Balkon-Solar: Der korrekte Anschluss

Wieland-Steckdose oder Schuko-Stecker? Der korrekte Anschluss eines Balkonkraftwerks bereitet vielen Nutzern Kopfzerbrechen.

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Kleine Balkon-Solaranlagen sind günstig und senken direkt die Stromrechnung. Doch beim Anschließen gibt es oft Unsicherheiten: Reicht ein Schuko-Stecker aus oder muss doch eine spezielle Energiesteckdose (Wieland-Steckdose) installiert werden? Die Vorschriften sind nicht ganz eindeutig.

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Der VDE legt die Wieland-Steckdose nahe

Wer nach den technischen Anforderungen für Balkonkraftwerke sucht, erhält zwei Meinungen. Die einen nutzen ihre Anlage einfach mit Schuko-Stecker an einer normalen Haushaltssteckdose. Die anderen pochen auf die Normen des VDE, dem „Verband der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik“.

Der VDE regelt unter der Anwenderregel VDE-AR-N 4105 auch die technischen Voraussetzungen für Balkonkraftwerke. Neben der technischen Überprüfung des Stromnetzes wird dort die Verwendung einer Energiesteckdose nahegelegt. Eine solche Steckdose ist speziell für die Einspeisung von Strom ins Niederspannungsnetz ausgelegt. Der dazugehörige Stecker ist so konstruiert, dass die Metallstifte nicht ungeschützt herausstehen wie bei einem Schuko-Stecker. Das soll die Sicherheit für den Nutzer erhöhen. Solche Energiesteckdosen und die dazugehörigen Stecker bietet nur die Firma Wieland an, so dass sich die Bezeichnung „Wieland-Steckdose“ durchgesetzt hat.

Die Frage ist nun, ob Käufer von Balkonkraftwerken zwingend eine Wieland-Steckdose benötigen oder ob der Schuko-Stecker genügt. Schließlich funktioniert die Anlage auch so. Die Entscheidung kostet im Zweifel bares Geld, denn für die Überprüfung des Stromnetzes und die Installation der Energiesteckdose durch einen Elektriker können mehrere Hundert Euro fällig werden.

Grundsätzlich geben die Regeln des VDE die „allgemein anerkannten Regeln der Technik“ wieder bzw. werden damit gleichgesetzt. Diese Regeln sind grundsätzlich bei der Errichtung aller Energieanlagen zu beachten, also auch bei Balkon-Solarkraftwerken. Die VDE-Regeln sind zwar nicht gesetzlich bindend, werden aber im Zweifel herangezogen, wenn es um die Schuldfrage bei einem Unfall geht. Wer ganz auf der sicheren Seite sein will, sollte sich also danach richten.

VDE-Regelungen sind teilweise uneindeutig

Doch wie der Blog machdeinenstrom.de erläutert, sind die Regelungen des VDE gar nicht so eindeutig, wie es auf den ersten Blick scheint. Es geht los bei der Formulierung, dass eine Balkonsolaranlage nur dann an einen Haushaltsstromkreis angeschlossen werden darf, wenn dies über einen Festanschluss oder über eine „spezielle Energiesteckvorrichtung“ erfolgt.

Die „spezielle Energiesteckvorrichtung“ wird allgemein als die Anforderung einer Wieland-Steckdose verstanden. Doch das geht aus dem Regelwerk eigentlich nicht so eindeutig hervor, denn eine klare Definition von „spezielle Energiesteckvorrichtung“ fehlt. Zudem schreibt der VDE an anderen Stellen auch „Energieeinspeisesteckdose“ oder „Energiesteckdose“.

Allerdings verweist die Anwenderregel VDE V 0100-551-1 wiederholt auf eine andere Anwenderregel, in dem eine Steckverbindung beschrieben ist, die drei wesentliche Merkmale aufweist: abgedeckte Steckkontakte, Verpolungssicherheit und Abzugsschutz. Diese Anforderungen erfüllen wiederum ausschließlich die Steckdose und der Stecker der Firma Wieland, wie machdeinenstrom.de erklärt.

Auf dem Blog heißt es weiter, dass zwar aus der Norm selbst klar ersichtlich sei, dass die beschriebene Form der Steckverbindung nur eines von vielen möglichen Beispielen für eine geeignete Steckverbindung ist. Dennoch habe die im VDE tätige Lobbygruppe der Energieversorger und Netzbetreiber „Forum Netztechnik/Netzbetrieb (FNN)“ irreführende Informationen herausgegeben. Diese stellten den Wieland-Stecker als einzig mögliche Anschlusslösung für das Stecker-Kraftwerk und den Anschluss durch den Laien ohnehin als unmöglich dar.

Deshalb fordern inzwischen auch einige Netzbetreiber die Installation einer Wieland-Steckdose, wenn Kunden ein Balkonkraftwerk anmelden wollen. Und damit sind diese gezwungen, die Steckdose durch einen Elektriker zu den erwähnten Mehrkosten installieren zu lassen. Das gilt übrigens auch für einen Festanschluss der Anlage, der ebenfalls im VDE-Regelwerk erwähnt wird. Der Aufwand ist für eine Balkon-Solaranlage jedoch in der Regel zu hoch und führt ebenfalls zu höheren Kosten.

Entscheidend ist der Schutz vor Stromschlägen

Die Frage ist also, ob Balkonkraftwerke auch mit Schuko-Steckern sicher betrieben werden können, so dass sie die Anforderungen des VDE erfüllen. Denn dies ist die einzige Möglichkeit für Laien, die Anlage ohne Zusatzkosten in Betrieb zu nehmen. Laut VDE ist der sichere Betrieb dann durch die Steckverbindung gewährleistet, wenn diese sicherstellt, dass die Gefahr eines Stromschlags ausgeschlossen ist. Das ist beim Schuko-Stecker grundsätzlich nicht der Fall, da dieser keine berührungssicheren Kontakte hat. Speist die Anlage gerade Strom ein und der Stecker wird herausgezogen, kann der Nutzer also einen Stromschlag bekommen.

Machdeinenstrom.de schreibt dazu, dass Schuko-Stecker deshalb laut VDE nicht für Anwendungen geeignet sind, die Energie in die Installation zurückspeisen. Also auch nicht für Balkonkraftwerke. Doch der Blog gibt zu bedenken: „Sofern man den Schuko-Stecker als einzelnes Bauteil betrachtet, was die ihn definierende Norm selbstverständlich tun muss, ist dies auch völlig richtig. Beim Balkonkraftwerk handelt es sich allerdings um ein Gesamtprodukt, bei dem der Stecker nur eine Komponente von vielen ist.“

Schuko-Stecker sind in Verbindung mit einem NA-Schutz sicher

Die Frage sei also, ob das Balkonkraftwerk in seiner Gesamtheit auch mit Schuko-Stecker einen ausreichenden Schutz vor elektrischem Schlag biete. Der VDE nennt verschiedene Bedingungen dafür, wie dies sichergestellt werden kann. Machdeinenstrom.de weist darauf hin, dass in Balkonkraftwerken ein Sicherheitsmechanismus verbaut ist, der die Bedingungen erfüllt: Der Netz- und Anlagenschutz (NA-Schutz). Nach VDE ist er in allen netzparallel betriebenen Wechselrichtern vorgeschrieben. Bei zu starken Frequenz- oder Spannungsänderungen, beispielsweise beim Ausstecken, wird die Anlage nach spätestens 0,2 Sekunden abgeschaltet.

„Ist also der im Balkonkraftwerk verbaute Wechselrichter mit einer entsprechenden Zertifizierung nach VDE AR-N-4105 ausgestattet – was bei allen gängigen Modellen der Fall ist – so sind sämtliche ihm nachgelagerte Komponenten wie etwa der Stecker ebenso sicher wie ein nach den aktuellsten Normen ausgeführter Haushaltsstromkreis“, heißt es bei machdeinenstrom.de.

Deshalb lautet das Fazit: Derzeit ist noch nicht eindeutig definiert, ob Balkonkraftwerke auch mit Schuko-Stecker sicher betrieben werden können. Der VDE selbst spricht von einer „Grauzone“. Die technische Eignung und die Sicherheit des Anschlusses sind mit einem Wieland-Stecker (oder einem Festanschluss) definitiv gegeben, jedoch ist auch ein Schuko-Stecker geeignet, wenn das dazugehörige Balkonkraftwerk einen Wechselrichter mit aktueller Zertifizierung nach VDE AR-N-4105 besitzt.

Eine neue Norm ist in Arbeit

Auf die Regelung VDE AR-N-4105 und den NA-Schutz verweisen übrigens auch andere Befürworter des Schuko-Steckers. Sogar die Deutsche Kommission Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik in DIN und VDE (DKE), die zum VDE gehört, hält den Schuko-Stecker unter den genannten Bedingungen für geeignet.

Auch die Deutsche Gesellschaft für Sonnenenergie (DGS) will den Schuko-Stecker bei Balkon-Solaranlagen als normgerecht festschreiben lassen. Die DGS ist dafür an einem Arbeitskreis beteiligt, dem auch die DKE und weitere Akteure angehören. Der Arbeitskreis erarbeitet die neue Norm, die Ende 2023 fertig sein und dann endgültig für Klarheit sorgen soll.

Quellen / Weiterlesen

Wie schließe ich mein Balkonkraftwerk an? Schuko vs. Wieland vs. Festanschluss | MachDeinenStrom.de
Balkonkraftwerk anschließen mit Stecker, Anschluss, Kabel und Wechselrichter | Computer Bild
Wieland-Steckdose mit Wieland-Stecker? Schuko-Stecker? Was ist die beste Wahl für Dein Balkonkraftwerk? | priwatt
Balkonkraftwerke: Erster Entwurf für VDE Produktnorm liegt vor | VDE
Bildquelle: © indielux
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Stephan Hiller
Stephan Hiller ist Betriebswirt (Studium an der Fachhochschule für Wirtschaft Berlin und in Cambridge, UK) mit umfangreicher Geschäftsführungs- und Start-Up Erfahrung. Er hat sich erfolgreich darauf spezialisiert, den Finanzbereich und das Controlling junger Unternehmen operativ zu betreuen und Start-Ups strategisch sowie in den Bereichen Marketing, Vertrieb und Finanzen zu beraten. Er verfügt über umfassende kaufmännische Erfahrungen, die er durch mehrjährige Berufstätigkeit für internationale Unternehmen im In- und Ausland aufgebaut hat. Hierunter waren u.a. Unternehmen aus dem Maschinen- und Anlagenbau, aus der Automobilindustrie, Solarmodulhersteller und Projektentwickler aus dem Bereich erneuerbare Energien. Weiterhin hat er mehrere Unternehmensgründungen im Bereich erneuerbare Energien initiiert und erfolgreich mit aufgebaut. Stephan hat zusammen mit Ajaz Shah energyload.eu im Oktober 2013 gegründet.

2 Kommentare

  1. „Deshalb lautet das Fazit: Derzeit ist noch nicht eindeutig definiert, ob Balkonkraftwerke auch mit Schuko-Stecker sicher betrieben werden können.“

    Faktisch ist es das eben doch eindeutig „definiert“: Bei einer Anlage mit Schuko-Stecker ist der Anschluss an jedem Stromkreis möglich, ohne Rücksicht darauf, wie dieser Stromkreis ausgelegt ist (z.B. welcher Leiterquerschnitt vorhanden ist) bzw. in welchem Zustand sich dieser befindet und es besteht zudem überhaupt kein Schutz davor, mehrere Anlagen parallel auf den selben Stromkreis aufzuschalten (womöglich sogar per Steckdosenleiste, man muss sich ja nur mal die dazu kursierenden Tipps im Internet ansehen). Bei einem Stromkreis, der vom Stromzähler kommend z.B. mit 10 Ampere abgesichert ist, also eigentlich maximal 2,3 kW Dauerleistung ermöglicht, erhöht schon eine einzelne Balkon-Solaranlage mit 600 W die maximal mögliche Leistung in diesem Stromkreises um 26 %, da diese zusätzliche Einspeisung nicht über den Leitungsschutz läuft.

    Es stellt sich also die Frage, ob die Anbieter von Balkon-Solaranlage mit Schuko-Stecker z.B. im Brandfall für den entstandenen Schaden die (nicht nur finanzielle) Haftung übernehmen.

    Bei einer Einspeisung per Energiesteckdose ist dagegen die Auslegung bis in die Verteilung sichergestellt und die anschließende Verteilung des so eingespeisten Stroms läuft zudem über die vorhandenen Leitungsschutzschalter. Und falls dabei doch gepfuscht worden sein sollte, haftet dafür der ausführende Installateur (bzw. die Firma, für die er tätig war).

    Und auch in den Fällen, in denen besonders schlaue Zeitgenossen den vorhandenen Stecker für eine Energiesteckdose selbst gegen einen Schuko-Stecker austauschen, ist die Haftungsfrage eindeutig geklärt. (Das selbe gilt natürlich für die Typen, die den im Artikel beschriebenen NA-Schutz aushebeln, damit die Einspeisung durch die Balkon-Solaranlage auch bei einem Stromausfall funktioniert.)

    Also: Sind die Hersteller von Balkon-Solaranlage mit Schuko-Stecker bereit, die volle Haftung für deren Einsatz zu übernehmen? Wenn ja, muss sich die Gesellschaft (bzw. deren politische Vertreter) nur noch darüber einigen, ob sie einen gewissen Schwund unter den Nutzern solcher Anlagen bewusst hinnehmen möchte – von mir aus als Märtyrer, die unter Einsatz ihres Lebens den Exitus des Klimas verhindern.

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