Carbon Engineering: Klimaschädliches CO2 wird zu Treibstoff

5
48

Einen völlig neuen Ansatz, um den Klimawandel zu begrenzen, hat das kanadische Unternehmen Carbon Engineering. Es will der Atmosphäre CO2 entziehen und synthetischen Treibstoff daraus herstellen. Funktioniert das, wären gleich mehrere Probleme auf einmal gelöst.

Bisher galt der Ansatz als zu teuer

Carbon Engineering wurde vom kanadischen Physiker und Harvard-Professor David Keith gegründet. Sein Pilotprojekt läuft seit 2015 im kanadischen Squamish. Im Fachjournal Joule hat Keith vor kurzem das sogenannte Direct Air Capture-Verfahren erläutert, mit dem sein Unternehmen kostengünstig CO2 aus der Atmosphäre saugen will.

Anzeige

Die Anlage, die noch im Prototyp-Stadium ist, saugt Umgebungsluft über zahlreiche Ventilatoren an und leitet sie durch eine Flüssigkeit, die das CO2 aus der Luft aufnimmt. Diese Flüssigkeit wird weiterverarbeitet, um am Ende reines, gasförmiges CO2 freizusetzen. Dieses kann entweder dauerhaft gespeichert oder in der Anlage mit Wasserstoff verbunden werden, um als Treibstoff für Flugzeuge, Autos oder Industrie zu dienen. Keith schreibt, er könne die Kosten dafür langfristig auf unter 100 Dollar pro Tonne senken. Bisher hatte man diese Kosten auf mindestens 600 Dollar pro Tonne geschätzt – zu viel, um das Verfahren interessant zu machen. Carbon Engineering hat den Prozess unter anderem durch die Einbeziehung bestehender Industrieprozesse optimiert.

Einfach weniger CO2 erzeugen reicht nicht aus

Wenn Keith die Kosten wirklich so weit senken kann, wäre dies endlich ein kostengünstiger Weg, um CO2 aus der Atmosphäre zu ziehen. Solche Anlagen könnten überall auf der Welt errichtet werden, um das CO2 dann einzulagern. Wird aus dem Treibhausgas aber Kraftstoff gemacht, wie es David Keith vorhat, wäre dieser Kraftstoff effektiv CO2-neutral: Bei seiner Verbrennung entsteht zwar wieder CO2, aber eben nur die Menge, die der Atmosphäre vorher entzogen wurde. Dass der Klimawandel nicht ohne sogenannte „negative Emissionen“ begrenzt werden kann, darauf weist auch das Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) immer wieder hin. Es reicht demnach nicht, wenn wir weltweit weniger CO2 ausstoßen, sondern wir müssen der Atmosphäre zusätzlich Treibhausgase entziehen.

Kein Allheilmittel gegen den Klimawandel

Ein Problem ist, dass solche Anlagen enorm viel Energie verbrauchen. Die Anlage in Squamish nutzt aktuell Wasserkraft, um den benötigten Wasserstoff durch Elektrolyse herzustellen. Denkbar ist auch eine Versorgung der Fabriken über umweltfreundliche Quellen wie Solarthermie oder zumindest über CO2-neutrale Atomkraft.

Der Prototyp von Carbon Engineering soll jetzt weitere Erkenntnisse liefern und den Weg zu einer kommerziellen Anlage ebnen. Entscheidend für den Erfolg ist, dass die Kosten langfristig wirklich auf unter 100 Dollar pro Tonne CO2 sinken. David Keith schreibt, dass nach der industriellen Skalierung eine einzige Fabrik bis zu einer Million Tonnen CO2 einfangen könnte. Das ist etwa so viel, wie 250.000 Autos pro Jahr ausstoßen. Für den Carbon Engineering-Gründer ist zwar klar, dass seine Idee nicht den Klimawandel stoppen wird. Er sieht die Methode jedoch als einen großen Schritt hin zu einer CO2-armen Wirtschaft. Zu den Investoren bei Carbon Engineering gehört unter anderem Bill Gates.

Quellen / Weiterlesen


Carbon Engineering creates clean fuel out of air | Carbon Engineering Ltd.
Da brennt die Luft | Süddeutsche Zeitung
Maschine verwandelt CO2 aus der Luft in Energie | Clean Energy Project
Unternehmen stellt Kraftstoff mit CO2 aus der Luft her | Unser Planet
Bildquelle: © Carbon Engineering Ltd

Vorheriger ArtikelWann kommt das Ducati-Elektromotorrad?
Nächster ArtikelNeue vereinfachte Förderung von Energieeffizienz in der Wirtschaft
Stephan Hiller
Stephan Hiller ist Betriebswirt (Studium an der Fachhochschule für Wirtschaft Berlin und in Cambridge, UK) mit umfangreicher Geschäftsführungs- und Start-Up Erfahrung. Er hat sich erfolgreich darauf spezialisiert, den Finanzbereich und das Controlling junger Unternehmen operativ zu betreuen und Start-Ups strategisch sowie in den Bereichen Marketing, Vertrieb und Finanzen zu beraten. Er verfügt über umfassende kaufmännische Erfahrungen, die er durch mehrjährige Berufstätigkeit für internationale Unternehmen im In- und Ausland aufgebaut hat. Hierunter waren u.a. Unternehmen aus dem Maschinen- und Anlagenbau, aus der Automobilindustrie, Solarmodulhersteller und Projektentwickler aus dem Bereich erneuerbare Energien. Weiterhin hat er mehrere Unternehmensgründungen im Bereich erneuerbare Energien initiiert und erfolgreich mit aufgebaut. Stephan hat zusammen mit Ajaz Shah energyload.eu im Oktober 2013 gegründet.

5 Kommentare

  1. Was ist so toll daran, wenn man die Pflanzen erstickt?

    „oder zumindest über CO2-neutrale Atomkraft“
    Na also – langsam kommen wir der Wahrheit hinter dem ganzen Popanz also doch auf den Grund…

  2. „Es reicht demnach nicht, wenn wir weltweit weniger CO2 ausstoßen, sondern wir müssen der Atmosphäre zusätzlich Treibhausgase entziehen.“
    „Bei seiner Verbrennung entsteht zwar wieder CO2, aber eben nur die Menge, die der Atmosphäre vorher entzogen wurde.“
    Und dazwischen wieder jede Menge Energieverbrauch beim Umwandlungsprozess!
    Der Stein der Weisen schaut, zumindest bei mir, wesentlich anders aus!

    Da bleibe ich doch bei meinem Ioniq electric, trotz „Akkumonster“ (aktuell ein gerne verwendeter Begriff)
    – Gewicht 271.8kg, Kapazität 28kWh – nur knapp über 1400 kg Eigengewicht und einem Verbrauch (Sommer/Winter) von 11 bzw. 14 kWh/100km.
    Stromherstellung für die eigene Mobilität über PV-Dachanlage samt Speicher im Jahresdurchschnitt zu 100% (zuzüglich etwa 30 Schnellladungen/Jahr bei entsprechend weiten Strecken) – Stromüberschuss- bzw. Bezug bei Minderversorgung wird über – https://www.windenergie.at/page.asp/-/gruenstrom – ausgeglichen.

    Zum Vergleich: 7 Liter Benzin/Diesel (realer Flottendurchschnittsverbrauch bei Verbrenner Autos) haben einen Energiegehalt von etwa 70kWh und z. B. ein Golf Diesel hat auch ein ähnliches Gesamtgewicht.

  3. Nunja, der Stein der Weisen ist das wohl auch nur, wenn man davon ausgeht, dass Solaranlagen auf Bäumen wachsen (ansonsten werden indirekt wohl um die 80 g CO2 pro kWh freigesetzt) und der österreichische Strommix CO2-frei ist (ich hab da allerdings eine Zahl um die 170 g CO2 pro kWh im Kopf – ohne Stromimporte für die man ja den ENTSO-Strommix annehmen müsste, der meines Wissens irgendwo bei 350 g je kWh liegt).

    Problematisch erscheint mir an diesem Stein der Weisen aber insbesondere, dass sich auch in Österreich die Erzeugung von Strom aus Wasserkraft nicht beliebig steigern lässt, man aber gleichzeitig auch dort plant, bis zum Jahr 2050 nahezu den gesamten Energieverbrauch auf den Energieträger Strom umzustellen. Ich frage mich da unwillkürlich, welche Erzeugungsanlage man dabei im Auge hat, die gleichzeitig weitestgehend CO2-neutral und zuverlässig Strom zur Verfügung stellen kann.

    Da auch Österreich den EURATOM-Vertrag unterzeichnet hat, liegt die Antwort „Kernenergie“ natürlich auf der Hand. Allerdings kann ich in offiziellen Verlautbarungen z.B. des Umweltbundesamtes keinen Hinweis in diese Richtung finden. Gleichzeitig wird die Zeit bis 2050 aber allmählich knapp, denn so ein Kernkraftwerk plant, genehmigt und baut man ja auch nicht über Nacht…

  4. „…liegt die Antwort „Kernenergie“ natürlich auf der Hand.“

    In der Asse lagern rund 126.000 Fässer mit radioaktivem Abfall und Frau Bundesumweltministerin Svenja Schulze sucht dafür einen Ersatzstandort.

    Sie sollten Ihre Bewerbung abgeben!

  5. Warum ich? Ich habe kein Eletroauto und will auch kein Elektroauto. Ich gehöre auch sonst nicht zu denjenigen, die sich von der Panikmache der Atomlobby mit der Klimakatastrophe einschüchtern lassen.

    Diejenigen, die uns einreden wollen, dass das Heil der Menschheit in der Elektrifizierung von allem liegt, sollten aber endlich mal erklären, wie sie sich das konkret im Rahmen der physikalischen Gesetze vorstellen.

    Falls Sie tatsächlich zu denjenigen gehören, die ihr (aktuelles oder künftiges) Elektroauto tagsüber zu Hause aufzuladen können, sei Ihnen das durchaus gegönnt. Für die Mehrheit der Autofahrer dürfte das aber eher nicht zutreffen. Und zumindest in den bisherigen 180 Jahren Entwicklung hat man noch keine PV-Anlagen erfunden, die auch nachts Strom erzeugen können.

    Natürlich kann man es sich einfach machen und sich auf den Standpunkt stellen, dass der Strom dann aus der Steckdose kommt. Dass man den anderen Stromkunden den „Grünstrom“ vor der Nase wegkauft wäre aber selbst dann nicht die Lösung des Problems, wenn das physikalisch tatsächlich funktionieren würde.

    Und glauben Sie allen Ernstes, dass auch nur ein Tropfen Öl mehr im Boden verbleibt, nur weil Sie (und ein paar andere) ein Elektroauto fahren?

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein