Im Zuge der Energiewende und dem immer größer werdenden Anteil erneuerbarer Energien am Energiemix suchen Forscher weltweit nach möglichst effizienten Speichertechnologien. Dabei orientieren sie sich gern an der Natur. Mittels künstlicher Photosynthese lässt sich Sonnenenergie direkt in das Speichermedium Wasserstoff umwandeln. Solche Versuche werden an vielen Forschungslaboren durchgeführt, doch am Forschungszentrum Jülich ist man einen Schritt weiter. Dort haben zwei Forscher erstmalig einen Prototyp entwickelt, der eine praktische Anwendung der Methode ermöglichen soll.
Kompakter Prototyp aus leicht verfügbaren Materialien
Die künstliche Photosynthese ist die Kombination von Solarzelle und Elektrolyseur. Mithilfe von „bionischen Blättern“ wird die natürliche Photosynthese im Labor kopiert und so Wasserstoff hergestellt. Doch die beiden Solarzellenforscher Jan-Philipp Becker und Bugra Turan arbeiten in Jülich nicht mit den üblichen fingernagelgroßen Komponenten, die mit Drähten verbunden sind, sondern haben ein kompaktes System entwickelt, das in sich geschlossen ist und aus leicht verfügbaren und damit kostengünstigen Materialien besteht. Dieser Aspekt wurde bisher vernachlässigt, erklärt Turan. „Die einzelnen Komponenten und Materialien wurden verbessert, aber keiner hat wirklich versucht, näher an eine Anwendung zu kommen.“
Erstmalig existiert die Grundlage für eine Markteinführung
Die Basiseinheit des patentierten Systems ist nur 64 Quadratzentimeter groß und besteht aus mehreren, mit einer speziellen Lasertechnik verschalteten Solarzellen. Mithilfe dieser Serienverschaltung wird die Spannung von 1,8 Volt erreicht, die für die Wasserstoffgewinnung erforderlich ist. „Im Gegensatz zu den bislang in Laborexperimenten üblichen Konzepten zur Aufskalierung erlaubt diese Methode eine höhere Effizienz“, so Becker. Das Konzept ist flexibel. Durch ständige Wiederholung der Basiseinheit sollen auch große Systeme von mehreren Quadratmetern hergestellt werden können. Damit sind die Jülicher Forscher überzeugt, zum ersten Mal die Grundlage für eine Markteinführung geschaffen zu haben. Geforscht wird im Bereich künstliche Photosynthese bereits seit den 1970er Jahren.
Der Wirkungsgrad muss noch erhöht werden
Ein großer Vorteil des neuen Designs ist die Möglichkeit, die beiden Hauptkomponenten unabhängig voneinander zu optimieren. Der photovoltaische Teil gewinnt den Strom aus Sonnenenergie, der elektrochemische Teil setzt diesen Strom zur Wasserspaltung ein. Das Konzept ist flexibel und eignet sich für jede Dünnschicht-Photovoltaik-Technologie und für verschiedene Elektrolysearten. Jetzt arbeiten die Forscher daran, den Wirkungsgrad zu verbessern. Aktuell liegt die Effizienz bei der Umwandlung der Sonnenenergie in Wasserstoff bei 3,9 Prozent, doch Turan ist überzeugt, dass das Team diesen Wert innerhalb kurzer Zeit auf bis zu 10 Prozent steigern kann. Mit dem neuen Material Perowskit lassen sich schon jetzt Wirkungsgrade von bis zu 14 Prozent erreichen.
Quellen / Weiterlesen:
Künstliche Photosynthese im großen Maßstab – pro-physik.de
Künstliche Photosynthese: Jülicher Forscher entwickeln neuartigen Prototyp – Wirtschafte Woche
Vom Blatt zum Baum: Künstliche Photosynthese im großen Maßstab – Jülich Forschungszentrum
Bildquelle oben: © Forschungszentrum Jülich
Bildquelle Text: © Tobias Dyck/Forschungszentrum Jülich