Wenn es um den Klimaschutz geht, geht es auch immer um den Gebäudesektor. Denn der ist in Deutschland für fast ein Drittel der CO2-Emissionen verantwortlich. Das Stichwort lautet mehr Energieeffizienz für Gebäude. Doch der Zentralverband des Deutschen Baugewerbes (ZDB) warnt: Strenge Energiestandards machen den Wohnungsbau teurer und führen zu höheren Mieten.
Die Kosten für Energieeffizienz übersteigen das Sparpotenzial
Um zu ermitteln, wie stark Energieeffizienz-Maßnahmen die Baukosten steigern, führte der ZDB gemeinsam mit der Arbeitsgemeinschaft für zeitgemäßes Bauen (ARGE) eine Studie durch. Diese ergab nicht nur, dass Energieeffizienz das Bauen teurer macht, sondern auch, dass die Kosten oft das Einsparpotenzial übersteigen. Der Titel der Studie lautet „Auswirkungen energetischer Standards auf die Bauwerkskosten und die Energieeffizienz im Geschosswohnungsbau in Deutschland“.
Darin enthalten ist eine Kostenübersicht für alle Energiestandards – vom heute gängigen Baustandard nach der Energieeinsparverordnung (EnEV 2016) bis hin zum KfW-Effizienzhaus 40, dem Standard mit dem derzeit höchsten Energiesparpotenzial.
ZDB-Präsident Reinhard Quast sagte, eine Anhebung vom jetzt geltenden EnEV 2016 auf den Effizienzhaus 40-Standard würde die Baukosten um 260 Euro pro Quadratmeter erhöhen. Damit würden die Baukosten pro Quadratmeter von 1.666 Euro im Median auf 1.926 Euro steigen. Trotzdem könnten bei diesem hohen Standard nur 18 Kilowattstunden Energie pro Quadratmeter eingespart werden, vergleichsweise wenig, sagte Quast.
Kosten für hohe Standards und Energieeinsparung nicht linear
Warum das so ist, erklärt Dietmar Walberg, Geschäftsführer der ARGE: „Die Entwicklung bei Kosten und Verbräuchen laufen nicht linear. Bei ambitionierten energetischen Standards steigen die Kosten aufgrund des hohen baukonstruktiven und anlagentechnischen Aufwands exponentiell an, während die Kurve des möglichen Einsparpotenzials beim Energieverbrauch immer weiter abflacht.“ Also: Die letzten Prozente Einsparung beim Energieverbrauch kosten überproportional viel.
Warnung vor hohen Mieten durch Energieeffizienz
Wenn man die Kosten für das Grundstück, dessen Erschließung und die Nebenkosten noch dazurechne, kämen etwa in Hamburg schon heute im Standard EnEV 2016 rund 4.000 Euro Baukosten pro Quadratmeter zusammen, sagte Walberg. Er warnte vor steigenden Mieten. Man bekäme schon heute kaum noch einen Mietwohnungsbau hin, in dem man für unter zehn Euro pro Quadratmeter vermieten könne. Auch ZDB-Präsident Quast warnte: Wenn man eine Verschärfung des Standards fordere, müsse man wissen, dass sich dadurch das Bauen und in Folge davon auch das Wohnen bzw. die Mieten erhöhten.
Dieses Problem betrifft jedoch nicht nur den Neubau, sondern auch die energetische Sanierung. Dabei werden Altbauten energieeffizienter gemacht, indem man zum Beispiel alte Fenster ausgetauscht und die Gebäudehülle dämmt.
Auch hier dürften die Standards nicht erhöht werden, forderte Quast. „Ansonsten würgen wir die ohnehin niedrige Sanierungsquote von unter einem Prozent vollends ab.“ Der Wohnungskonzern Vonovia kündigte schon letztes Jahr an, energetische Modernisierungen zurückzufahren. Als Grund nannte Vonovia die mangelnde Akzeptanz der Mieter – diese sparten die höhere Kaltmiete nach der Sanierung bei den Nebenkosten nicht ein. Dieses Argument wird aber gern genutzt, um Mietern die energetische Sanierung schmackhaft zu machen.
Baugewerbe will höhere Förderungen für energetische Sanierungen
Statt höherer Standards fordert das Baugewerbe die Politik auf, die energetische Gebäudesanierung stärker zu fördern als bisher. Um die Investitionsschwelle möglichst niedrig zu halten, sollten bei der Energieeffizienz Einzelmaßnahmen im Fokus stehen.
„Derzeit werden Einzelmaßnahmen mit Zuschüssen von 10% der Kosten und maximal 5.000 Euro gefördert. Wir erachten eine Verdopplung der Bemessung (20%) und bis zu 10.000 Euro für investitionsanreizend,“ so ZDB-Präsident Quast. Entsprechend müsse auch die steuerliche Förderung bei Einzelmaßnahmen ausgestaltet werden. Diese müssten bis zu einer Höhe von 10.000 Euro direkt von der Steuerschuld absetzbar sein. Bei einer Kombination mehrerer Einzelmaßnahmen oder bei der kompletten Sanierung von Gebäuden schlägt Quast kumulative Bemessungen vor.
Klimakabinett der Bundesregierung berät über Klimaschutz
Die Vorschläge des Baugewerbes kommen rechtzeitig zum Klimakabinett der Bundesregierung. Dieses traf sich am 20. September 2019, um über Maßnahmen für den Klimaschutz zu sprechen. Die Energieeffizienz von Gebäuden dürfte dabei eine wichtige Rolle gespielt haben.
Quellen / Weiterlesen
Baugewerbe fordert: Energetische Sanierung endlich steuerlich fördern! | Bayeriesche Ingenieurekammmer- Bau
Baugewerbe appelliert an Klimakabinett: Wohnungsneubau nicht unnötig verteuern! Energetische Sanierung endlich steuerlich fördern! | Zentralverband Deutsches Baugewerbe
Bildquelle: flickr – Kleist Berlin
Die Kostenschere kommt nur dadurch, dass Energieverbrauch viel zu billig ist.
Wäre Energie so teuer wie die Folgen, die sie erzeugt, sähe die Bilanz ganz anders aus.
Außerdem wäre es Aufgabe der Bundesregierung gewesen, Sanierungsmaßnahmen so zu fördern, dass sie sich auf privatwirtschaftlich lohnen. Volkswirtschaftlich lohnen sie sich sowieso. Aber das interessiert ja die Meisten nicht…
Es kommt jetzt darauf an CO² zu sparen und nicht so das Geld.
Die Ersparnis kommt erst später und sichert dann vielleicht unser Überleben.