Einen ganz anderen Ansatz für die Speicherung von erneuerbaren Energien hat das Berliner Start-up Lumenion entwickelt. Lumenion setzt auf einen sektorenkoppelnden Wärmespeicher aus Stahl und will so erneuerbare Energien für den Wärmemarkt nutzbar machen. Ein Pilotprojekt ist gerade in Berlin-Tegel angelaufen.
Stahlspeicher liefert Wärme für Wohnquartier
Seit Oktober ist der Speicher, der aus mehreren Stahlplatten besteht, in einem Wohnquartier in Berlin-Tegel im Testbetrieb. Dort will Lumenion gemeinsam mit den Projektpartnern Gewobag und Vattenfall zeigen, dass thermische Speicher große Mengen an Wind- und Sonnenenergie effektiv speichern können. Der Speicher vor Ort hat eine Leistung von 2,4 Megawattstunden und wird mit der Heizperiode 2019/20 in Betrieb gehen. Ein weiterer, kleinerer Lumenion-Speicher wird derzeit im Netzsimulationslabor der Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) unter realen Bedingungen getestet.
Der Stahlspeicher nimmt überschüssigen Netzstrom auf und speichert diesen als Hochtemperatur-Wärme bei 650°C. Bei Bedarf wird diese Energie über einen Wärmetauscher in Warmwasser umgewandelt und für die Wärmeversorgung des Tegeler Wohnviertels genutzt. Außerdem kann die gespeicherte Energie über eine Dampfturbine auch rückverstromt werden.
Die Einspeisekapazität des Stahlspeichers ist Lumenion zufolge viermal höher aus seine Ausspeisekapazität, was den Speicher sehr flexibel macht. Seinen Wirkungsgrad beziffert Lumenion auf 95 Prozent. Außerdem habe der Speicher eine hohe Energiedichte, die etwa zehnmal höher sei als bei einem Wasserspeicher, so die Entwickler. Deshalb könne er entsprechend kleiner ausfallen. Ein Nachteil des Systems, dessen Lebensdauer Lumenion mit über 40 Jahren angibt, ist allerdings sein hohes Gewicht. Allein die Stahlplatten in Tegel wiegen 40 Tonnen, das gesamte System doppelt so viel. Nicht jeder Standort ist dafür geeignet.
Speicherkosten von 2 Cent pro Kilowattstunde
Als Preis für den Stahlspeicher gibt Lumenion 50 bis 70 Euro pro Kilowattstunde an. Bei einer Skalierung im Gigawattbereich könnten sich diese Kosten noch halbieren. Dann geht das Start-up bei 20 Jahren Lebensdauer von sehr niedrigen Speicherkosten von unter 2 Cent pro Kilowattstunde aus. Danach würden die Speicherkosten auf null sinken.
Die nötigen Rahmenbedingungen müssen noch geschaffen werden
Diese niedrigen Kosten sind allerdings noch Zukunftsmusik: Bevor die Lumenion-Speicher im Realbetrieb wirtschaftlich sind, müssen sich erst die regulatorischen Bedingungen ändern. Das System in Tegel läuft unter dem länderübergreifenden Konsortialprojekt WindNODE und ist dadurch von verschiedenen Umlagen und Abgaben befreit, die sonst für Strom aus Power-to-Heat-Anlagen anfallen würden. Diese Rahmenbedingungen müssen sich nicht nur für den Stahlspeicher ändern, sondern auch für andere Speichertypen. Die aktuellen Projekte sollen den Weg zu einer industriellen Anwendung freimachen.
Quellen / Weiterlesen CO2-freie Energie für’s Quartier | Lumenion GmbH
Stahlspeicher soll Windstromspitzen in Wärme wandeln | Energate Messenger
Startschuss für sektorenkoppelnden Stahlspeicher in Berliner Quartier | pv magazine
Bilderquelle: © Lumenion GmbH