Soest macht Nägel mit Köpfen: Während in Deutschland noch nicht klar ist, wie genau die angestrebte Klimaneutralität bis 2045 erreicht werden soll, will die Stadt in Nordrhein-Westfalen mit einem ehrgeizigen Plan schon 2030 klimaneutral sein.
Starke Bürgerbeteiligung beim Klimaschutz
Der Soester Klimaplan umfasst Energiewende, Wärmewende und Verkehrswende in der Stadt und trifft auf eine starke Bürgerbeteiligung. Die Internetplattform „Klimanotstand Soest“ informiert die Soester über den Klimanotstand und ruft zum Mitmachen auf. Hier ist die Fridays für Future Bewegung genauso aktiv wie die Ortsgruppe Soest des Verkehrsklub Deutschland VDC. Manche der Forderungen und Vorschläge auf der Plattform haben bereits ihren Weg ins Soester Klimapaket 2030 gefunden: Zum Beispiel, die Bürger stärker am Bau von Windenergie- oder Solaranlagen zu beteiligen.
Umstieg auf Ökostrom
Aktuell stammen in Soest erst 15 Prozent der produzierten Energie aus erneuerbaren Quellen. Um diesen Anteil zu erhöhen, hat die Stadt das „2000-Dächer Programm“ gestartet. Es beinhaltet die Förderung von Solaranlagen und stationären Energiespeichern in Höhe von 500 Euro. Die Stadt unterstützt zudem Bürger, die das Solarpotenzial auf dem eigenen Dach ermitteln möchten.
Eine weitere Maßnahme für mehr Ökostrom ist, Freiflächen in Soest für Solarenergie zu nutzen, etwa Randstreifen an Autobahnen und Schienenwegen. Interessant ist in diesem Zusammenhang auch die Agri-Photovoltaik, also die Doppelnutzung von Flächen für die Landwirtschaft und zur Erzeugung von Solarstrom. Das Maßnahmenpaket sieht neue Solaranlagen mit einer Kollektorfläche von drei Quadratkilometern vor. Im gesamten Stadtgebiet könnten rechnerisch 169 Megawatt-Peak Solarleistung entstehen. Außerdem errichtet Soest sechs neue Windräder mit insgesamt 30 Megawatt Leistung. Die Gebäude der Stadtverwaltung Soest beziehen schon heute Wind- und Solarstrom aus Soest und der Region.
Weiteres Potential zur Gewinnung von Ökostrom in Soest besteht auch in vertikalen Windkraftanlagen im Stadtgebiet und Kleinwindanlagen auf Hausdächern. Es wird sich zeigen, in wie weit hier in der nächsten Zeit neue Projekte vorangebracht werden.
Maßnahmen im Gebäudesektor
Um den Energieverbrauch im Wohnsektor zu senken, ist die Gebäudesanierung für mehr Energieeffizienz sehr wichtig. Deshalb stellt Soest drei Sanierungsmanager ein, die die energetische Sanierung in Soest noch stärker bewerben sollen. In den Jahren zwischen 2013 und 2018 hat die Stadt bereits energetische Einsparungen von 22 Prozent in Privathaushalten und 38 Prozent im Bereich Dienstleistungen und Handel erreicht.
Bis 2030 will Soest mindestens 40 Prozent seiner Altbestände teilsanieren und diese über Wärmepumpen beheizen. Nachhaltige Wärmequellen wie Solarthermie, Umweltwärme und Biomasse decken aktuell sieben Prozent des städtischen Wärmebedarfs.
Klimaschutzsiedlung Soest
Wie modernes und nachhaltiges Wohnen geht, zeigt die Klimaschutzsiedlung Soest. Sie entsteht am Stadtrand im Südosten auf dem Gelände einer ehemaligen Glühlampenfabrik. Das Fabrikgebäude wird in Wohnungen und Gewerbeflächen umgewandelt, zudem entstehen Mehrfamilienhäuser sowie Reihenhäuser. Insgesamt sind 118 Wohneinheiten plus Gewerbe vorgesehen.
Blockheizkraftwerke und Wärmepumpen sichern die Energieversorgung der Siedlung. Zusätzlich gilt für die Neubauten der Dreiliter-Standard, der sich am Passivhaus-Standard orientiert und einen maximalen Wärmebedarf von 35 kWh pro Quadratmeter im Jahr vorsieht. Außerdem werden die Flachdächer mit Solaranlagen ausgestattet, so dass die Siedlung insgesamt neue Maßstäbe im Bereich Energieverbrauch setzt. Der Bau der Klimaschutzsiedlung soll 2024 abgeschlossen sein.
Neuer Soester Norden
Zusätzlich zur Klimaschutzsiedlung Soest entsteht im Norden der Stadt eine Mustersiedlung, die klimafreundlich über ein kaltes Nahwärmenetz mit Wärme versorgt wird. Auch die Siedlung Neuer Soester Norden wird mit hohen Standards bei der Energieeffizienz erbaut und nutzt ebenfalls Photovoltaik.
Pläne für die Verkehrswende
Auf den Parkplätzen der Klimaschutzsiedlung Soest sind Ladestationen für Elektroautos eingeplant. Die Siedlung wurde vom Land Nordrhein-Westfalen als eine von hundert Klimaschutzsiedlungen ausgewählt, die zeigen sollen, wie moderne Technik dabei hilft, den CO2-Ausstoß zu verringern.
Die städtischen Fahrzeuge und der Soester ÖPNV soll nach und nach auf Elektrofahrzeuge umgerüstet werden. Um den ÖPNV attraktiver zu machen, gibt es in Soest schon seit 2020 ein ermäßigtes Monatsticket. Auch den Radverkehr stärkt die Stadt: mit neuen Radwegen sowie E-Bikes für die städtischen Mitarbeiter.
Mehrfach ausgezeichnetes Engagement
Für ihr Engagement erhielt die Stadt Soest bereits mehrere Auszeichnungen, zuletzt im Juni als „Energiekommune des Monats Juni“. Diese Auszeichnung vergibt die Agentur für Erneuerbare Energien AEE, die besonders die strategische Planung und konsequente Umsetzung gemeinsam mit den Bürgern und der lokalen Wirtschaft lobte. Außerdem erhielt Soest schon mehrfach den European Energy Award, der Gemeinden mit einer nachhaltigen Energie- und Klimaschutzpolitik auszeichnet.
Quellen / Weiterlesen
Die Stadt Soest und ihr ambitioniertes Klimaziel | energie zukunft
Bildquelle: Wikipedia – CC BY-SA 3.0, Link
Also spätestens 2030 kappt Soest seine Verbindungen zum Strom-Verteilnetz?
Wer’s glaubt, wird selig (und wer’s nicht glaubt, kommt auch in den Himmel).
Seit wann heißt „klimaneutral“ gleich energieautark bzw. netzunabhängig? Weniger aufregen, stattdessen mehr lesen und nachdenken, Hentinger 😉
Interessant was die Kleinstadt SOEST in NRW alles zum Klimaschutz und Erreichung der Ziele plant.
Vorteil ist die Größe der Stadt mit knapp 50.000 Einwohnern und viel Umland rings um.
Leider lassen sich ähnliche Projekte in Großstädten wie Berlin mit 3,5 Mio Einwohnern und 12 Bezirken mit bis zu 300.000 EW , eigenen Rathäusern die von verschieden Parteien CDU /SPD usw. regiert werden.
Allein Gropius Stadt im Süden Neuköllns( 300 hat 36.000 EW auf 2,66 Quadratkilometern.
Es wäre schön wenn in Berlin die Bezirke und auch Senat nicht gegeneinander regierten und der Bund nicht Zugriff auf bundeseigne Grundstücke , Wasserstraßen und Bundesstraßen hätte.
Dazu kommt das die Größe Berlins , den 8 größten Städten Bayerns einschließlich München entspricht .
Da bleibt wenig Raum für großflächige Erzeugung von „Alternativen Energien“ ob Photovoltaik oder Wind oder Solarthermie.