Bäume pflanzen gegen den Klimawandel? Das hilft auch nicht

Milliarden neuer Bäume weltweit sollen den Klimawandel aufhalten. Neue Studien zeigen: Bäume pflanzen könnte dem Klima sogar schaden.

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Bäume zu pflanzen gilt beim Kampf gegen den Klimawandel als eine der wichtigsten Maßnahmen. Die Idee ist verlockend einfach: Bäume binden CO2, und je mehr wir davon pflanzen, desto mehr schützen wir das Klima. Doch neue Studien zeigen, dass es doch nicht ganz so einfach ist.

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Die Sensationsstudie der ETH Zürich

Eine Studie der ETH Zürich sorgte letztes Jahr für riesiges Aufsehen. Sie besagte, dass weltweit genug Flächen zur Verfügung stehen, um 500 Milliarden neuer Bäume zu pflanzen. Diese Bäume, so die Wissenschaftler, könnten satte zwei Drittel der Treibhausgase absorbieren, die seit Beginn der Industrialisierung zusätzlich in die Atmosphäre gelangt sind. „Bäume zu pflanzen ist unsere effektivste Maßnahme gegen den Klimawandel“, hieß es in der Studie.

Kritik an der Studie

Verständlicherweise war diese Studie eine Sensation, doch sie wurde von Kritikern als fehlerbehaftet zurückgewiesen. Erstens, weil die Menge an CO2, die Wälder speichern können, nach Ansicht der Kritiker viel zu hoch angesetzt war. Zweitens wurde kritisiert, dass die Autoren sich anscheinend dafür aussprachen, Grasflächen und Sumpfgebiete in Wälder umzuwandeln und die Auswirkungen ignorierten, die Bäume auf den lokalen Wasserhaushalt und Temperaturen haben können.

„Die Behauptung, dass die weltweite Wiederaufforstung unsere effektivste Maßnahme gegen den Klimawandel ist, ist wissenschaftlich schlichtweg falsch und in gefährlichem Ausmaß irreführend“, schrieb eine Gruppe von Wissenschaftlern im Fachblatt Science. Studienautor Timothy Crowther und seine Kollegen von der ETH Zürich räumten in ihrer Antwort jedoch ein, dass Bäume pflanzen nur eine von mehreren Möglichkeiten sei und dass es entscheidend ist, den CO2-Ausstoß zu senken.

Aufforsten fürs Klima findet weltweit viele Anhänger

Bäume gegen den Klimawandel zu pflanzen ist keine neue Idee. Sie ist im bereits im Kyoto-Protokoll von 1992 enthalten und findet sich im Pariser Klimaabkommen von 2015 wieder. Viele Länder weltweit, darunter Kanada, China und Kenia, haben in den letzten Jahrzehnten ehrgeizige Programme zur Wiederaufforstung gestartet. In Indien pflanzten Freiwillige an einem einzigen Tag 200 Millionen neue Bäume, und das World Economic Forum rief in Davos die „Trillion Tree“-Initiative ins Leben. Auch in den USA findet die Idee, CO2-Emissionen durch große Mengen neuer Bäume auszugleichen, eine seltene Zustimmung über Parteigrenzen hinweg. Selbst Donald Trump, der sonst für Umweltschutz nichts übrig hat, ist plötzlich zum Baumfreund geworden.

Kein Wunder: Bäume sind Sympathieträger, und im Vergleich zu all den Einschränkungen, die uns beim Kampf gegen den Klimawandel sonst drohen, ist Bäume zu pflanzen äußerst konsensfähig. Schließlich verlangt es von uns nicht, auf irgendetwas zu verzichten.

Warum Bäume kein Allheilmittel sind

Aufforstungen sind auch ein wichtiger Teil des Emissionshandels, bei dem sich Unternehmen das Recht auf eine bestimmte Menge Treibhausgas-Emissionen kaufen können, wenn diese an anderer Stelle wieder eingespart werden. In Kalifornien beispielsweise wurden zwischen 2013 und 2019 insgesamt 133 Millionen Tonnen CO2 durch Aufforstungsprojekte ausgeglichen. Doch die Waldbrände, die in Kalifornien gerade wieder wüten, geben den Kritikern recht, die schon lange fragen: Was ist mit dem gespeicherten CO2, wenn ein Wald abbrennt? Es wird logischerweise wieder freigesetzt.

Auch zwei neue Studien zeigen, dass die Hoffnung, wir könnten die Welt allein durch neue Bäume retten, wohl etwas vorschnell war. Die erste, ebenfalls in Science veröffentlichte Studie beschäftigt sich mit der bereits gestellten Frage, ob in Wäldern gespeichertes CO2 langfristig sicher ist. Die Antwort: Es ist äußerst riskant, sich allein auf Wälder zu verlassen, um die Klimakrise zu lösen. Denn Bäume sind selbst anfällig für die Folgen des Klimawandels. Sie werden von Waldbränden, Dürren und Baumkrankheiten bedroht, und nicht zuletzt durch unseren immer weiter steigenden Holzverbrauch. Bill Anderegg von der University of Utah, der Hauptautor der Studie, weist deshalb darauf hin, dass sich noch niemand so recht mit der Dauerhaftigkeit dieser Lösung beschäftigt hat. „Wie lange bleibt das CO2 eingeschlossen? 50 Jahre? 100 Jahre?“

Schon jetzt leiden Wälder stark unter dem Klimawandel

Seine Studie führt zahlreiche Beispiele dafür an, wie stark sich der Klimawandel schon heute auf unsere Wälder auswirkt. Der schweren Dürre in Kalifornien fielen zwischen 2011 und 2015 etwa 140 Millionen Bäume zum Opfer. Als Folge gelangten 600 Millionen Tonnen CO2 in die Atmosphäre. Das entspricht 10 Prozent der gesamten Emissionen des US-Bundesstaates in diesem Zeitraum. Auch Schädlinge wie etwa der Borkenkäfer, der sich durch die steigenden Temperaturen immer weiter verbreiten kann, hat in den letzten 20 Jahren Milliarden Bäume vernichtet. Darunter auch weite Teile des borealen Urwaldes in Kanada, der dadurch vom CO2-Speicher zur CO2-Quelle wurde.

Könnten Bäume den Klimawandel am Ende sogar anheizen?

Und das könnte erst der Anfang sein. Andereggs Studie weist darauf hin, dass Bäume den Klimawandel am Ende sogar beschleunigen könnten. Denn wenn wir immer weiter fossile Brennstoffe nutzen und den Planeten aufheizen, wird sich das weiter negativ auf unsere Wälder auswirken. Modellrechnungen deuten an, dass Landökosysteme, was größtenteils Wälder sind, in diesem Jahrhundert im schlimmsten Fall 22 Milliarden Tonnen CO2 pro Jahr freisetzen könnten, wenn sich die Klimaerwärmung fortsetzt. Statt das Klima zu retten, könnten Wälder dann also sogar zum Teil des Problems werden.

Eine zweite Studie aus dem Fachblatt Nature Sustainability zeigt ebenfalls, dass Aufforstungen nicht in jedem Fall gut fürs Klima sind. Sie beschäftigt sich mit Chile, wo die Regierung die Abholzung von Urwäldern zugunsten profitabler Baumplantagen subventionierte. Die Wissenschaftler berechneten, dass die Subventionen zwischen 1986 und 2011 zwar zu mehr Waldflächen führten. Doch wie alle alten, natürlichen Wälder speichern Chiles Urwälder viel mehr CO2 als Plantagen. Auch die Biodiversität ist in diesen Wäldern deutlich höher. Die Subventionen führten also gerade nicht dazu, dass mehr CO2 gespeichert wurde, weil durch sie alte Wälder vernichtet wurden. Das wirkte sich außerdem negativ auf die Artenvielfalt aus.

Die Lösung heißt weniger CO2

Das alles heißt natürlich nicht, dass Bäume pflanzen gegen den Klimawandel keine gute Idee ist. Es heißt nur, dass vieles doch nicht so einfach ist, wie es auf den ersten Blick scheint. Besonders dann, wenn es um komplexe Probleme wie den Klimawandel geht. Es gibt hier also kurzfristig keine andere Lösung, als weniger fossile Treibstoffe zu verbrennen und unseren CO2-Ausstoß aktiv zu senken. Gleichzeitig ist der Schutz und die Pflege alter Wälder wichtig, die viel effektiver CO2 speichern und widerstandsfähiger sind als neu gepflanzte Plantagen aus Monokulturen. Fazit: Bäume sind zwar ein sehr wichtiger Teil der Lösung, aber kein Wundermittel gegen den Klimawandel.

Quellen / Weiterlesen

Why Planting Trees Won’t Save Us | Rolling Stone
Climate-driven risks to the climate mitigation potential of forests | Science
Wie die Studie zur Aufforstung diskutiert wird | Bioökonomie
Impacts of Chilean forest subsidies on forest cover, carbon and biodiversity | nature sustainability
Bildquelle: Pixino 

2 Kommentare

  1. Wieder ein Mythos dekonstruiert.

    Es wäre noch anzumerken, dass ausgerechnet Moore, die durch Baumpflanzungen verschwinden sollen, das Mehrfache an Kohlenstoff speichern wie Wälder: Mit nur drei Prozent der Erdfläche speichern sie doppelt so viel CO2 wie alle Wälder der Welt zusammen.

    Es ist aber eine höchst aufschlussreiche Beobachtung, dass Bäume zu pflanzen so beliebt ist, weil man so sich nicht im Mindesten einschränken muss.

  2. Die Erfolge der Great Green Wall Initiative im Niger z.B. gibt einen Einblick, wie es im Positiven laufen könnte.

    Es funktioniert sicher nicht mit Plantagen. Es braucht den Schutz und die Betreuung der Bäume durch die Einheimischen vor Ort. Sie müssen den Nutzen erkennen.

    Der neu gepflanzte Baum ist nur der Beginn der CO2-Senke. Seine primäre Aufgabe ist die Stabilisierung der Niederschläge herbeizuführen ( Biotische Pumpe ) Ziel ist durch Bildung von Biomasse, die Bodenfruchtbarkeit wiederherzustellen. Die Humusschicht, die entsteht, ist der langfristige CO2 Speicher und nicht der Baumbestand.

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