Universität Leipzig und der TU Chemnitz studiert und war mehr als 7 Jahre Geschäftsführer der Burgenland Energie GmbH und der Zeitzer Stadtwerke. Insbesondere beschäftigen ihn der Kohleausstieg in Mitteldeutschland und das Thema Grüner Wasserstoff. Für den heiß diskutierten Kohleausstieg in Mitteldeutschland gibt es erste konkrete Projekte. Im Burgenland Kreis soll eine Anlage zur Erzeugung von grünem Wasserstoff aus regionalen grünen Rohstoffen errichtet werden. Andreas Huke, plant mit den dort ansässigen Firmen eine Referenzanlage zu errichten. Diese soll dann in die Unternehmen, die jetzt noch die Braunkohleförderung durchführen, hineingetragen und dort breit weiterentwickelt werden. Hierdurch soll wenigstens für einen Teil der wegfallenden Arbeitsplätze eine zukunftssichere Alternative geschaffen werden.

    3 Kommentare

    1. Wasserstoff aus Marokko, Chile oder Saudi-Arabien? Ich finde das Ganze artet schon ein Wenig aus. Die Länder haben wohl viel Sonne aber nicht so viel Wasser, man bedenke, 1 Kg Wasserstoff benötigt 9 Liter Wasser. Beim Lithium Abbau macht man in Chile ein solches Theater wegen dem Wasser (nicht dass man das gut finden soll) und jetzt will man noch mit dem Hammer drauf schlagen, dass es dann aber wirklich sitzt. „Ironisch“: Dann können dann keine Avocados mehr von Chile importiert werden, dass Wasser wird dann für den W-Stoff gebraucht. Manchmal habe ich das Gefühl, wenn es W-Stoff geht, schaltet bei manchen Menschen das Gehirn komplett aus. Da hat man schon gelesen, den W-Stoff per LKW von Marokko importieren, wann man das berechnet ergibt das ca 660 LKW’s pro h wo in DE ankommen müssten, dies um den W-Stoff für die Mobilität zu decken.

    2. Bevor wir die feuchten Wasserstoff-Träume ausufern lassen, müssen wir doch erst einmal die Primärenergieproduktion auf 100 % regenerativ umstellen.

      Wasserstoff ist nur ein Zwischenwirt, und das mit hohen Verlusten. H2-Autos brauchen z.B. die dreifache Strommenge wie ein vergleichbares BEV (Batterie-Elektrisches Vehikel).

      Da läuft eine gigantische Greenwashing-Kampagne.

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