Welche Rolle spielen Elektro-Tretroller bei der Verkehrswende?

In vielen Städten gehören kleine Elektro-Tretroller inzwischen zum Stadtbild. Sie könnten den Verkehr entlasten, doch das klappt bisher nur bedingt.

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Heilsbringer und Hassobjekt – elektrische Tretroller stören viele, dabei sollen sie eigentlich die umweltfreundliche Mobilität voranbringen. Tragen die kleinen Gefährte wirklich etwas zur Verkehrswende bei? Zeit für eine Zwischenbilanz.

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Elektro-Tretroller verstärken das Platzproblem in Städten

Seit Juni 2019 sind elektrische Tretroller zum Ausleihen, auch E-Scooter genannt, im Straßenverkehr zugelassen. Seitdem ziehen sie jede Menge Hass auf sich, denn sie wurden vor allem dort verteilt, wo sowieso schon wenig Platz ist: Zum Beispiel auf den Bürgersteigen von Szenevierteln, wo sie gern von teils betrunkenen Touristen genutzt wurden. Weil so ein Roller bis zu 20 Stundenkilometer schnell wird, kam es verstärkt zu Unfällen mit dem neuen, ungewohnten Gefährt. Der Chef der Kassenärztlichen Vereinigung sprach sich wegen der steigenden Unfallzahlen sogar für ein Verbot aus.

Auf Radwegen und Bürgersteigen nehmen die Roller Radfahrern und Fußgängern den Platz weg, und nach Gebrauch lassen ihre Nutzer sie gern mitten auf dem Bürgersteig stehen oder liegen. Deshalb gab es von Anfang an Streit um die Tretroller, teilweise wurden sie sogar wütend in Flüsse geworfen. Dabei sollten sie das Platzproblem in Innenstädten eigentlich reduzieren und Entspannung ins Verkehrschaos bringen.

Wie die E-Roller die Verkehrswende voranbringen könnten

Theoretisch haben die E-Roller durchaus das Potenzial, den Verkehr zu entlasten. Experten sehen sie als ideale Ergänzung zum ÖPNV, wenn man sie für die „letzte Meile“ zwischen U-Bahnhof und dem Zuhause oder Arbeitsplatz nutzt. Mit einem solchen Angebot würden mehr Menschen ihren privaten PKW stehenlassen, so die Hoffnung. Elektro-Tretroller könnten fester Bestandteil eines gemischten Angebots aus ÖPNV, Carsharing und Leih-Zweirädern werden, das private PKW sogar komplett überflüssig macht.

Nach dem ersten Hype wurden die Roller tatsächlich nicht mehr nur von Touristen, sondern auch von Anwohnern im Alltag genutzt. Zu diesem vorläufigen Ergebnis kam Anfang 2020 zumindest der Mobilitätsforscher Andreas Knie vom Wissenschaftszentrum Berlin. Doch insgesamt konnten die Roller ihr Versprechen, die Verkehrswende voranzubringen, nicht einlösen. Im November 2020 zog das Umweltbundesamt eine eher negative Bilanz zum neuen Verkehrsmittel.

Umweltbundesamt: Tretroller sparen meist keine Autofahrten ein

„Elektrische Tretroller, wie sie aktuell in Innenstädten zum Verleih angeboten werden, sind zurzeit kein Gewinn für die Umwelt“, so das UBA. Denn ersten Zahlen zufolge würden sie oft den umweltfreundlicheren Fuß- und Radverkehr ersetzen. Auch die Lebensdauer der Tretroller und ihrer Akkus sei gering. Die E-Scooter seien jedoch nur umweltfreundlich, wenn sie Auto- oder Motorrad-Fahrten ersetzen. „Wird der E-Scooter anstatt der eigenen Füße oder des Fahrrades benutzt, ist das schlecht für Umwelt und Gesundheit“, lautet das Fazit.

Ein Blick auf die ersten Zahlen: Im Schnitt legen Nutzer mit dem Elektro-Tretroller knapp zwei Kilometer zurück, und das offenbar vor allem abends und am Wochenende. In einem Pilotprojekt in Wellington (Neuseeland) ersetzten 21 Prozent der Fahrten mit dem E-Scooter eine Autofahrt, während eine Umfrage unter 4.000 Nutzern in Paris zeigte, dass fast die Hälfte ansonsten zu Fuß gegangen wäre. Weitere 29 Prozent hätten öffentliche Verkehrsmittel genutzt, neun Prozent das Fahrrad. Nur acht Prozent der E-Scooter-Fahrten in Paris ersetzte tatsächlich eine Autofahrt. Drei Prozent der Befragten gaben an, sie hätten sich ohne den Roller überhaupt nicht fortbewegt. Repräsentative Studien für Deutschland gibt es bisher nicht.

In Innenstädten eher nachteilig für die Umwelt

Würde der Tretroller den Umstieg vom PKW auf den ÖPNV erleichtern, könnte das ein kleiner Beitrag zur Verkehrswende sein, so das Umweltbundesamt. „Diese Art der Nutzung scheint jedoch weiterhin nur auf einen geringen Anteil der Nutzenden zuzutreffen.“ In Innenstädten mit gut ausgebautem ÖPNV und kurzen Wegen, die auch gut zu Fuß oder per Rad erreichbar seien, sieht das UBA die Roller als eher nachteilig für die Umwelt.

Schließlich werden die Lithium-Ionen-Akkus in den Rollern unter hohem Ressourcenverbrauch hergestellt und nicht immer mit Ökostrom geladen. Und zum Aufladen werden die Roller von den Verleihfirmen mit Dieselfahrzeugen eingesammelt. Die Gefährte drohen sogar das Zufußgehen und Radfahren noch unattraktiver zu machen, da sie den ohnehin knappen Platz auf Rad- und Gehwegen weiter verknappen, warnt das UBA.

Können elektrische Tretroller von der Coronakrise profitieren?

Doch zumindest dieser letzte Punkt könnte sich künftig ändern. Die neuen Pop-up-Radwege, die zu Beginn der Coronakrise in vielen Städten entstanden, könnten das Miteinander von Fußgängern, Radfahrern und Tretroller-Fahrern harmonischer machen. Genau wie das Fahrrad könnte der Tretroller so von der Krise sogar profitieren. Ob das so ist, und ob die Roller dann doch etwas zur Verkehrswende beitragen, werden wir aber erst sehen, wenn die Pandemie vorbei ist.

UBA empfiehlt die Roller vor allem in Außenbezirken

Das Umweltbundesamt empfiehlt, Städte sollten die Anzahl der Autos und der Parkplätze deutlich reduzieren. Mit weniger privaten PKW wäre nicht nur die Lebensqualität in Städten höher, sondern auch mehr Platz für sichere Fuß- und Radwege. Und mehr Platz zum Abstellen der E Tretroller, von denen 20 auf einen einzigen Parkplatz passen. Die Verleiher von elektrischen Tretrollern sollten diese zudem nicht in Innenstädten, sondern besser in den Außenbezirken verteilen, rät das UBA. Denn dort ist der Weg zur U-Bahn oft deutlich länger. Dann hätten die Roller wirklich das Potenzial, den Weg zur Bahn zu überbrücken und damit eine Autofahrt überflüssig zu machen.

Quellen / Weiterlesen

Ein Jahr Elektro-Tretroller: Scoot und Böse | Spiegel Online
Was vom E-Scooter-Hype geblieben ist | Spiegel Online
Ein Jahr Elektro-Scooter: Gehasst und unverzichtbar | Deutschlandfunk Kultur
E-Scooter momentan kein Beitrag zur Verkehrswende
| Umwelt Bundesamt
Bildquelle: Pixabay

Frans Prins ist Chefredakteur bei Lilli Green, dem Magazin und Shop für Nachhaltiges Design. Darin berichtet der gebürtige Niederländer über Innovationen, Markteinführungen und Wissenswertes auf dem Gebiet des nachhaltigen Designs. Hauptthemen von Lilli Green sind neben innovativen und außergewöhnlichen Produkten, Technologien, Materialien und Architektur auch das Selbermachen, Upcycling und Circular Design. Mit einem ausgewählten Angebot an ökologischen Produkten und Geschenkideen verbindet der Lilli Green Shop Nachhaltigkeit und anspruchsvolles Design.

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