Am Massachusetts Institute of Technology (MIT) arbeiten Forscher am Ionenantrieb für Flugzeuge. Ein Flugzeug, das mit „Ionenwind“ fliegt, braucht keine fossilen Brennstoffe und ist geräuschlos. Was für Passagierflüge noch Zukunftsmusik ist, könnte bei Drohnen schon früher zum Einsatz kommen.
So funktioniert ein Ionenantrieb
Das Grundprinzip des Ionenantriebs besteht darin, Luft zu ionisieren und elektrische Felder zu nutzen, um diese ionisierte Luft zu beschleunigen. Der dabei entstehende Luftstrom erzeugt einen Vortrieb. Die Idee mit dem sogenannten elektro-aerodynamischen Schub, auch Ionenwind genannt, stammt aus den 1920er Jahren. Sie galt für frei fliegende Luftfahrzeuge aber als weitgehend nicht umsetzbar.
Im Jahr 2018 haben Forscher am MIT zum ersten Mal ein Modellflugzeug mit Ionenantrieb fliegen lassen. Es hat im Gegensatz zu anderen Flugzeugtypen keine beweglichen Bauteile, also keine Propeller, Rotoren oder Turbinen. Statt der üblichen Triebwerke sitzen beim Prototyp des MIT Drähte an der Vorder- und Rückseite der Tragflächen, die Miniatur-Drahtzäunen ähneln.
Die Drähte werden an eine Hochspannung von 20.000 Volt angelegt, erzeugt von einem Wandler aus der Energie in der Batterie des Flugzeuges. Dadurch wird der Stickstoff in der Luft um den Draht herum ionisiert. Das heißt, dass die positive Ladung die negativ geladenen Elektronen buchstäblich abstreift und nur positiv geladene Ionen zurückbleiben. An den Tragflächen hinter den Drähten liegt eine negative Spannung von 20.000 Volt an, die die Ionen anzieht. Wenn die Ionen zu den Tragflächen fließen, kollidiert jedes Ion mit Millionen anderer Moleküle in der Luft und erzeugt dabei einen Luftstrom, den Ionenwind. Dieser wiederum erzeugt die Schubkraft.
Bahnbrechender Test
Das Modellflugzeug am MIT mit fünf Metern Flügelspannweite und 2,5 Kilogramm Gewicht flog in zehn Sekunden 60 Meter weit. Es wäre noch weiter geflogen, wenn in der Flughalle, in der der Test stattfand, mehr Platz gewesen wäre. Diese Demonstration war bedeutsam, weil sie zeigte, dass der elektro-aerodynamische Schub deutlich stärker ist, als man bis dahin angenommen hatte. Die Möglichkeiten der Technologie sind dennoch eingeschränkt, da die erzeugte Schubkraft begrenzt ist. Die Forscher am MIT kündigten nach dem erfolgreichen Versuch aber an, die Technologie noch weiter zu optimieren.
In der Praxis wären Ionenantriebe durchaus für Drohnen interessant, die im innerstädtischen Raum künftig viele Aufgaben übernehmen sollen. Etwa in der Paketauslieferung, bei der Kontrolle der Luftqualität oder bei der Überwachung des Verkehrs. Ein Vorteil dabei ist, dass der Ionenantrieb lautlos funktioniert, was bei propellerbetriebenen Drohnen nicht der Fall ist. Außerdem wären dank der Konstruktion ohne bewegliche Teile deutlich kleinere Fluggeräte möglich.
Ionenantrieb für effizientere Flugzeuge
Auch wenn Flugzeuge mit Ionenantrieb für Passagierflüge derzeit nicht praktikabel sind, könnten sie dennoch helfen, Flugzeuge effizienter zu machen. Wenn es gelingt, die Schubkraft noch weiter zu erhöhen, könnten die Elektroden in die normalen aerodynamischen Oberflächen der Tragflächen integriert werden. Frühere Experimente im Labor haben bereits gezeigt, dass das Schub-Leistungs-Verhältnis bei elektro-aerodynamischem Schub höher als bei Düsentriebwerken und auf dem Niveau von Hubschrauberrotoren sein kann. Das deutet an, dass der Ionenantrieb langfristig als hocheffizienter Reiseflugantrieb für größere Hybridflugzeuge eingesetzt werden könnte, die auch einen konventionellen Antrieb für den Start haben.
Quellen / Weiterlesen
First flight of ion-drive aircraft | nature
How the World’s First Solid State Aircraft Achieves Propulsion with No Moving Parts | engineering.com
In der Raumfahrt ist der Ionenantrieb ja lange bekannt. Mit denselben Beschränkungen: äußerst effizient, aber relativ schwach.
Das könnte dazu führen, dass Flugzeuge Düsentriebwerke nur für den Start bekommen (und die Landung? Stichwort Schubumkehr?) und der Reiseflug rein ionisch erfolgt. Oder wie früher Startraketen, die anschließend abgeworfen werden (ich sammle sie gern auf… ;-)). Oder mit Katapulten wie auf einem Flugzeugträger.
Da tun sich äußerst interessante Möglichkeiten auf 😀